Der Herr der Ringe
oder sie berieten sich über die zukünftigen Tage. Wenn irgendein Wanderer zufällig vorbeigekommen wäre, hätte er wenig gesehen oder gehört und nur geglaubt, er erblickte in Stein gemeißelte Gestalten, Denkmäler vergessener Geschöpfe, die in den nun unbewohnten Landen zurückgeblieben waren. Denn sie regten sich nicht und sprachen auch nicht mit dem Mund, sondern blickten einander ins Herz; und nur ihre Augen bewegten sich und leuchteten, wenn ihre Gedanken von einem zum anderen gingen.
Doch schließlich war alles gesagt, und sie trennten sich für eine Weile, bis es für die Drei Ringe Zeit war, von dannen zu gehen. In ihren grauen Mänteln waren die Leute von Lórien, die zum Gebirge ritten, bald in den Felsen und Schatten verschwunden; und diejenigen, die nach Bruchtal gehen sollten, saßen auf dem Berg und schauten ihnen nach, bis aus dem aufsteigenden Nebel ein Blitz kam; und dann sahen sie nichts mehr. Frodo wusste, dass Galadriel zum Zeichen des Abschieds ihren Ring hochgehalten hatte.
Sam wandte sich ab und seufzte: »Ich wünschte, ich ginge auch zurück nach Lórien!«
Eines Abends kamen sie über die Hochmoore und standen, wie es Wanderern immer schien, ganz unvermutet am Rand des tiefen Tals von Bruchtal und sahen weit unten die Lampen in Elronds Haus schimmern. Und sie stiegen hinunter und überquerten die Brücke und kamen zu den Türen, und das ganze Haus war voll Licht und Gesang aus Freude über Elronds Heimkehr.
Zuallererst, ehe sie gegessen oder sich gewaschen oder auch nur ihre Mäntel abgelegt hatten, machten sich die Hobbits auf die Suche nach Bilbo. Siefanden ihn ganz allein in seinem Zimmer. Es war übersät mit Papieren und Federn und Pinseln; und Bilbo saß auf einem Sessel vor einem kleinen, hellen Feuer. Er sah sehr alt aus, aber friedlich, und schläfrig.
Er öffnete die Augen und schaute auf, als sie hereinkamen. »Hallo, hallo!«, sagte er. »Ihr seid also zurückgekommen? Und morgen ist mein Geburtstag. Wie geschickt von euch! Wisst ihr eigentlich, dass ich einhundertneunundzwanzig werde? In einem Jahr, wenn ich am Leben bleibe, ziehe ich mit dem Alten Tuk gleich. Ich würde ihn gern schlagen; aber wir werden sehen.«
Nach der Feier von Bilbos Geburtstag blieben die vier Hobbits noch ein paar Tage in Bruchtal, und sie saßen viel mit ihrem alten Freund zusammen, der jetzt den größten Teil seiner Zeit in seinem Zimmer verbrachte, abgesehen von den Mahlzeiten. Zu denen kam er in der Regel sehr pünktlich, und er versäumte selten, rechtzeitig dafür aufzuwachen. Wenn sie mit ihm am Feuer saßen, erzählten sie ihm abwechselnd alles, an was sie sich von ihren Reisen und Abenteuern erinnern konnten. Zuerst tat er so, als schriebe er sich manches auf; aber oft schlief er ein; und wenn er aufwachte, sagte er: »Wie herrlich! Wie wundervoll! Aber wo waren wir?« Dann fuhren sie mit der Geschichte von dem Punkt an fort, an dem er eingenickt war.
Der einzige Teil, der ihn wirklich aufzuwecken und seine Aufmerksamkeit wach zu halten schien, war der Bericht über die Krönung und Heirat von Aragorn. »Ich war natürlich zur Hochzeit eingeladen«, sagte er. »Und ich habe lange genug darauf gewartet. Aber irgendwie, als es dann soweit war, fand ich, dass ich hier so viel zu tun hatte; und Packen ist so lästig.«
Als fast zwei Wochen vergangen waren, schaute Frodo aus dem Fenster und sah, dass es Frost gegeben hatte in der Nacht und die Spinnenweben wie weiße Netze waren. Da wusste er plötzlich, dass er aufbrechen und Bilbo Lebewohl sagen musste. Das Wetter war noch ruhig und schön nach einem der herrlichsten Sommer, an die die Leute sich erinnern konnten; aber es war nun Oktober, und bald würde sich das Wetter ändern, es würde Regen und Wind geben. Und es war noch ein weiter Weg zurückzulegen. Dennoch war es eigentlich nicht der Gedanke an das Wetter, der ihn bewegte. Er hatte das Gefühl, es sei Zeit, in das Auenland zurückzukehren. Sam war auch der Meinung. Erst am Abend zuvor hatte er gesagt:
»Nun, Herr Frodo, wir sind weit herumgekommen und haben eine Menge gesehen, und doch glaube ich, wir haben keinen besseren Ort gefunden als diesen. Hier gibt es ein bisschen von allem, wenn du mich verstehst: das Auenland und den Goldenen Wald und Gondor und Königshäuser und Wirtshäuser und Wiesen und Berge, alles zusammen. Und trotzdem habe ich irgendwie das Gefühl, wir sollten bald gehen. Ich mache mir Sorgen um den Ohm, um dir die Wahrheit zu sagen.«
»Ja, ein bisschen
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