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Der Herzausreißer

Der Herzausreißer

Titel: Der Herzausreißer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Vian
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Was habt ihr gerade gemacht?«
    »Wir suchen Kieselsteine«, sagte Citroën.
    »Das macht euch großen Spaß, nicht wahr«, sagte Jacquemort.
    »Sehr großen Spaß«, sagte Noël. »Das spielen wir jeden Tag.«
    »Ich hab ein paar recht schöne gestern auf dem Weg ins Dorf gesehen«, sagte Jacquemort, »aber wie ihr seht, habe ich sie euch nicht mitbringen können.«
    »Och, das macht nichts«, sagte Citroën, »hier gibt’s ja auch genügend.«
    »Das ist wahr«, gab Jacquemort zu.
    Ein kurzes Schweigen trat ein.
    »Es gibt noch eine Menge anderer Dinge auf der Straße«, bemerkte Jacquemort harmlos.
    »Ja«, sagte Citroën. »Es gibt überall eine Menge Dinge, das ist schon wahr. Wir sehen sie durch das Gitter hindurch. Wir übersehen den ganzen Weg bis hinunter zur Biegung.«
    »Ach ja«, sagte Jacquemort, »aber nach der Biegung?«
    »Oh«, sagte Citroën, »nach der Biegung wird es ja wohl das Gleiche sein.«
    »Dort ist das Dorf, etwas weiter unten«, sagte Jacquemort.
    »Mit solchen Jungen wie Jean«, sagte Citroën.
    »Ja.«
    Citroën schien reichlich angeekelt.
    »Er spuckt sich in die Hände«, bemerkte er.
    »Er arbeitet«, sagte Jacquemort.
    »Spucken sich alle, die arbeiten, in die Hände?«
    »Natürlich«, antwortete Jacquemort. »Damit sie den rechten Arbeitseifer kriegen.«
    »Und vergnügen sie sich auch«, fragte Joël, »die Jungen im Dorf?«
    »Sie spielen zusammen, wenn es Zeit zum Spielen ist. Aber sie arbeiten hauptsächlich. Sonst würden sie Prügel bekommen.«
    »Wir«, sagte Citroën, »wir spielen immer zusammen.«
    »Und dann gibt es da auch noch die Messe«, sagte Jacquemort.
    »Was ist das, die Messe«, fragte Noël.
    »Nun ja, das ist ein Haufen Leute in einem Saal, in einem sehr großen Saal, und dann gibt’s da auch noch einen Herrn Pfarrer, der wunderschön verzierte Kleider trägt, und der spricht zu den Leuten, und die werfen ihm dann Steine in die Fresse.«
    »Du sagst unanständige Wörter«, bemerkte Joël.
    »Ist das alles?«, fragte Citroën.
    »Das kommt darauf an«, sagte Jacquemort. »Gestern Nachmittag zum Beispiel hat der Pfarrer eine sehr schöne Vorstellung organisiert. Er hat sich mit dem Küster geschlagen, auf einer Bühne, mit Boxhandschuhen, und sie haben sich gegenseitig Kinnhaken gegeben, und schließlich haben sich alle im Saal gegenseitig verprügelt.«
    »Du auch?«
    »Na klar.«
    »Was ist denn das, eine Bühne«, wollte Joël wissen.
    »Das ist eine Art Fußboden, der etwas in die Höhe gebaut ist, damit alle sehen können. Die Leute sitzen ringsherum auf Stühlen.«
    Citroën dachte nach.
    »Macht man im Dorf auch noch andere Sachen, außer sich zu prügeln?«, fragte er ziemlich befremdet.
    Jacquemort schien unsicher.
    »Du meine Güte«, sagte er, »nein, eigentlich nicht.«
    »Na ja«, sagte Citroën, »dann finde ich, sind wir mit unserm Garten doch viel besser dran.«
    Jacquemort zögerte nicht mehr.
    »Soll das heißen«, sagte er, »dass ihr nun keine Lust mehr habt, hinauszugehen?«
    »Nicht im geringsten«, sagte Citroën. »Wir sind ja schon draußen. Und dann prügeln wir uns ja nicht. Wir haben anderes zu tun.«
    »Und das wäre?«, fragte Jacquemort.
    »Na ja ...«
    Citroën sah seine Brüder an.
    »Kieselsteine suchen«, sagte er schließlich.
    Sie fingen wieder an zu graben und gaben Jacquemort dadurch zu verstehen, dass sie seine Anwesenheit als eher störend empfanden. Jacquemort erhob sich.
    »Macht euch das nichts aus, dass es keine Bäume mehr gibt?«, fragte er sie, bevor er ging.
    »Oh«, sagte Citroën, »es war hübsch, aber das wächst ja sicher alles wieder nach.«
    »Aber wie ist es mit der Baumkletterei?«
    Citroën sagte nichts. Noël antwortete an seiner Stelle.
    »In unserem Alter«, sagte er, »klettert man nicht mehr auf Bäume.«
    Jacquemort war etwas verwirrt und entfernte sich, ohne noch einmal zurückzublicken. Hätte er sich noch einmal umgewandt, hätte er gesehen, wie drei kleine Silhouetten im Steilflug zum Himmel schossen und sich hinter einer Wolke versteckten, um ungestört lachen zu können. Was die Erwachsenen manchmal so daherreden, ist wirklich hirnverbrannt.

21
    28. Oktember
    Jacquemort kam mit großen Schritten zurück; den Rücken gebeugt, den Bart ganz schmal, den Blick starr zu Boden gerichtet. Er verfügte jetzt über eine beträchtliche Opazität und fühlte sich dementsprechend äußerst materiell. Die Sitzungen hatten Fortschritte gezeitigt und auch an Zahl zugenommen; sicherlich würde es jetzt

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