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Der Herzog Von Köln

Der Herzog Von Köln

Titel: Der Herzog Von Köln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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und schlenderte durch das Tor, in der großen Halle verbeugte er sich vor zwei Männern, die dort am Kamin standen. Falkenmond nickte ihnen zu. »Guten Morgen, Sir Bowgentle – d’Averc, ich habe einen Gefangenen …«
    »Nicht zu übersehen«, murmelte d’Averc, und seine gutgeschnittenen Züge verrieten sein Interesse. »Sind denn granbretanische Krieger an den Toren?«
    »Er ist soweit der einzige, den ich gefunden habe«, erwiderte Falkenmond. »Er behauptet, Elvereza Tozer zu sein …«
    »Tatsächlich?« Bowgentles ruhiges, asketisches Gesicht zeigte Neugierde. »Der Dichter, der Chirshil und Adulf schrieb? Das ist kaum zu glauben.«
    Tozers Hand tastete nach den Riemen seiner Maske. »Ich kenne Euch, Sir«, erklärte er. »Wir unterhielten uns vor zehn Jahren miteinander, nach meiner Aufführung in Malaga.«
    »Ich erinnere mich. Wir sprachen über einige Eurer neuesten Gedichte, die ich sehr bewunderte.« Bowgentle schüttelte den Kopf. »Ihr seid Elvereza Tozer, aber …«
    Tozer nahm die Maske nun ab, und zum Vorschein kam ein ausgezehrtes, verschlagenes Gesicht mit einem stacheligen Bart, der das weiche fliehende Kinn nicht zu verbergen vermochte. Das Auffälligste in diesem Gesicht war die lange Nase. Die Haut machte einen ungesunden Eindruck, und Pusteln hatten sich auf ihr gebildet.
    »Ich erinnere mich auch an Euer Gesicht«, fuhr Bowgentle fort, »nur war es damals voller. Was ist mit Euch geschehen, Sir? Seid Ihr ein Flüchtling, der Schutz vor seinen Landsleuten sucht?«
    »Ah«, seufzte Tozer und warf Bowgentle einen flüchtigen, berechnenden Blick zu. »Vielleicht. Ladet Ihr mich zu einem Becher Wein ein, Sir? Mein Zusammenstoß mit Eurem kriegerischen Freund hat mich durstig gemacht.«
    »Was? Ihr habt gekämpft?« warf d’Averc ein.
    »Um Leben und Tod«, sagte Falkenmond grimmig. »Ich habe das Gefühl, Meister Tozer kam nicht aus Freundschaft zu uns hierher. Er versuchte, sich im Schilf zu verstecken. Ich fürchte, er ist ein Spion.«
    »Und weshalb sollte Elvereza Tozer, der größte Dramatiker der Welt, den Spion spielen?« fragte Tozer in abfälligem Tonfall, der jedoch nicht überzeugte.
    Bowgentle biss sich auf die Lippe und zog an einer Kordel, um einen Diener herbeizurufen.
    »Das müsst Ihr selbst am besten wissen«, erwiderte d’Averc leicht amüsiert. Dann hustete er ausgiebig. »Vergebt – eine leichte Erkältung, denke ich. Es zieht in der Burg …«
    »Ja, ein frischer Wind – das ist es, was ich für mich wünsche«, erwiderte Tozer. »Ein frischer Wind, der uns vergessen lässt, falls Ihr mich versteht …« Er sah sie erwartungsvoll an.
    »Ja, ja«, murmelte Bowgentle hastig und wandte sich dem Diener zu, der eingetreten war. »Wein für unseren Gast«, wies er an. »Wollt Ihr auch essen, Meiser Tozer?«
    »›Das Brot Babels und das Fleisch Marakhans …‹«, flüsterte Tozer verträumt. »›Denn all jene Früchte sind lediglich ….‹«
    »Wir können Euch zu dieser Stunde mit Käse bewirten«, unterbrach d’Averc grinsend.
    »Annala, IV. Akt, V. Szene«, sagte Tozer. »Ihr erinnert Euch an diese Szene?«
    »Ich erinnere mich«, nickte d’Averc. »Ich fand diese Stelle immer schwächer als den Rest.«
    »Einfühlsamer«, konterte Tozer aufgebracht. »Einfühlsamer.«
    Der Diener kehrte mit Wein zurück, und Tozer goss sich selbst den Kelch randvoll. »Die Belange der Literatur«, sagte er, »sind für das einfache Volk nicht immer leicht zu erkennen. In hundert Jahren wird man sehen, dass der letzte Akt von Annala nicht, wie einige dumme Kritiker meinten, kaum durchdacht und schnell dahingeschrieben sei, sondern vielmehr das komplexe Werk erkennen, das es ist.«
    »Ich betrachte mich selbst als Dichter«, sagte Bowgentle, »aber ich muss gestehen, dass auch mir das Wesentliche wohl entgangen ist … Vielleicht wollt Ihr mir erklären …«
    »Ein andermal«, unterbrach ihn Tozer mit einer lässigen Handbewegung. Er leerte den Weinkelch und füllte ihn erneut.
    »Wie wär’s, wenn Ihr uns Eure Gegenwart in der Kamarg erklärt?« forderte Falkenmond finster. »Immerhin hielten wir uns hier für sicher, und jetzt …«
    »Keine Angst«, Tozer nahm einen tiefen Schluck. »Ihr seid es auch jetzt noch sicher hier. Allein kraft meines Geistes versetzte ich mich hierher.«
    D’Averc rieb sich das Kinn und sah skeptisch drein. »Kraft Eures Geistes? Wie dies?«
    »Ein uraltes Können, das mich einer der Meisterphilosophen in den verborgenen Tälern Yels lehrte

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