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Der Henker von Paris

Der Henker von Paris

Titel: Der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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auf, dann die Madelonnettes, wo der Direktor der Oper mit dreizehn Schauspielern auf den Tod wartete. Im Gefängnis Port-Libre sassen nur Frauen. Sie mokierten sich über das unabwendbare Schicksal, skandierten »Es lebe der König« und »Gebt uns einen Mann«. Auch hier keine Dan-Mali. In der Rue des Droits de l’Homme waren die Gefängnisse Grande-Force und Petite-Force, die der direkten Kontrolle Fouquiers unterstanden. Zufälligerweise begegnete ihm Charles im Gefängnishof. Fouquier murmelte im Vorbeigehen beiläufig: »Versuch es im Sainte-Pélagie in der Rue de la Clef.«
    Das Sainte-Pélagie bot Platz für rund fünfzig Gefangene. Es waren dreihundertfünfzig inhaftiert. Sie vegetierten auf Strohsäcken und suchten die Nähe zum Herzog von Biron, einem inhaftierten General der republikanischen Armee. Dieser hatte genügend Geld bei sich, um den Direktor des Gefängnisses für Begünstigungen zu entlohnen. Es gab genaue Tarife für jede Dienstleistung: Getränke, Delikatessen, Bücher, Besuche, alles war gegen Bezahlung möglich. Viele der Insassen waren Prostituierte, die den adligen Royalisten schöne Stunden bereitet hatten, oder Frauen, deren einziges Verbrechen darin bestand, dass sie die Freundin oder Mätresse eines Verurteilten gewesen waren. Wie zum Beispiel eine Kreolin, die eine Liebesbeziehung zum englischen Bankier Walter Boyd unterhalten hatte und den Grund ihrer Verhaftung nicht verstand. Während sie unterdie Guillotine kam, feierte er in London seine erfolgreiche Flucht. Bei einigen bestand das einzige Verbrechen darin, reich zu sein.
    Charles wurde in die unterirdischen Hallen geführt, die in Massenzellen umgebaut worden waren. Es war feucht, stank nach Schimmel und menschlichen Exkrementen. Die Mauern waren aus grossen, schweren Steinquadern. An der gewölbten Decke hingen Hunderte von Fledermäusen wie kleine schwarze Regenmäntel. Einige Frauen kamen sofort zum Gitter und hielten sich an den Eisenstäben fest. »Fick mich«, schrie ihm eine ins Gesicht, »wenn ich schwanger bin, bin ich frei.«
    Charles lief das Gitter ab, hinter dem sich die Frauen drängten. »Ich suche eine Frau mit dunkler Haut. Aus Siam.«
    »Es lebe der König«, schrien einige.
    »Es war eine da«, sagte der Wärter, »aber ich kann Ihnen nicht sagen, ob sie schon unter das Fallbeil gekommen ist. Doch Sie, Monsieur, Sie müssten es wissen, es ist Ihr Schafott.« Der Wärter grinste und zeigte die letzten Zahnstummel, die er noch im Mund hatte. Sein Gesicht war seltsam entstellt, als hätte ein Rammbock ihm die Nase platt gedrückt.
    »Dan-Mali!«, schrie Charles verzweifelt und horchte.
    »Ich bin Dan-Mali«, rief eine Dirne und rüttelte an den Stäben.
    »Hör nicht auf die Schlampe«, sagte eine andere, »ich bin Dan-Mali.«
    Der Wärter winkte ab und wies zur Tür. »Tut mir leid, Monsieur de Paris.«
    »Sie muss Ihnen doch aufgefallen sein, Bürger, sie war dunkelhäutig.« Charles war vor ihm stehen geblieben. Der Wärter schüttelte erneut den Kopf und wies wieder zur Tür. Charles machte ein paar zögerliche Schritte.
    »Kun kwaun«, hörte er plötzlich jemanden rufen.
    Fieberhaft starrte er auf das Gitter, doch unter all den Frauen konnte er nirgends Dan-Mali erkennen.
    Dann hörte er nochmals die Stimme, und jetzt sah er den dünnen Arm, der durch das Gitter ins Leere griff und winkte. Es war Dan-Mali. Sie kniete hinter dem Gitter. »Ich werde auf dich warten«, rief sie.
    Charles kniete vor den Gitterstäben nieder und ergriff ihre beiden Hände. Er presste sie an sein Gesicht und küsste sie. »Ich hol dich raus«, sagte er.
    »Nein«, sagte Dan-Mali, »das wird nicht möglich sein. Wir werden alle sterben. Aber drüben, in der anderen Welt, werde ich auf dich warten. Hab keine Angst.«
    Sie presste ihren Kopf an die Gitterstäbe, den Mund im Zwischenraum, und schloss die Augen. Charles küsste sie, ohne ihre Hände loszulassen.
    »Kann ich über Nacht bleiben?«, fragte Charles den Wärter. Dieser schüttelte den Kopf.
    »Sie müssen nach dem Preis fragen, nicht nach einer Erlaubnis«, sagte eine sonore Stimme. Ein Mann in Uniform bahnte sich den Weg zu den Gittern. »Herzog von Biron, General der republikanischen Armee«, stellte sich der Gefangene stolz vor. Er hatte graues Haar und lange Koteletten. Sein Gesicht war etwas eingefallen und vom Wetter gegerbt. Er reichte Charles einige Münzen. »Das sollte reichen, Monsieur de Paris. Nein, nein, kein Dankeschön, dasTotenhemd hat keine Taschen,

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