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Der Herr der Tränen: Roman (German Edition)

Der Herr der Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Der Herr der Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Bowring
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wurde schließlich langsamer und ruhte sich aus, nur um später zu begreifen, dass er einmal mehr an seiner bedeutungslosen Aufgabe gescheitert war.
    Manchmal lag er an der Tür und schaute hinaus, aber die Aussicht zeigte ihm dasselbe trostlose Stück Fels. Manchmal sah er dort draußen Seidenrachen oder Entflochtene, aber das war eine unregelmäßige Durchbrechung der Monotonie.
    Eins.
    So viele Körper hatte er, und gegenwärtig kroch sein Körper in den Sargraum. Er konnte noch immer seine Arme und Beine dazu bringen, sich zu bewegen, konnte langsam in seinem endlosen Gefängnis umhergehen. Würde er in den Sarg steigen? Nicht heute, obwohl er es manchmal tat.
    Warum willst du nicht sterben?, schrie er.
    Wie die anderen Wächter hatte er aufgehört zu altern. Und wenn Hunger ihn tötete, dauerte es wirklich verdammt lang.
    Wie er seine Widerstandsfähigkeit verflucht hatte, während die Jahre dahingekrochen waren. Er hatte sich auf jede Weise, die ihm einfiel, zu töten versucht. Einige Male war er mit dem Kopf gegen eine Wand gerannt, war danach aber nur für einige Zeit bewusstlos gewesen. Dann hatten seine Augen sich wieder geöffnet. Heutzutage hatte er kaum noch die Kraft, Anlauf zu nehmen.
    Er hatte versucht, sich Scherben in die Brust zu graben, aber es hatte nichts genutzt. Während er bewusstlos war, stieß sein Körper die Scherben wieder aus, und er heilte und erwachte von Neuem. Vielleicht, hatte er gedacht, wenn er sein Herz tatsächlich heraus bekommen könnte, es aus sich entfernen könnte … Aber sobald er genug Fleisch weggeschnitten hatte, um zu versuchen, es zu ergreifen, wurde er ohnmächtig. Dann träumte er davon, wie er es wegwarf, wie es über den Boden schlitterte – bis er geheilt wieder erwachte.
    Wenn er nur noch seine Magie gehabt hätte. Er war einst mächtig gewesen, vor allem nach der Verwandlung. Im Gegensatz zu den anderen – wie waren noch gleich ihre Namen? – hatte er keine neuen Talente erworben, obwohl seine angeborenen Fähigkeiten in ihrem Potenzial erheblich gewachsen waren. Wieder und wieder stellte er sich vor, sie zu benutzen, um sich selbst in Stücke zu reißen, doch diese Möglichkeit war ihm mit dem Überschreiten der Schwelle genommen worden. Er hatte die mit Widerhaken versehenen Fäden mühelos genug geteilt, um seinen Weg hineinzufinden, doch dann waren seine Fähigkeiten irgendwie erstickt worden, nutzlos geworden. Die Fäden des Eingangs hatten sich wieder geschlossen, und er war seither nicht mehr in der Lage gewesen, irgendeinen Einfluss auf sie auszuüben. Er quälte sich mit dem Gedanken, dass es irgendeinen Weg geben müsse, dass seine Magie noch da sei, irgendwie begraben … schließlich lebte er weiter.
    Nach einer Weile hatte er den Versuch, sich zu töten, aufgegeben. Es hatte keinen Sinn. Zwar schien selbst eine Phase der Leere verlockend, aber tatsächlich machte auch die längste Bewusstlosigkeit keinen Unterschied. Er würde immer unter den gleichen Umständen wieder erwachen. Es gab keine tatsächlich Pause für ihn, nur weil einige Tage in der Welt verstrichen waren, ohne dass er es wusste.
    Seine größte Hoffnung war die, dass die Fäden, die ihn gefangen hielten, eines Tages ihre Stärke verloren. Gewiss würden sie nicht für alle Zeit andauern! Sie hatten keine Anzeichen gezeigt, ihre Macht zu verlieren, aber er hoffte nichtsdestoweniger: Wenn jemand die Große Magie heilen sollte, würden sie vielleicht endlich versagen.
    Er hatte es aufgegeben zu denken, dass seine Freunde vielleicht kommen würden, um ihn zu retten.
    Warum waren sie nicht gekommen?
    Er hatte ihnen nicht gesagt, wo er hinging. Was für ein Narr er doch gewesen war. Als er diesen Ort entdeckt hatte, hatte er gedacht, dass es hier vielleicht einen Hinweis für die endgültige Heilung der Großen Magie gebe, und in seiner Ungeduld war er allein eingetreten.
    Ungeduld.
    Es war jetzt ein seltsames Wort für einen, der jahrhundertelang in der Dunkelheit gelebt hatte.
    Obwohl er ihnen nicht gesagt hatte, wo er hinging, würden seine Freunde doch gewiss nach ihm gesucht haben. Wenn Yalenna oder Braston verschwunden wäre, hätte er niemals aufgegeben zu versuchen, sie zu finden. Also, hatten sie ihn aufgegeben? Oder waren sie gestorben? Herrschten jetzt Forger und Karrak über Aorn?
    Manchmal sah er Dinge, die nicht wirklich da waren. Die schöne Yalenna und den mutigen Braston am Eingang, endlich gekommen, ihn freizulassen! Dann erwachte er – und wie er jedes Mal hätte

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