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Der Heiler

Der Heiler

Titel: Der Heiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antti Tuomainen
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passiert?«, fragte Lassi, nachdem er die üblichen paar Sekunden hatte verstreichen lassen. Solche Pausen dienen nur einem Zweck: die Frage des Gesprächspartners zu torpedieren und zu erreichen, dass alles, was der andere sagt, idiotisch und überflüssig klingt.
    Â»Ja«, bestätigte ich trocken.
    Lassi sagte eine Weile gar nichts. Dann beugte er sich vor, wartete und äußerte: »Nehmen wir mal an, dass das stimmt. Was wirst du machen?«
    Ich brauchte nicht erst so zu tun, als ob ich nachdachte, sondern sagte sofort: »Eine Vermisstenmeldung dürfte überflüssig sein. Die Polizei kann die Anzeige sowieso nur aufnehmen. Vermisstenfall Nummer 5021.«
    Â»Stimmt«, bestätigte Lassi. »Und vierundzwanzig Stunden sind keine sehr lange Zeit.«
    Ich hob die Hand, so als wollte ich genau diese Behauptung auch physisch abwehren. »Wie gesagt, wir halten laufend Kontakt. Und für uns sind vierundzwanzig Stunden tatsächlich eine lange Zeit.«
    Lassi bemühte sich kaum, seine Gereiztheit zu verbergen. Seine Stimme hob sich und nahm zugleich an kalter Schärfe zu, auch sprach er schneller: »Wir haben Reporter, die eine ganze Woche draußen unterwegs sind. Dann kommen sie zurück mit einer fertigen Story. So läuft das hier bei uns.«
    Â»War Johanna je eine ganze Woche unterwegs, ohne Bescheid zu sagen?«
    Lassi hielt den Blick auf mich gerichtet, trommelte mit den Fingern auf die Armlehne, kräuselte die Lippen. »Nein, zugegebenermaßen.«
    Â»Es ist einfach nicht ihre Art«, sagte ich.
    Lassis Ungeduld hatte jetzt seinen ganzen Körper erfasst. Er rutschte in seinem Sessel hin und her und sprach schnell, wie um sich zu beeilen und zu betonen, dass er recht hatte: »Tapani, wir versuchen hier, eine Zeitung zu machen. Werbeeinnahmen gibt es faktisch nicht, und als Faustregel gilt, dass sich niemand für irgendetwas inter­essiert. Außer natürlich für Sex und Porno und für Skandale und Enthüllungen, die mit Sex und Porno zu tun ­haben. Die Ausgabe von gestern hatte endlich mal wieder richtig viele Leser. Und wir hatten darin keineswegs tiefschürfende Reportagen über tausend verschwundene Sprengköpfe oder investigative Recherchen zum Thema, wie lange das Wasser, das aus dem Hahn kommt, noch trinkbar ist. Nebenbei bemerkt, ich vermute, etwa eine halbe Stunde. Unser Aufmacher gestern war das Tiersexvideo einer Sängerin. So was wollen die Leute, dafür zahlen sie.« Er holte Luft und fuhr fort, in noch schärferem und ungeduldigerem Ton als vorher: »Und dann habe ich Journalisten, wie etwa Johanna, die die Wahrheit schreiben wollen. Ich frage sie immer: welche verfluchte Wahrheit? Und sie ­haben keine richtige Antwort darauf. Außer natürlich die, dass die Leute alles erfahren müssen. Ich frage dann, ob die Leute das überhaupt wollen. Vor allem, ob sie dafür bezahlen wollen, mehr zu erfahren.«
    Als ich sicher war, dass er geendet hatte, fragte ich: »So dass ihr jetzt also über talentlose Sängerinnen und ihre Rennpferde berichtet?«
    Lassi betrachtete mich wieder von fern, aus irgendwelchen Gefilden, in die verständnislose Idioten wie ich keinen Zutritt hatten. »Wir versuchen zu überleben«, sagte er trocken.
    Wir saßen eine Weile schweigend da.
    Dann setzte Lassi an: »Darf ich mal etwas fragen?«
    Ich nickte.
    Â»Schreibst du immer noch diese Gedichte?«
    Ich hatte richtig vermutet. Lassi konnte der Versuchung nicht widerstehen. Die Frage enthielt auch gleich den Keim für die nächste. Damit wollte er beweisen, dass ich auf der falschen Spur war, sowohl was Johanna betraf, als auch bei allen anderen Dingen. Egal. Ich beschloss, ihm die Gelegenheit zu geben, seine eingeschlagene Linie weiter zu verfolgen, und antwortete wahrheitsgemäß: »Ja, das tue ich.«
    Â»Wann hast du zuletzt was veröffentlicht?«
    Ich musste immer noch nicht über meine Antwort nachdenken. »Vor vier Jahren«, sagte ich.
    Lassi fragte nicht weiter, er sah mich aus rot unterlaufenen Augen selbstzufrieden an, so als hätte er gerade die Richtigkeit seiner eigenen, umstrittenen These bewiesen. Ich wollte nicht weiter über das Thema reden, es war Zeitverschwendung.
    Â»Wo sitzt Johanna?«, fragte ich.
    Â»Warum?«
    Â»Ich möchte mir ihren Arbeitsplatz ansehen.«
    Â»Normalerweise würde ich das nicht erlauben«, sagte er

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