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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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I
    »Ich hasse es, berühmt zu sein!« gestand Kate Kennedy, die auf dem Fußboden der Wohnung ihrer Schwester Anne saß. Sie teilten ihr Essen mit einem großen burmesischen Kater namens Carl Gustavjung.
    Ihre Jane-Austen-Biographie hatte sie über Nacht berühmt gemacht. Sie wurde zu Talk-Shows eingeladen, von drei landesweiten Tageszeitungen und zwei Sonntagszeitungen interviewt, sie bereiste die Bibliotheken und Buchhandlungen Großbritanniens, und sie war Jon Bevan begegnet, den der Guardian als einen der brillantesten jungen Romanciers und Dichter Englands bezeichnet hatte. Der Grund für das große Interesse? Die Literaturbeilage der Times hatte ihr Buch als ‹brutzelnde Enthüllung¤ von Janes verborgener Sinnlichkeit bezeichnet, als Studie über ihre unterdrückte Sexualität und über die Leidenschaft, die sich in jenen vielgeliebten, wohlüberlegten Abschnitten verbarg.
    Bereits drei Wochen, nachdem sie Jon kennengelernt hatte, zog sie in seine Wohnung in Kensington, und ihr Leben änderte sich von Grund auf.
    Anne, ihre ältere Schwester und frühere Mitbewohnerin, reagierte mit Gleichmut darauf, daß Kate fahnenflüchtig wurde. (»Meine Liebe, früher oder später mußte das einer von uns passieren.«) Selbst eine Schriftstellerin œ eine Jungianerin, deren Bibliothek, vor allem den Freud betreffenden Teil, Kate geplündert hatte, als sie Jane schrieb -, hatte sie amüsiert beobachtet, wie Kate mit dem Ruhm zurechtkam. Und sie empfand es als nicht sonderlich überzeugend.
    »Wenn du ihn so sehr haßt, dann befreie dich davon. Werde zur Einsiedlerin. Weigere dich aufzutreten, meine Liebe. Kultiviere eine gewisse Rüpelhaftigkeit. Und trage einen Schleier.« Anne leckte sich Sojasauce von den Fingern. »Das würde den Verkauf schlagartig verdoppeln.«
    »Zynikerin.« Kate lächelte sie zärtlich an. »Jon sagt, ich sei verrückt. Er liebt den Ruhm.«
    »Ich könnte mir vorstellen, daß Jon das Schreiben am Ende noch aufgibt, um eine Medienfigur zu werden«, sagte Anne nachdenklich. Sie wischte sich die Hände an einer mit chinesischen Schriftzeichen bedruckten Papierserviette ab, schlang die Arme um die Beine und legte ihr Kinn nachdenklich auf die Knie. »Er ist schlecht für dich, Kate. Er ist ein PsychoVampir.« Sie grinste. »Er ernährt sich von deiner kreativen Energie.«
    »Unsinn.«
    »Doch, es ist wahr. Du bist in die Rolle der Hausfrau und Ego-Masseuse hineingerutscht und hast es nicht einmal bemerkt. Du bist völlig vernarrt in ihn! Es ist Monate her, seit du aus Italien zurückgekommen bist, aber du hast noch immer nicht mit deinem neuen Buch begonnen.«
    Die Heftigkeit, mit der Anne dies sagte, erschreckte Kate, und sie stellte überrascht fest, daß sie sich schuldig fühlte. »Ich recherchiere noch.«
    »Über was denn? Die Liebe?« Anne lächelte. »Und denkt Jon immer noch, daß es verrückt ist, über Byron zu schreiben?«
    Kate nickte liebevoll. »Ja, er denkt immer noch, daß ich verrückt bin. Er glaubt, Byron sei zu bekannt. Seiner Ansicht nach hätte ich mich für jemanden entscheiden sollen, der gänzlich unbekannt ist œ und nicht so attraktiv«, fügte sie hinzu. »Glücklicherweise ist meine Lektorin aber anderer Meinung. Sie kann das Buch kaum erwarten.« Sie schüttelte müde den Kopf und gab Carl Gustav die letzte, sorgsam aufbewahrte Hummerkrabbe. Insgeheim freute es sie und schmeichelte es ihr, daß Jon eifersüchtig war.
    »Hast du dir Byron deshalb ausgesucht? Weil er so attraktiv ist?« bohrte Anne nach.
    »Deshalb und weil ich seine Lyrik liebe, weil ich Italien anbete und weil er mir die Chance gegeben hat, wunderbare Monate auf Reisen durch Europa zu verbringen und alle Orte aufzusuchen, an denen er gelebt hat.« Kate sammelte die leeren Essensbehälter auf. »Er war ein durch und durch faszinierender Mensch. Charismatisch.« Sie beobachtete Carl Gustav, der sich überaus genüßlich an seiner Krabbe gelabt hatte und sich jetzt peinlich genau Kopf und Pfoten putzte. »Eigentlich könnte ich mit dem Schreiben beginnen. Meine Aufzeichnungen sind vollständig œ wenigstens, was den ersten Abschnitt angeht.«
    Anne schüttelte den Kopf. »Ich kann mir schlimmere Arten vorstellen, sein Geld zu verdienen!« Sie stand auf und durchwühlte den Kühlschrank nach einer Büchse Kaffeebohnen. »Sag ehrlich, seid ihr noch glücklich?« fragte sie über die Schulter. »Ich meine, so richtig glücklich?«
    Kate nickte.
    »Heiratswillig vor Glück?«
    »Nein.« Nachdenklich, dann

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