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Der heulende Müller

Titel: Der heulende Müller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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für die Summe bekäme Huttunen höchstens ein kleines Häuschen oder zwei, drei Arbeits­ pferde mit Geschirr und Wagen. Dennoch war er ge­ zwungen, den Preis zu akzeptieren, da er hier draußen in der Einöde keine besseren Angebote zu erwarten hatte. Die Männer bekräftigten die Abmachung mit Handschlag, und damit war alles perfekt. Happola ver­ sprach, das Geld zu schicken, sobald der Notar seinen Namen unter das Papier gesetzt habe. Er sagte, er werde die Papiere fertigmachen, sowie er wieder in der Stadt sei.
    »Zufällig kenne ich in Kemi einen Notar. Ich müßte mich bloß erst nach eventuellen Hypotheken erkundigen – obwohl ich dir natürlich vertraue, so ist es nicht«, sagte Happola, der mit dem ersten Mühlenkauf seines Lebens sehr zufrieden schien.
    Die Männer erinnerten sich an ihre gemeinsamen Kli­ nikzeiten. Huttunen wollte wissen, wie es Happola ge­ lungen sei herauszukommen.
    Happolas Gesicht verfinsterte sich, als die Rede dar-auf kam.
    »Verflucht noch mal, der Spaß hat mich etliche Jahre meines Lebens gekostet. Die letzten fünf Jahre habe ich in dem Irrenhaus völlig umsonst zugebracht.«
    Er erzählte, er sei nach Ablauf der zehn Jahre zum Arzt marschiert und habe verkündet, er sei in Wahrheit völlig gesund. Er habe seine ganze Geschichte erzählt. Anfangs habe man ihn nicht für voll genommen, doch schließlich, nach Enthüllung seines Doppellebens in der Stadt, habe man ihm geglaubt. Widerstrebend habe man ihn gesundgeschrieben, der Entlassung allerdings Hin­ dernisse entgegengestellt:
    »Als den Kerlen nichts anderes einfiel, haben sie in der Klinik einen Wirtschaftsleiter eingestellt. Der hat gesagt, die Klinik ernährt Gesunde nicht umsonst. Er hat mir eine Rechnung für fünf Jahre hingeknallt und gesagt, wenn ich nicht bezahle, komme ich nicht raus. Dann haben sie mich in ein Einzelzimmer, eine Zelle für Unruhige, gesteckt und mir mit der Zwangsjacke ge­ droht, falls ich nicht bleche.«
    Er habe sich erkundigt, mit welchem Recht man von ihm für die letzten fünf Klinikjahre eine Bezahlung verlange, und zwar für Verpflegung und Behandlung. Daraufhin habe man ihm erwidert, eigentlich bestehe Grund, ihm die Kosten für alle zehn Jahre in Rechnung zu stellen, doch Essen und Aufenthalt der ersten fünf Jahre seien verjährt. So sei er schließlich gezwungen gewesen, für die empfangene Pflege Geld herauszurük­ ken.
    »Die Rechnung war eine Schweinerei. Ein fieser Kerl, der Wirtschaftsleiter. Für das Essen waren fast Gast­ stättenpreise veranschlagt, mit Mittag- und Abendessen und allen möglichen Pflegekuren. Und Miete! Als hätte ich fünf Jahre in einem Hotel logiert! Der ganze Sums mußte auf einen Schlag bezahlt werden. Als ich draußen war, bin ich mit der Rechnung gleich zu einem Anwalt marschiert, die Sache kommt jetzt im Winter vors Land­ bezirksgericht. Aber bezahlen mußte ich trotzdem, und das habe ich gemacht.«
    Happola war wütend. Er ließ sich über das Essen in der Klinik aus.
    »Den Brei habe ich zehn Jahre lang gegessen. Du hast ihn ja abgelehnt, aber ich habe ihn gegessen, und zu welchem Preis, verflucht noch mal!«
    »Viel wert war der Fraß wirklich nicht«, gab Huttunen zu. Er erinnerte sich noch gut an das Grundgericht der Anstalt, einen dicken Haferflockenbrei auf der Grundla­ ge von Futterkorn. Der Brei klumpte und war meist bei der Ausgabe schon kalt. Oft waren Grannen darin.
    »So nehmen sie einen in den staatlichen Einrichtun­ gen aus«, klagte Happola. »Aber zum Glück ist der Ko­ reakrieg noch nicht vorbei. Ich hab’ in Kiiminki an die sechzehn Hektar Wald verkauft. Mit den Moneten hab’ ich die Klinikrechnung bezahlt. Und es ist noch so viel übrig, daß ich dir mit deiner Mühle helfen kann. Ich hab’ in Kajaani einen Käufer dafür, kaufe sie also nicht, um sie stillstehen zu lassen.«
    Huttunen fragte, wie es ihren gemeinsamen Zimmer­ gefährten in der Anstalt gehe. Happola schüttelte den Kopf.
    »Die sind wie immer. Bloß Rahkonen ist Anfang Juli gestorben. Das war der Kerl, der immer von morgens bis abends mit gerunzelter Stirn in der Ecke saß. Eines Abends ist er einfach gestorben, hat nichts gesagt, ist bloß umgekippt, und das war alles. Dafür brachten sie ein paar Tage später einen, der ein bißchen munterer war, so ein Typ, der andauernd über alles lacht. Der Hänfling, erinnerst du dich an den? Der arme Junge hat es sehr schwer genommen, daß du abgehauen bist. Wochenlang hat er gefragt, wann du wiederkommst. Und

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