Der Hexenmeister
verwendeten Holzmesser schnitzt ... den Stab oder den Sprengstock, der Name beschreibt ihn . .. die Lanzette — auch das versteht sich von selbst . .. der Krummstab, ein Lenkinstrument ähnlich dem Stab des Schäfers ... und schließlich die vier Schwerter, eins für den Meister und drei für seine Gehilfen, wenn er sich solcher bedient.«
Mit einem seitlichen, erlaubnisheischenden Blick neigte sich Hess vorwärts, um die Schrift auf den gravierten Instrumenten näher zu betrachten. Einiges davon war ganz leicht zu lesen. So etwa stand auf dem Schwert des Meisters das Wort MICHAEL auf dem Knauf, auf der Klinge aber war, in Richtung von der Spitze zum Heft, zu lesen: ELOHIM GIBOR. Andererseits aber war in die Klinge des Messers mit dem weißen Heft folgendes eingraviert:
Hess wies darauf und dann auf eine andere, aber gleichermaßen verwirrende und unleserliche Inschrift, die sich auf beiden Heftschalen des Stiletts, aber auch der Lanzette wiederholte:
»Was bedeuten diese Inschriften?«
»Bedeuten? Man kann wohl kaum sagen, daß sie heute noch etwas bedeuten. Es handelt sich um weitgehend korrumpierte hebräische Lettern, die ursprünglich verschiedene Gottesnamen bildeten. Ich könnte Ihnen sogar sagen, wie diese Namen einst lauteten, aber die Lettern haben längst keinen Sinngehalt mehr — sie müssen nur einfach da sein.«
»Aberglaube«, sagte Hess, und es fiel ihm dabei sein früheres Gespräch mit Baines ein, in dem er diesem Wares Bemerkung über Weihnachten interpretiert hatte.
»Absolut — im ursprünglichen Sinn des Wortes natürlich. Der Vorgang ist für die ›Kunst‹ so grundlegend wie, sagen wir, die Evolutionslehre und Entstehung der Arten für die Biologie. — Und wenn Sie sich nun hierher bemühen, möchte ich Ihnen noch Einblick in einige andere Aspekte gewähren, die Sie vielleicht interessieren dürften.«
Er ging voraus, diagonal durch den Saal, hinüber zum chemischen Arbeitstisch. Dabei hielt er kurz inne, um mit der Sohle seines Hausschuhs ärgerlich an den Kreidespuren auf dem Parkettboden zu reiben. »Es will mir scheinen, als würde eine moderne Übersetzung des Aphorismus von Paracelsus zitiert«, sagte er, »die lautet: >Man kann heutzutage eben kein gutes Personal mehr bekommene Jedenfalls nicht, um den Boden anständig aufzuwaschen und mit Mop und Scheuerlappen umzugehen . . . Nun, die meisten der Reagenzien hier werden Ihnen sicher vertraut sein, einige von ihnen aber sind doch außergewöhnlich und nur der ›Kunst‹ vorbehalten. Das hier zum Beispiel ist gegen Dämonen geweihtes Wasser, das ich — wie Sie sehen — in großen Mengen benötige. Anfangs muß es auf alle Fälle Flußwasser sein. Der ungelöschte Kalk ist fürs Gerben. Einige Laien, so zum Beispiel de Camp, behaupten, jungfräuliches Pergament< bedeute lediglich, Pergament, auf dem noch nie geschrieben wurde. Das stimmt aber nicht. Alle Grimorien stimmen darin überein, es müsse aus der Haut eines männlichen Tieres sein, das noch nie gezeugt hat, und die Clavicula Salomonis besteht sogar an einigen Stellen auf ›ungeborenem Pergament‹, das also etwa aus der Nachgeburt eines ungeborenen Kindes gefertigt sein muß. Fürs Gerben muß ich auch mein eigenes Salz mahlen, nachdem ich die üblichen Beschwörungsformeln darüber gesprochen habe. Die Kerzen, die ich verwende, müssen aus dem ersten Wachs gezogen sein, das man einem neuen Bienenstock entnommen hat — übrigens müssen auch meine Almadel (Wachspüppchen) aus diesem Material sein. Wenn ich Abbilder und Plastiken brauche, so muß ich sie aus Erde anfertigen, die ich mit bloßen Händen ausgegraben und ohne Zuhilfenahme von Werkzeug zu einer feinen Paste verknetet habe. Und so weiter und so fort.
Ich habe Besprengung und Beräucherung beziehungsweise Parfümierung erwähnt. Die Besprengung erfolgt mit einem Aspergill, einem Bündel Kräuter etwa, wie ein bouquet garni. Die Kräuter müssen je nach dem Ritus verschieden sein, und Sie können sehen, daß ich hier eine ganz schöne Auswahl habe — Minze, Majoran, Rosmarin, Verbena, Immergrün, Salbei, Baldrian, Äsche, Basilikum, Ysop. Bei der Beräucherung sind die am häufigsten verwendeten Duft- und Aromastoffe Aloe, Weihrauch, Muskatblüte, Benzoin oder Jawa-Weihrauch, Storax und so weiter. Auch ist es manchmal nötig, Gestank zu erzeugen — so zum Beispiel bei der Beräucherung einer Keimblase oder Nachgeburt —, und ich habe auch auf diesem Gebiet ein ganz stattliches
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