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Der Heiler

Der Heiler

Titel: Der Heiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antti Tuomainen
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lehnte mich an irgendwas.
    Â»Zum Auto.«
    Ich warf mich auf die Bank, streckte mich lang aus. Etwas knallte hinter mir. Die Welt kreiste um mich, ich drehte mich auf den Rücken, rollte mich auf die Seite, meine Stirn stieß gegen etwas.
    Â»Nichts wie weg hier!«
    Natürlich. Ich war im Auto. In Hamids Taxi.
    Â»Die haben dich fast totgeschlagen.«
    Ich drehte mich auf den Bauch, streckte den Kopf vor und übergab mich in den Fußraum.
    Â»Ach du Scheiße. Jetzt müssen wir wirklich schnell machen.«
    Ich versuchte, bei Bewusstsein zu bleiben. Wollte mich am Türgriff festhalten. Probierte, die Augen zu öffnen. Ich scheiterte.
    Â»Es dauert fünfzehn Minuten. Nur fünfzehn Minuten.«
    Fünfzehn Minuten. Aber wohin?

    7 Ich umarmte Johanna, roch an ihrem Hals und küsste ihre warmen Lippen. Sie lachte leise, lehnte den Kopf ein wenig zurück und sah mir in die Augen. Ich wollte etwas sagen, aber da war sie schon wieder in meinen Armen und legte den Kopf auf meine Brust. Ich streichelte ihren Kopf, ließ die Haare durch meine Finger gleiten und legte die andere Hand in ihren Nacken, der schmal, zart und am Haaransatz glühend heiß war.
    In den Fingerspitzen spürte ich ihre Muskeln, jenen empfindlichen Punkt, an dem alles, das ganze Leben, hängt. Sie blickte auf, ich sah wieder in ihre Augen und entdeckte einen grünen Widerschein darin. Ich zog sie immer enger an mich. Sie war klein und weich, so wie jeden Morgen, wenn sie sich nach dem Weckerklingeln an mich schmiegte, den Arm über meine Brust und die Hand auf meine Schulter legte, ihre Stirn an meine Wange drückte und fast wieder einschlief, leise schnaufte oder etwas Nettes und Lustiges sagte.
    Ich hielt sie fest, so als wüsste ich, dass es, wenn ich sie jetzt losließe, für immer wäre. Ich roch an ihrem Kopf, sog ihren Geruch in mich ein, wie um ihn zu speichern, damit ich mich lange und genau daran erinnern könnte. Johanna atmete gleichmäßig, uns umgab Stille, und wir waren in Sicherheit, wir hatten uns.
    Dann schrak Johanna zusammen, so wie manchmal, wenn sie eingeschlafen war. Jemand zog sie weg. Ich zog zurück, presste sie enger an mich, aber die andere Person war stark und hartnäckig. Ich hielt Johanna fest, ich würde nicht nachgeben. Ich versuchte, ihr ins Gesicht zu sehen, aber sie hielt den Kopf gesenkt. Meine Arme erlahmten, der Fremde bekam die Oberhand, Johanna entglitt mir und verschwand in der Dunkelheit. Als ich sie nicht mehr sehen konnte und nur Leere zurückgeblieben war, begann ich vor Kälte zu zittern. Ich fror, und meine Arme und Hände waren zu nichts mehr zu gebrauchen.
    Das Licht kam von einer Neonreklame, die hinter der dünnen Gardine tiefrot glühte und Buchstaben in Schönschrift enthielt. Ich studierte sie eine Weile von links nach rechts, bis ich begriff, dass sie, von mir aus gesehen, spiegelverkehrt war. Schließlich entzifferte ich von rechts nach links: Kebab-Pizzeria.
    Mein linkes Ohr juckte, ich ertastete ein Pflaster und einen raschelnden Stöpsel. Ich lag auf der Seite, und meine rechte Hand, die unter mir lag, war völlig taub. Ich zog sie hervor, umfasste den Rand meiner Matratze und setzte mich auf.
    Ich befand mich in einer Art Hinterzimmer oder einem Lagerraum. Im Mund hatte ich den Geschmack von Blut und einem unbekannten Metall. Ich saß still da, holte einige Male tief Luft, schwenkte vorsichtig die gefühllose Hand am herunterhängenden Arm. Das Atmen war als Schmerz im Rücken spürbar.
    Hinter einem Vorhang hörte ich ein Gespräch in einer mir unbekannten Sprache: erst die Stimme eines Mannes, dann die einer Frau. Mir fiel mein Traum ein, ich bekam es mit der Angst zu tun und zog mein Handy aus der Hosentasche. Das Display war dunkel. Entweder hatte es der Schlagstock getroffen oder der Akku war leer. Meine Angst verstärkte sich.
    Ich versuchte aufzustehen, aber meine Füße trugen mich nicht, und ich sank wieder auf die Liege.
    Ich heftete den Blick auf den rot glühenden Schriftzug hinter der Gardine und brachte es so fertig, aufrecht sitzen zu bleiben. Wieder atmete ich eine Weile, und als ich sicher war, dass ich nicht ohnmächtig würde, sah ich mich im Raum um. Graue Zementwände, davor Pappkartons und Müll, neben der Tür Plastiksäcke mit leeren und vollen Dosen von Erfrischungsgetränken. Außerdem ein Stuhl, an dessen Lehne der Rucksack hing, den ich

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