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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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Hargtal«, sagte Éomer leise, »dass in den mondlosen Nächten vor gar nicht langer Zeit ein großes Heer in seltsamer Aufmachung vorbeizog. Woher sie kamen, wusste keiner, aber sie gingen die steinerne Straße hinauf und verschwanden im Berg, als ob sie eine Verabredung einhalten müssten.«
    »Warum ist dann Aragorn diesen Weg gegangen?«, fragte Merry. »Wisst Ihr nichts, was das erklären würde?«
    »Sofern er nicht zu dir als seinem Freund Worte gesprochen hat, die wir nicht gehört haben«, sagte Éomer, »kann keiner im Land der Lebenden seine Absicht erkennen.«
    »Stark verändert erschien er mir, seit ich ihn zuerst in des Königs Haus sah«, sagte Éowyn. »Düsterer, älter. Todgeweiht kam er mir vor, und wie einer, den die Toten rufen.«
    »Vielleicht ist er gerufen worden«, sagte Théoden, »und mein Herz sagt mir, dass ich ihn nicht wiedersehen werde. Doch ist er ein Mann von königlicher Art und hoher Bestimmung. Und schöpfe Trost daraus, Tochter, da du Trost zu brauchen scheinst in deinem Kummer um diesen Gast. Es heißt, als die Eorlingas aus dem Norden kamen und schließlich den Schneeborn hinaufzogen auf der Suche nach sicheren Zufluchtsorten in Zeiten der Not, da erklommen Brego und sein Sohn Baldor die Treppe der Festung und kamen so zu dem Tor. Auf der Schwelle saß ein Greis, so alt, dass man die Zahl seiner Jahre nicht schätzen konnte; hochgewachsen und königlich war er gewesen, doch nun verwittert wie ein alter Stein. Tatsächlich hielten sie ihn für einen Stein, denn er bewegte sich nicht und sprach kein Wort, bis sie versuchten, an ihm vorbei hineinzugehen. Und dann sprach er mit einer Stimme, die klang, als ob sie aus der Erde käme, und zu ihrer Verwunderung sagte er in der Sprache des Westens: Der Weg ist versperrt.
    Dann blieben sie stehen und schauten ihn an und sahen, dass er noch lebte; er aber blickte sie nicht an. Der Weg ist versperrt, wiederholte er. Er wurde angelegt von jenen, die tot sind, und die Toten halten ihn, bis die Zeit gekommen ist. Der Weg ist versperrt.
    Und wann wird diese Zeit sein? , fragte Baldor. Doch nie erhielt er eine Antwort. Denn der alte Mann starb in jener Stunde und fiel auf sein Gesicht; und nichts sonst hat unser Volk je über die alten Bewohner des Gebirges erfahren. Indes ist vielleicht endlich die vorausgesagte Zeit gekommen, und Aragorn darf hindurch.«
    »Aber wie soll ein Mann erkennen, ob die Zeit gekommen ist oder nicht, es sei denn, er wagt es, das Tor zu durchschreiten?«, fragte Éomer. »Und diesen Weg würde ich nicht gehen, auch wenn alle Heere Mordors vor mir stünden und ich allein wäre und keine andere Zuflucht hätte. Wehe, dass in dieser Stunde der Not ein so todbringender Gedanke einen so beherzten Mann befällt! Gibt es nicht ringsum genug böse Wesen, ohne dass man sie unter der Erde suchen muss? Der Krieg ist nahe.«
    Er hielt inne, denn in diesem Augenblick hörte man ein Geräusch draußen, eine Männerstimme rief Théodens Namen, und der Wachtposten fragte nach Feldruf und Losung.
    Plötzlich schob der Hauptmann der Wache den Vorhang beiseite. »Ein Mann ist hier, Herr«, sagte er, »ein reitender Bote von Gondor. Er bittet, sofort zu Euch vorgelassen zu werden.«
    »Lass ihn kommen«, sagte Théoden.
    Ein hochgewachsener Mann trat ein, und Merry unterdrückte einen Schrei; denn einen Augenblick lang schien es ihm, als sei Boromir wieder am Leben und zurückgekehrt. Dann sah er, dass dem nicht so war. Der Mann war ein Fremder, wenngleich Boromir so ähnlich, als ob er mit ihm verwandt sei, kühn und grauäugig und stolz. Er war wie ein Reiter gekleidet mit einem dunkelgrünen Mantel über einem schönen Panzerhemd. Die Stirnseite seines Helms war mit einem kleinen silbernen Stern verziert. In der Hand trug er einen einzigen Pfeil, schwarz gefiedert und mit stählernen Widerhaken, doch die Spitze war rot gefärbt.
    Er ließ sich auf ein Knie nieder und reichte Théoden den Pfeil. »Heil, Herr der Rohirrim, Freund von Gondor!«, sagte er. »Hirgon bin ich, ein reitender Bote von Denethor, und bringe Euch dieses Zeichen des Krieges. Gondor ist in großer Not. Oft haben die Rohirrim uns geholfen, doch nun bittet Herr Denethor um all Eure Streitmacht und all Euren Beistand, damit Gondor nicht zuletzt falle.«
    »Der Rote Pfeil!«, sagte Théoden und hielt ihn wie einer, der eine Aufforderung erhält, die er lange erwartete und die ihn doch erschreckt, wenn sie kommt. Seine Hand zitterte. »Der Rote Pfeil ist in all meinen

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