Der Herr der Ringe
Jahren nicht in der Mark gesehen worden! Ist es wirklich so weit gekommen? Und was, glaubt Herr Denethor, mag all meine Streitmacht und all mein Beistand sein?«
»Das wisst Ihr selbst am besten, Herr«, sagte Hirgon. »Doch binnen kurzem mag es leicht geschehen, dass Minas Tirith umzingelt ist, und sofern Ihr nicht stark genug seid, die Belagerung durch viele Heere zu durchbrechen, bittet mich Herr Denethor, Euch zu sagen, dass seiner Ansicht nach die starken Waffen der Rohirrim besser innerhalb als außerhalb seiner Mauern von Nutzen wären.«
»Aber er weiß doch, dass wir ein Volk sind, das eher auf dem Rücken der Pferde und in freiem Gelände kämpft, und dass wir auch ein verstreut lebendes Volk sind und es Zeit braucht, unsere Reiter zu sammeln. Stimmt es nicht, Hirgon, dass der Herr von Minas Tirith mehr weiß, als er in seiner Botschaft angibt? Denn wir sind bereits im Krieg, wie Ihr vielleicht gesehen habt, und Ihr findet uns nicht ganz unvorbereitet. Gandalf der Graue war bei uns, und eben jetzt sammeln wir uns für die Schlacht im Osten.«
»Was Herr Denethor von all diesen Dingen weiß oder vermutet, kann ich nicht sagen«, antwortete Hirgon. »Doch unsere Lage ist wahrlich verzweifelt. Mein Herr erteilt Euch keinerlei Befehl, er bittet Euch nur, alter Freundschaft und vor langer Zeit geleisteter Schwüre eingedenk zu sein und zu Eurem eigenen Vorteil alles zu tun, was Ihr vermögt. Uns wird berichtet, dass viele Könige aus dem Osten herbeigeritten sind, um Mordor zu dienen. Vom Norden bis zum Schlachtfeld von Dagorlad gibt es Scharmützel und Kriegsgerüchte. Im Süden sind die Haradrim auf dem Marsch, und Furcht hat alle unsere Küstenländer befallen, sodass uns wenig Hilfe von dort zuteil werden wird. Eilt Euch! Denn vor den Mauern von Minas Tirith wird sich das Schicksal unserer Zeit entscheiden, und wird die Flut dort nicht aufgehalten, dann wird sie sich über die schönen Felder von Rohan ergießen, und selbst in dieser Festung in den Bergen wird es keine Zuflucht geben.«
»Schlimme Kunde«, sagte Théoden, »doch nicht völlig unvermutet. Aber sagt Denethor, dass wir ihm, auch wenn Rohan selbst die Gefahr nicht verspürte, dennoch zu Hilfe kommen würden. Bei unseren Kämpfen mit Saruman dem Verräter haben wir allerdings schwere Verluste erlitten und müssen immerhin auch an unsere Grenzen im Norden und Osten denken, was ja Denethors Botschaft deutlich macht. Eine so große Streitmacht, wie sie der Dunkle Herrscher jetzt einzusetzen scheint, wird uns vielleicht in eine Schlacht vor der Stadt verwickeln und gleichzeitig jenseits des Tors der Könige starke Kräfte über den Fluss werfen können.
Aber wir wollen nicht länger weise Reden führen. Wir werden kommen. Der Waffenempfang war für morgen angesetzt. Wenn alles geordnet ist, werden wir aufbrechen. Zehntausend Speerträger hätte ich zum Schrecken unserer Feinde über die Ebene schicken können. Aber jetzt werden es weniger sein, fürchte ich; denn ich will meine Festungen nicht ganz unbewacht lassen. Doch zumindest sechstausend werden hinter mir reiten. Denn sagt Denethor, dass in dieser Stunde der König der Mark selbst kommen wird in das Land Gondor, obwohl es sein mag, dass er nicht zurückreitet. Aber es ist ein weiter Weg, und Mann und Tier müssen, wenn sie ihn zurückgelegt haben, noch Kraft zum Kämpfen haben. Eine Woche ab morgen früh mag vergehen, bis ihr das Kriegsgeschrei von Eorls Söhnen, von Norden kommend, hören werdet.«
»Eine Woche!«, sagte Hirgon. »Wenn es so sein muss, dann muss es sein.Doch in sieben Tagen werdet Ihr wahrscheinlich nur zerstörte Mauern vorfinden, sofern nicht andere unerwartete Hilfe kommt. Immerhin mögt Ihr zumindest die Orks und die Schwarzen Menschen bei ihrem Festmahl im Weißen Turm stören.«
»Zumindest das werden wir tun«, sagte Théoden. »Aber ich selbst bin eben erst von Kampf und langer Reise gekommen und will nun zur Ruhe gehen. Bleibt hier heute Nacht. Dann werdet Ihr die Heerschau von Rohan sehen und umso froher über den Anblick und umso schneller dank der Rast von dannen reiten. Guter Rat kommt über Nacht, und am Morgen sieht manches anders aus.«
Damit stand der König auf, und alle erhoben sich. »Jeder gehe nun zur Ruhe«, sagte er, »und schlafe wohl. Und dich, Herr Meriadoc, brauche ich heute Abend nicht mehr. Doch sei bereit, wenn ich dich rufe, sobald die Sonne aufgegangen ist.«
»Ich werde bereit sein«, sagte Merry, »selbst wenn Ihr mir gebietet, mit
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