Der Herr von Moor House
gelingen. Innerhalb weniger Sekunden packten ihn die beiden Polizisten und hielten ihn eisern fest.
“Offensichtlich ist seine Schuld erwiesen, Sir”, meinte Crabtree und grinste zufrieden.
“Gar nichts ist erwiesen!”, protestierte Berringham. “Und das wissen Sie, Blackmore. Wenn mich diese Narren in London einsperren, wird man mich im Lauf des morgigen Tages wieder entlassen, weil nicht das Geringste gegen mich spricht.”
“Leider muss ich Ihnen zustimmen”, erwiderte Christian. “Deshalb erhebt sich die Frage, wie ich mich in Zukunft vor feigem Ungeziefer Ihres Kalibers schützen soll. Ich habe nämlich nicht vor, während meines restlichen Lebens dauernd über die Schulter zu spähen und festzustellen, ob irgendjemand hinter einem Baum lauert und mich ermorden will.” Zu Crabtree gewandt, bat er: “Würden Sie mit Ihrem Kollegen unten warten? Ich möchte mit diesem Schurken unter vier Augen sprechen. Später informiere ich Sie über meine Maßnahmen.”
Inzwischen hatte Crabtree die Überzeugung gewonnen, dass Mr Blackmore nicht die Absicht hegte, seinen Feind zu töten. Daran zweifelte Whittle, und er schaute etwas unbehaglich drein. Aber nach kurzem Zögern folgte er seinem Partner aus dem Zimmer.
Auch Berringham fürchtete, sein Leben wäre in Gefahr. Doch er ließ sich seine Angst nicht anmerken, brachte sogar ein höhnisches Lächeln zustande und zeigte auf die Pistole in Christians Hand. “Falls Sie hoffen, ich würde davonlaufen und Ihnen eine Gelegenheit bieten, mich zu erschießen, muss ich Sie enttäuschen, Blackmore.”
Einladend wies Christian auf einen Stuhl, und Berringham setzte sich widerstrebend. “Eine Kugel in Ihrem Kopf wäre nicht die einzige Möglichkeit. Zum Beispiel könnte ich Sie bewusstlos schlagen und den Brandy in Ihren Hals schütten. Oder ich beauftrage jemand anderen, die Drecksarbeit zu erledigen. Übrigens frage ich mich, wieso Sie keinen Meuchelmörder bezahlt haben – einen Experten, der mich sicher schon beim ersten Versuch beseitigt hätte.”
“Weil Sie wissen sollten, wer Sie ins Jenseits befördert!” Berringhams Enttäuschung über seine Fehlschläge war offenkundig. “Wäre diese verdammte Frau nicht dazwischengekommen, hätte ich beim letzten Mal endlich erreicht, was ich schon so lange anstrebte. Drei Mal hat sie Ihnen das Leben gerettet! In jener Nacht hinderte mich ihr Geschrei daran, Ihr Zimmer aufzuspüren, Blackmore. Dann wanderte sie in den Wald, und da ich ihr ausweichen musste, konnte ich keinen gezielten Schuss abgeben. Vermutlich hat sie gestern Nachmittag beobachtet, wie ich mich an der Brandykaraffe zu schaffen machte.”
“Ja, glücklicherweise.” Nun forderte der Schlafmangel seinen Tribut. Christian fühlte sich erschöpft und wollte das Gespräch möglichst schnell beenden. “Wenn Sie auch nur eine Sekunde lang dachten, ich wäre für Louisas Tod verantwortlich, sind Sie verrückt, Berringham.”
“Und für den Tod des Kindes!” zischte Berringham. “Meines Kindes!”
“Mag sein, dass Louisas ungeborenes Baby nicht von mir stammte. Aber von Ihnen ganz sicher nicht.” Als Berringham wütend aufspringen wollte, richtete Christian die Pistole auf seine Stirn. “Bleiben Sie, wo Sie sind. Und hören Sie gut zu, denn ich habe nicht die Absicht, mich zu wiederholen …”
Megan wusste nicht, ob sie für eine Weile eingeschlafen war. Jedenfalls hatte sie die Standuhr in der Halle vier Mal schlagen gehört.
Jetzt erklang sie fünf Mal, und Megan wusste, sie würde es nicht ertragen, noch eine weitere Stunde in ihrem Zimmer auszuharren. Sie zündete die Kerze auf dem Nachttisch an und verwünschte sich, weil sie nicht energischer versucht hatte, Christian zurückzuhalten. Stellte er seinen Widersacher in diesem Augenblick zur Rede? Hoffentlich nicht unbewaffnet … Nein, so leichtsinnig würde er sich niemals verhalten. Immerhin hatte Kent drei Mal versucht, ihn umzubringen.
Sie stand auf und schlüpfte in ihren Morgenmantel. Vielleicht mache ich mir unnötige Sorgen, dachte sie. Christian könnte längst zurückgekehrt sein, und ich hörte ihn nicht an meiner Tür vorbeigehen … In einer Stunde würden die Dienstboten erwachen. Dann wollte sie einen Lakaien ins herrschaftliche Schlafgemach schicken, um herauszufinden, ob Christian friedlich in seinem Bett lag. Oder sollte sie sofort hingehen und selber nachschauen?
Nach einem kurzen Kampf zwischen ihrer Angst und den Geboten der Schicklichkeit ergriff sie die Kerze und
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