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Der Hexenmeister

Der Hexenmeister

Titel: Der Hexenmeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Blish
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James Blish
    Der Hexenmeister
    Titel der amerikanischen Originalausgabe
    BLACK EASTER
 
    Deutsche Übersetzung von Richard Paul
    2. Auflage
    Copyright (D 1968 by James Blish
    Copyright © der deutschen Übersetzung 1974
    by Wilhelm Heyne Verlag, München
    Printed in Germany 1974
    Umschlagfoto: M. Schmatz, München
     
     

     
    Es ist nicht anzunehmen, daß Aristoteles den Kreis der Erwählten kannte.
    A LBERTUS M AGNUS
1.  Vorbereitung des Operators
     
     
    Der ganze Raum stank nach Dämonen.
    Und es war nicht nur der Raum — was an sich schon ungewöhnlich, aber durchaus nicht einmalig gewesen wäre. Dämonen waren am Monte Albano nicht gerade willkommene Besucher, denn hier wurde — wenn überhaupt — in erster Linie transzendente Magie ausgeübt, eine Magie also, die auf eine innigere mystische Vereinigung mit Gott und seinen beiden Offenbarungen abzielt: der Heiligen Schrift und der Schöpfung. Gelegentlich aber wurde auch zeremonielle Magie ausgeübt. Hier handelte es sich weniger um reine, als vielmehr um angewandte Kunst, aus der sich unmittelbarer Nutzen ziehen ließ. Während solcher Übungen riefen dann die weißen Mönche manchmal einen Demiurgos herab oder sie ließen — noch viel seltener — einen der Gefallenen aufstehen.
    Das aber war schon seit langer Zeit nicht mehr der Fall gewesen, dessen war sich Pater F. X. Domenico Garelli jetzt sicher. Nein, der Gestank lag einfach ganz allgemein in der Luft. Es war offensichtlich etwas, das sich einfach in der Welt ausgebreitet hatte, in der weltlichen Welt, Gottes Welt, einfach im Kosmos . . .
    Und es mußte wohl auch etwas ganz ungewöhnlich Starkes sein, etwas ganz ungewöhnlich Bösartiges, sonst hätte es Pater Domenico wohl ohne Gebet, Ritual, Hellseherei, Instrumente oder Mittelspersonen nicht wahrnehmen können.
    Dem Äußeren nach war Pater Domenico ein ganz gewöhnlicher italienischer Mönch von etwa vierzig Jahren mit dem etwas derben Gesicht seiner bäuerlichen Vorfahren und Schwielen an den Füßen. In Wirklichkeit aber war er ein Kenner der allerhöchsten Klasse, nämlich der Karzisten. Er war allerdings kein ›Sensitiver‹. Es gab auf dem Klosterberg überhaupt keine richtigen Sensitiven. Die gediehen nicht einmal in der Isolierung des Klosters. Außer als Eremiten konnten sie überhaupt nicht existieren. (Das erklärt auch, warum es heute in der Welt überhaupt so wenige von ihnen gibt.)
    Leder knarrte, Pergament raschelte; Pater Domenico klappte das große Stundenbuch zu und rollte das Schriftstück auf, auf dem er seine Berechnungen ausgeführt hatte. Es bestand kein Zweifel mehr: Keiner der weißen Mönche hatte im Laufe der vergangenen zwölf Monate eine Macht der Unterwelt angerufen, nicht einmal einen der niederen Seneschallen. Das hatte er ohnedies geargwöhnt — denn wie hätte ihm ein derartiges Ereignis verborgen bleiben können? —, aber jene Niederschriften, die stets ohne menschliches Dazutun entstanden, bestätigten es. Dieser Hauch des Höllenmundes schwebte wirklich direkt aus der Unterwelt hervor.
    Tief besorgt stützte Pater Domenico seine Ellenbogen auf das geschlossene Buch und legte das Kinn in seine Hände. Was sollte er nun tun? Alles Pater Umberto erzählen? Nein, wirklich, er hatte bisher zu wenig stichhaltige Beweise vorzulegen. Es war also nicht daran zu denken, den Generalvikar mit seinen Verdächtigungen und unbeweisbaren Gewißheiten zu behelligen.
    Wie aber konnte er mehr herausfinden? Er sah traurig zu seiner Rechten, wo die Kristallkugel lag. Es war ihm nie gelungen, darin etwas zu erkennen — wahrscheinlich, weil er nur allzugut wußte, daß das, was Roger Bacon in seinem Werk ›The Nullity of Magic‹ beschrieben hatte, nichts anderes als ein Vorläufer des Teleskops war. Allerdings gab es auf dem Mönchsberg andere, die nicht mit solchem Wissen vorbelastet und so durch historischen Skeptizismus gehemmt waren, und sie übten die Hellseherei in der Kristallkugel mit beträchtlichem Erfolg aus.
    Zu seiner Linken neben dem Buch stand auf einem goldenen Globus eine wunderschöne goldene Statuette des Gottes Pan, die in bedauerlich phallischer Haltung ein kleines Messingteleskop in die Höhe hielt. Das Instrument war aber für astronomische Beobachtungen wertlos und stellte nur den Siegespreis aus einem Wettstreit mit einem zweitrangigen Schwarzen Magier aus Piemont dar. Sollte Pater Domenico die exakte Position der kleineren Jupitermonde (die Positionen nach Galilei konnte er jederzeit den

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