Der Hexenmeister
daneben ein Amboß, auf dem ein Hammer ruhte, der aussah, als würde ihn Ware kaum heben können. Auf der anderen Seite der Esse standen mehrere mit Gradeinteilungen versehene Wannen, die offenbar als Temper- und Abschreckbäder für das glühende Metall dienten.
Zur Rechten der Tür befand sich ein chemischer Laboratoriumstisch mit schwarzer, spiegelnder Platte, in der die üblichen Abwaschbecken eingelassen waren. Auch die sonstige Einrichtung samt allen Tüllen und Hähnen für Leuchtgas, heißes und kaltes Wasser, Vakuum und Druckluft war vollständig vorhanden. Ware mußte sich offenbar alle nötigen Druck- und Unterdruckpumpen selbst eingebaut haben. An der Rückwand über dem Arbeitstisch waren Regale mit Reagenzien, rechts an der Seitenwand gab es ganze Reihen von Trockenpflöckchen. Auf einigen hingen seltsam gewundene Glasgefäße, auf anderen wieder einige Rollen Gummischlauch.
Gleichfalls an dieser Wand, aber etwas näher, stand ein Lesepult, auf dem ein mächtiges Buch in rotem Ledereinband lag. Es war mit einer goldenen Spange über den Schnitt hin verschlossen. Auf dem Buch prangte ein Symbol in getriebenem Gold, aber auf die Entfernung konnte Hess nicht ausmachen, was es darstellte. Rechts und links des Lesepultes standen große Leuchter auf dem Boden, auf denen dicke Kerzen saßen. Diese waren offenbar schon viel gebraucht worden, obwohl es rings entlang den Wänden indirekte elektrische Beleuchtungskörper gab. Auf einem kleinen Schreibtisch in der Nähe des Lesepultes stand eine elektrische Tensor-Lampe. Auf diesem Tisch lag auch ein Buch, kleiner als das rote, aber beinahe ebenso dick. Hess erkannte es sofort: das Handbuch der Chemie und Physik, siebenundvierzigste Ausgabe, das so unvermeidlich in jedes Laboratorium gehörte wie Proberöhren. Gleichfalls auf dem Schreibtisch war eine Reihe von Federkielen und Tintenfässern.
»So, und jetzt können sie etwas von dem sehen, was ich vorhin -die erforderlichen Fähigkeiten nannte«, sagte Ware. »Natürlich verstehe ich mich aufs Glasblasen hinlänglich, um mir mein chemisches Arbeitsgerät weitgehend selbst herzustellen — aber das tut so mancher andere Chemiker auch. Aber im Falle ich zum Beispiel einmal ein neues Schwert brauche« — dabei wies er auf die elektrische Esse — »so muß ich es selbst schmieden. Ich kann nicht einfach in eine Kostümleihanstalt gehen und dort eins kaufen. Auch muß ich ein wirklich gutes Schwert schmieden können. Wie ein moderner Autor einmal irgendwo geschrieben hat: Das einzige wirklich brauchbare Symbol für ein scharfes Schwert ist ein scharfes Schwert.«
»Hm«, murmelte Hess und fuhr fort, sich in dem Saal umzusehen. An der linken Wand, gegenüber dem Lesepult, stand ein langer, schwerer Tisch, auf dem sauber eine ganze Menge länglicher Gegenstände ausgelegt waren, deren Länge zwischen etwa 15 Zentimeter und einem Meter schwankte und die alle ganz fest in rote Seide gewickelt waren. Auf den Einbänden waren Schriftzeichen zu erkennen, aber auch diese konnte Hess nicht entziffern. Neben dem Tisch war ein flacher Degenschrank an der Wand befestigt. Einige Stühle vervollständigten die Einrichtung. Offenbar setzte sich Ware bei der Arbeit nur selten. Den Boden bedeckte edles Parkett, und in der Mitte des Raumes sah man auf ihm noch immer halb verwischte Zeichen und Zeichnungen in farbiger Kreide. Als er das bemerkte, grunzte Ware ärgerlich.
»Die eingewickelten Instrumente sind alle vorbereitet, und ich würde sie lieber nicht bloßlegen«, sagte der Magier und schritt auf den Degenschrank zu, »aber ich habe natürlich immer eine ganze Garnitur von Reservewaffen zur Hand, und die kann ich Ihnen natürlich zeigen.«
Er öffnete die Tür des Schrankes und gab den Blick auf eine ganze Reihe von Klingen frei, die der Größe nach aufgehängt waren. Es waren insgesamt dreizehn. Einige waren ganz offenkundig Schwerter oder Degen, andere wieder sahen wie Ahlen und Schusterwerkzeuge aus.
»Auch die Reihenfolge, in der diese Waffen hergestellt werden, ist von Bedeutung«, sagte Ware, »denn, wie Sie sehen, tragen viele von ihnen Inschriften, und es macht einen Unterschied, mit welchem Instrument diese Inschrift hergestellt wird. Ich habe also mit einem unbeschriebenen Instrument begonnen — diesem hier: der Bolline oder Sichel, eines der am häufigsten gebrauchten Ritualinstrumente. Natürlich weichen die einzelnen Rituale voneinander ab. Das, nach dem ich vorgehe, erfordert, daß man mit einem Stück
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