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Der Herr der Tränen: Roman (German Edition)

Der Herr der Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Der Herr der Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Bowring
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Funkeln. »Und das ist jetzt einige Zeit her, wie ihr wahrscheinlich wisst. Ich bin nicht hier geboren, war nicht mehr als der Sohn eines Schmieds, der ebenfalls Schmied hätte sein sollen, bis meine … Eltern … sahen, dass ich die Flammen kontrollieren konnte. ›Unser Junge‹, sagten sie, ›muss für größere Dinge geboren sein, als wir es uns bisher vorgestellt haben!‹ Daher schickten sie mich hierher, um von den besten Fadenwirkern ausgebildet zu werden, die Aorn zu bieten hatte.«
    Er schluckte und wischte sich die fettige Hand an der Brust ab. Er hatte seit einiger Zeit nicht mehr an seine Eltern gedacht, und für einen Moment sah er beinah ihre Gesichter … verschwommen, wie durch eine beschlagene Glasscheibe hindurch. Wie war noch gleich ihr Name gewesen?
    Er runzelte die Stirn und verdrängte die Erinnerung an seine Eltern.
    »Das«, fuhr er fort, »habe ich an unserer schönen Stadt immer geliebt. In einigen Ländern regiert die Tradition. Dort reicht ein fetter König seine Krone an einen fetten Sohn weiter oder an ein nutzloses Schwein von einer Tochter. Aber hier in Tallaho hat seit jeher Kraft regiert. Man steigt auf durch eigene Kraft, nicht durch Geburt. Auf diese Weise kann ein Außenseiter, sogar der Sohn eines einfachen Schmieds, bis ganz nach oben kommen, wenn er die richtige Art von Feuer hat.«
    Er grinste über das, was er für einen sehr klugen Scherz hielt. Bedauerlicherweise schien ihn niemand sonst zu verstehen.
    »Ich bin von den Toten zurückgekehrt«, sprach er weiter, »um dieses Reich wieder zu seiner früheren Größe zu führen!«
    Ein wenig Applaus erklang.
    »Es gibt jedoch einige Probleme.« Er griff nach einer Wachtel und steckte sie sich ganz in den Mund. Die Menschen verstummten wieder und warteten darauf, dass er die Knochen des Vogels knackte.
    »Knusprig«, stellte er anerkennend fest. »Ein Problem ist, dass ich mich an ein hartes Volk erinnere – ein starkes Volk, ein stolzes Volk. Doch wen finde ich bei meiner Rückkehr vor, verkrochen in ihre Löcher im Schatten der Roshausgipfel? Menschen, die reden, ja, Menschen, die behaupten, sich an die guten alten Tage zu erinnern. Doch sie bleiben hier, innerhalb von Grenzen, von denen ich mich erinnere, dass wir sie durchbrochen haben. Wir haben immer noch ein Heer, nicht wahr?«
    Er nahm sich einen Mann in einer auf Hochglanz polierten Rüstung vor, der ein hochrangiger Offizier sein musste.
    »Du, Herr! Wie viele Männer haben wir unter Tallahos Fahnen?«
    Andere Gäste rückten von dem Mann ab.
    Er räusperte sich. »Mein Fürst, es sind etwa zehntausend.«
    »Zehntausend!«, wiederholte Forger. »Bei der Großen Magie, das sind schon einige. Kein Wunder, dass niemand es je gewagt hat, uns anzugreifen!«
    Er spürte Stolz bei seinen Gästen.
    »Aber warum …« Er wurde ernster. »Warum wagen wir es dann nicht, selbst anzugreifen ?«
    Er ließ seine Worte für einen Moment in der Luft hängen.
    »Wenn ich raten sollte«, er stolzierte über das Podest, »würde ich sagen, es liegt am Schmerz – dem Einzigen auf der Welt, das es wert ist, gefürchtet zu werden! Furcht vor Schmerz hindert uns daran, unsere Möglichkeiten auszuschöpfen. Und nicht nur vor dem Schmerz des Körpers …« Er deutete auf den Offizier, der heulend zu Boden ging. Die anderen wichen weiter von ihm zurück, während er sich wand, und jetzt war die Angst aller mit Händen zu greifen. »… sondern auch vor dem Schmerz des Verlustes, dem Schmerz der Schuld. Furcht vor Versagen, Furcht vor Veränderung! Frustration, Qual – sind diese Dinge nicht mit Schmerz verknüpft? Wie sollen wir dann diese Hindernisse überwinden, diese Barrieren, die uns reglos verharren lassen? Mit der Androhung von noch größerem Schmerz als Strafe?«
    Er stieß die Hände vor. Fäden breiteten sich kräuselnd von ihnen aus, ein wachsendes Netz unsichtbarer Linien. In einer Welle brachen Menschen vor ihm zusammen, geschüttelt von unbeschreiblicher Qual. Forger lachte – er hatte das Gleichgewicht erreicht; die Anstrengung, die ihn seine Einflussnahme kostete, würde durch das, was sie ihm einbrachte, ausgeglichen. Er wurde weder stärker noch schwächer und konnte so bleiben, solange er wollte.
    Ein Tisch kippte um, weil Menschen dagegenstürzten, und feine Speisen verteilten sich auf dem Boden. Einige der Schmerzgeplagten versuchten, aus der Halle zu stolpern, aber mit einer Drehung des Handgelenks schloss Forger die Türen.
    »Mein … Fürst …«, stieß Threver

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