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Der Herr der Tränen: Roman (German Edition)

Der Herr der Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Der Herr der Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Bowring
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die Zeit angehalten und wäret zur Stelle gewesen. Er hat seine Gabe benutzt, um hübsche Blumen zu pflücken, und hat sie genommen, wo immer er sie fand, selbst wenn ihr Verlobter, ihre Mutter oder ihr Vater direkt neben ihr auf der Straße stand, ihre blicklosen
Augen erstarrt, während sie elendig heulte und fragte, warum sie ihr gegen Despirrow nicht halfen.«
    Die für einen Moment fröhliche Stimmung zerstob, und die Frauen, die ihre Ehemänner gekniffen hatten, taten es wieder, diesmal aus Angst.
    Tarzi schüttelte den Kopf, als komme sie aus einer Trance, und Rostigan fragte sich, ob ihre eigenen Worte sie benommen gemacht hatten.
    »Braston erkannte Despirrows Wandlung bald genug, denn der König hatte sich ebenfalls verändert. Er war in der Lage, jedes Unrecht auf der Welt zu sehen , und es wurde zu seiner Obsession, es zu entfernen. Und obwohl er Despirrows Fäden nicht direkt lesen konnte, konnte er sie in den Frauen sehen, die Despirrow vergewaltigte. Auf diese Weise erfuhr er die schreckliche Wahrheit, dass er seinen Freund an eine Entartung verloren hatte. Er machte sich auf die Jagd nach Despirrow, aber Despirrow spürte die Gefahr und floh. Erst Jahre später konnte Braston diese Aufgabe erledigen. Aber wie?«
    Sie betrachtete leere Gesichter, und es war der Gastwirt, der antwortete.
    »Gift«, sagte er, während er einen Becher nachfüllte.
    Der alte Mann, dem der Becher gehörte, warf ihm einen finsteren Blick zu. »Was sagst du, was du mir da gibst?«
    »Gift.« Tarzi nickte. »Braston ging in ein Hurenhaus, das Despirrow gern besuchte, und befahl, ein Pulver in Despirrows Wein zu schmuggeln, wenn er das nächste Mal erschien. Großzügig bezahlt von Braston und mit dem Versprechen auf mehr, falls sie Erfolg hätten, taten die Huren wie geheißen. Despirrow trank den Wein, und als er spürte, was ihm widerfuhr, war es zu spät. Es half ihm nicht, die Zeit anzuhalten, da er ja selbst nicht erstarrte und das Gift in ihm weiterwirkte. Er versuchte, zu Braston zu gelangen – er wollte erfahren, was ihn umbrachte, und das Gegenmittel beschaffen –, aber er konnte im Nebel des Schmerzes die für den Fadengang nötige Konzentration nicht mehr aufbringen.«
    Rostigan dachte an die Augen der Diebin, die sich geöffnet hatten, nachdem er ihren Schädel gespalten hatte. Wächter waren schwer zu töten – also, was für ein seltenes Gift hatte Braston bei Despirrow eingesetzt?
    Nichts, was allgemein bekannt war, so viel stand fest.
    Unvermittelt setzte der Fluss der Zeit wieder ein, und sofort prallte jemand mit ihm zusammen.
    »Entschuldigung!«, murmelte ein Junge und wich zurück. »Hab dich nicht gesehen, Herr.«
    »Rostigan?«, erklang Tarzis Stimme. »Wo bist du?«
    Er hatte sich etwas von der Stelle entfernt, an der er vor der Erstarrung gewesen war, daher hoffte er, dass niemand ihn beobachtet hatte – es würde so ausgesehen haben, als verschwinde er an einer Stelle, um an einer anderen wieder aufzutauchen. Glücklicherweise hatte sich der Offizier nicht umgedreht und nichts bemerkt.
    »Hier bin ich.«
    »Komm weiter«, sagte Tarzi. »Wir wollen nicht zurückfallen, damit wir unser neues Quartier nicht verlieren!«
    »Nein«, erwiderte Rostigan. »Ich bin mir sicher, das Quartier wird prächtig sein.«
    »Warum bist du so mürrisch?«
    Rostigan runzelte die Stirn. »Nichts«, antwortete er, aber es klang nicht sehr überzeugend.

DIE LETZTE VASE
    Große Bruchstücke orangefarbener Felsen säumten in gezackter Linie zu beiden Seiten den gewundenen Pfad. Es war, so dachte Yalenna, als wäre der Berg von Felsen bekrönt. Ein seltsamer, beunruhigender Ort und zu hoch gelegen, als dass noch viele Pflanzen wachsen konnten. Die Vegetation, die es gab, war dornig und dunkel und erweckte den nicht zutreffenden Eindruck, bereits abgestorben zu sein.
    Vor ihr blinzelte Braston in den Himmel.
    »Was gibt es?«
    »Ich dachte, ich hätte einen Seidenrachen gesehen.«
    Sie sah sich argwöhnisch um. In den Roshausgipfeln gab es jede Menge Ungeheuer, aber sie hatte einen schimmernden Nebel um sie herum geschaffen, um sie vor Blicken von oben zu beschirmen. Es war bereits ein Schwarm Seidenrachen über sie hinweggeflogen, ohne anzugreifen, daher war sie zuversichtlich, dass es funktionierte. Was ihnen auf dem Boden begegnen konnte, machte ihr größere Sorgen.
    »Komm weiter«, sagte Braston, obwohl nicht sie als Erste stehen geblieben war.
    Er war in seinem Element – glücklich darüber, dass es etwas

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