Der Herzog Von Köln
werden sie es auch möglich machen, eine ganze Armee hierherzuversetzen …«
»Tja, harte Zeiten«, bemerkte Tozer und füllte den Weinkelch erneut an. »Erinnert Ihr Euch an die zweite Szene im vierten Akt von König Staleen – ›Wilde Tage, wilde Reiter, Kriegsgestank über der ganzen Welt!‹ Ja! Ich war ein Prophet und wusste es nicht!« Er war nun offensichtlich betrunken.
Falkenmond starrte auf den Betrunkenen und konnte es noch immer kaum glauben, dass er der große Dramatiker Tozer war.
»Ihr wundert Euch über meine Armut«, lallte Tozer. »Das habe ich einigen Zeilen in Chirshil und Adulf zu verdanken. Oh, ungerechtes Geschick! Ein paar Zeilen, in gutem Glauben niedergeschrieben, und – nun – bin ich hier, und der Galgen droht mir. Erinnert Ihr Euch an die Szene? Bedauert mich, Sirs, hängt mich nicht. Vor euch sitzt ein großer Künstler, den sein eigenes Genie vernichtete.«
»Dieser Alte«, warf Bowgentle ein. »Was war er für ein Mensch? Und wo lebte er?«
»Der alte Mann …« Tozer nahm noch einen tiefen Schluck. »Der Alte erinnert mich ein wenig an Ioni in meiner Stahlkomödie, erster Akt, Szene vier …«
»Wie war er?« fragte Falkenmond ungeduldig.
»Er war der Sklave seiner Maschine. Er lebte nur für seine Wissenschaft, versteht Ihr? Alt wurde er bei seiner Arbeit, ohne dass er es bemerkte. Er stellte die Ringe her …« Erschrocken drückte Tozer die Hand vor den Mund.
»Ringe? Welche Ringe?« erkundigte d’Averc sich rasch.
»Ihr müsst mich entschuldigen.« Tozer versuchte, sich zu erheben. »Der Wein war wohl zu schwer für meinen leeren Magen. Habt Mitleid …«
Tozers Gesicht hatte eine grünliche Farbe angenommen.
»Na gut«, sagte Bowgentle. »Ich zeige Euch den Weg.«
»Ehe er geht«, erklang eine neue Stimme von der Tür her, »lasst Euch den Ring geben, den er am Mittelfinger seiner linken Hand trägt.« Die tiefe Stimme klang ein wenig ironisch. Falkenmond erkannte sie sofort und drehte sich um.
Tozer versteckte den Ring unter seiner Hand.
»Was wisst Ihr davon?« fragte er. »Wer seid Ihr?«
»Herzog Dorian hier«, erwiderte die Gestalt und zeigte auf Falkenmond, »nennt mich Ritter in Schwarz und Gold.«
Er überragte alle im Raum, und sein ganzer Körper steckte in einer schwarzen und goldenen Rüstung. Er hob den Arm und deutete auf Tozer. »Gib ihm diesen Ring …«
»Der Ring ist aus Glas, weiter nichts. Er hat keinen großen Wert …«
»Er erwähnte Ringe«, bemerkte d’Averc. »War es denn der Ring, der ihn hierherbrachte?«
Tozer zögerte noch, seine Augen waren glasig vom vielen Wein. »Ich sagte, er ist aus Glas und hat keinen besonderen Wert.«
»Beim Runenstab, ich befehle es dir!« dröhnte der Ritter mit gewaltiger Stimme.
Mit einer ruckartigen Bewegung zog Tozer sich den Ring vom Finger und warf ihn auf den Boden. D’Averc bückte sich danach und besah ihn sich. »Er ist aus Kristall«, sagte er, »nicht aus Glas. Und es ist eine Art Kristall, die wir kennen …«
»Er besteht aus demselben Stoff, aus dem das Gerät gearbeitet ist, das euch hierherbrachte.« Der Ritter in Schwarz und Gold hob eine behandschuhte Hand, und dort an seinem Mittelfinger sahen sie einen ebensolchen Ring wie den Tozers. »Er besitzt die Kräfte, einen Menschen durch die Dimensionen reisen zu lassen.«
»Wie ich dachte!« stieß Falkenmond hervor. »Es war nicht die geistige Kraft, die Euch hierher versetzte. Jetzt ist Euch der Galgen sicher. Woher habt Ihr den Ring?«
»Von dem Alten – von Mygan aus Llandar. Ich schwöre Euch, es ist die Wahrheit. Er hat noch mehr und kann weitere herstellen«, wimmerte Tozer. »Hängt mich nicht, ich flehe Euch an. Ich werde Euch genau beschreiben, wo Ihr den Alten finden könnt.«
»Das ist auch unbedingt erforderlich«, meinte Bowgentle nachdenklich, »denn wir müssen ihn erreichen, ehe die Lords des Dunklen Imperiums ihn entdecken. Wir brauchen ihn und seine Geheimnisse – um unserer Sicherheit willen!«
»Was? Wir sollen nach Granbretanien reisen?« fragte d’Averc überrascht.
»Es dürfte erforderlich sein«, meinte Falkenmond.
4 Flana Mikosevaar
Flana Mikosevaar, Gräfin von Kanbery, rückte ihre Maske aus Goldfiligran zurecht und warf einen flüchtigen Blick auf die anderen Zuschauer im Konzertsaal, die für sie nicht mehr waren als eine farbenfrohe, wogende Masse. Das Orchester in der Mitte des Saales spielte eine wilde und komplexe Weise, eines der späteren Werke von Londen Johne,
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