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Der Hexenmeister

Der Hexenmeister

Titel: Der Hexenmeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Blish
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darauf hinweisen, daß ich unter gewissen Umständen mein Leben bis auf etwa siebenhundert Jahre verlängern könnte und mich daher — wenigstens derzeit — noch nicht allzusehr darum zu sorgen brauchte, was mit mir in der nächsten Welt geschieht. Oder ich könnte auf etwas hinweisen, das Ihnen aus der einschlägigen Literatur sicher längst bekannt ist, nämlich darauf, daß jeder Magier im Grunde darauf hofft, letzten Endes die Hölle zu betrügen und dem Teufel zu entwischen — wie es auch übrigens einigen gelungen ist, die nun stolz als wirkliche Heilige ihren Platz im katholischen Kalender einnehmen.
    In Wirklichkeit aber, Herr Doktor Hess, liegt die Erklärung darin, daß ich glaube, daß mein Ziel das Risiko wert ist. Mein Ziel aber, das, was ich suche, ist etwas, das Sie selbst sehr gut verstehen, und für das auch Sie an Dr. Baines Ihre Seele — oder, falls Sie ein etwas weniger beziehungsvolles Wort bevorzugen: Ihre Integrität — verkauft haben — Wissen !«
    »Hm. Es muß aber doch sicher einfachere Wege geben —«
    »Das glauben Sie doch selbst nicht! Sie vermuten vielleicht, daß es verläßlichere Wege gäbe — wie zum Beispiel wissenschaftliche Methodik —, aber Sie glauben doch nicht wirklich, daß die leichter sind. Ich selbst habe größten Respekt vor wissenschaftlicher Methodik, weiß aber gleichzeitig, daß sie mir die Art von Wissen, nach der ich suche, nicht bringen kann. Auch hier geht es um Wissen darüber, was das Universum ist und wie es funktioniert, aber nicht die Art von Wissen, die ich mir durch exakte Wissenschaft verschaffen kann; einfach deshalb, weil sich die Naturwissenschaften weigern anzunehmen, daß einige der Naturkräfte Personen sind. Nun trifft das aber in einigen Fällen zu. Und ohne mit diesen Personen in Kontakt zu treten, kann ich die Dinge, die ich wissen will, nie erfahren.
    Meine Art der Forschung ist ebenso kostspielig wie der Bau und Betrieb eines riesigen Synchrotrons, Herr Doktor Hess, und es liegt auf der Hand, daß es mir nie gelingen würde, irgendeine Regierung dazu zu veranlassen, meine Arbeit zu finanzieren. Leute wie Dr. Baines aber können das, wenn ich ihrer genug finde — ebenso wie sie ja auch Sie finanzieren.
    Schließlich werde ich möglicherweise für das, was ich gelernt habe, mit einem Juwel zahlen müssen, das mit keinem Geld der Erde zu erkaufen ist. Im Gegensatz zu Macbeth weiß ich, daß man das ›kommende Leben‹ nicht überspringen« kann. Aber selbst wenn’s dazu kommt — und wahrscheinlich wird’s dazu kommen —, so nehme ich mein Wissen mit mir, und es wird den hohen Preis wert sein.
    Mit anderen Worten — wie Sie selbst ja schon geargwöhnt haben: Ich bin ein Fanatiker.«
    Zu seiner eigenen langsam aufdämmernden Überraschung sagte Hess langsam: »Ja. — Ja, natürlich ... ich ja auch.«

 
9
     
    Pater Domenico lag in einem ungewohnten Bett auf dem Rücken und starrte schlaflos zu der rosa Stuckdecke empor. Dies war die Nacht, deretwegen er gekommen war. Wares drei Tage des Fastens, der Reinigung und des Gebets — wahrhaftig eine blasphemische Parodie der von der Kirche vorgeschriebenen Riten, der Intention, wenn schon nicht dem Inhalt nach — waren vorbei, und er hatte erklärt, er sei nun bereit zu handeln.
    Offenbar war er immer noch gesonnen, Baines und seinen beiden abstoßenden Handlangern zu gestatten, der Beschwörung beizuwohnen, aber wenn er je die Absicht gehabt hatte, auch Pater Domenico in die Zeremonie einzubeziehen, so hatte er sich inzwischen jedenfalls eines Besseren besonnen. Das war einerseits zwar enttäuschend, andererseits aber eine große Erleichterung. Pater Domenico hätte freilich an Wares Stelle auch nicht anders gehandelt.
    Aber selbst hier, von der eigentlichen Arena des Geschehens ausgeschlossen und von allen schützenden Dingen umgeben, die er nur aufbieten konnte, konnte Pater Domenico jene Bedrückung spüren, die solchen unheilvollen Taten vorausgeht und die sich mit dem ›toten‹ Wetter vor einem Erdbeben vergleichen läßt. Knapp vor der Anrufung einer der himmlischen Mächte war stets eine ähnliche Stille und Spannung in der Luft, aber nicht mit diesen Oberschwingungen von Bösartigkeit und Katastrophe . . . oder hätte vielleicht jemand, der nicht wußte, was hier gespielt werden sollte, den Unterschied nicht wahrgenommen? Das war an sich schon ein beunruhigender Gedanke, aber jedenfalls ein Gedanke, den man ruhig Bischof Berkeley und den logischen Positivisten überlassen

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