Der Hexenschwur: Roman (German Edition)
gezogen. Der kleine Körper des Jungen bebte vor Angst, sodass sie ihm schützend den Arm um die Schultern legte. Mit bangem Blick sah sie zu ihrem Mann, der seine Kiefer fest aufeinanderpresste und mit den Zähnen malmte. Er schien Franziskas Blick zu spüren, denn er drehte sich ihr zu und gab ihr mit den Augen ein Zeichen, ruhig zu bleiben. Franziska nickte zaghaft und betrachtete verhalten die derben Eindringlinge.
Johann zählte fünf Soldaten, aber er fürchtete, dass mehr Männer zu der Truppe gehörten. Ihm war klar, dass er nicht einmal zwei Soldaten würde bezwingen können, denn er hatte keine Ahnung vom Kriegshandwerk. Seine einzige Erfahrung waren Prügeleien Mann gegen Mann und Faust gegen Faust. Den Umgang mit einer Waffe hatte er nie gelernt.
Der Soldat, der das Tor aufgestoßen hatte, schien der kleinste und dickste zu sein. Sein Bauch schob sich über den Gürtel mit der Handfeuerwaffe, sodass man den Ledergurt kaum sehen konnte. Sein Haar war dunkel und kurz geschoren. Mit kleinen Augen im verfetteten Gesicht betrachtete er die Pferde und meinte anerkennend: »Solch prächtige Rösser haben sonst nur Hochwohlgeborene.« Er ging einige Schritte auf Johann zu. »Wem hast du sie gestohlen?«, wollte er wissen. Als dieser nicht antwortete, brüllte er: »Hast du deine Zunge verschluckt?«
»Ich habe Pferde gezüchtet, und das sind zwei davon.«
Ungläubig zog der kleine Soldat seine Brauen in die Höhe, doch dann verengten sich seine Augen. »Du denkst wohl, du kannst mich für dumm verkaufen?«
Johann stemmte furchtlos die Hände in die Hüften und erwiderte: »Warum sollte ich lügen?«
»Ich kenne mich mit Pferden aus, und diese beiden sind von der Blutlinie hervorragend. Niemals hat ein Bauer wie du solche Rösser gezüchtet.«
»Doch, das habe ich!«, widersprach Johann mit fester Stimme und blickte ihm unerschrocken in die Augen, als ein hochgewachsener, dünner Bursche mit großen Schritten in die Scheune eilte. Johann konnte in seinem Gesicht kindliche Züge und Wangen erkennen, die noch nicht rasiert werden mussten. Erregt blieb der Bursche vor ihm stehen.
»Du wagst es, meinem Hauptmann zu widersprechen?«, rief er und verpasste Johann ohne Vorwarnung einen Kinnhaken.
Johann hatte mit dem Angriff nicht gerechnet. Er stolperte gegen das Fuhrwerk und fiel zu Boden. Sogleich stand der Bursche über ihm und drosch auf ihn ein. Die Fausthiebe klangen dumpf in seinen Ohren, und er sah kleine Blitze in den Augen. Auch schmeckte er Blut auf den Lippen.
Der dicke Soldat kam grinsend näher und ließ den Jungen gewähren. Erst als Johann laut aufstöhnte und Blut aus Nase und Mund floss, sagte der Dicke: »Er hat es verstanden!«, und zog den um sich schlagenden Burschen von seinem Opfer fort.
Als Franziska Johann stürzen sah, hatte sie laut schreien wollen, aber es kam nur ein Krächzen über ihre Lippen. Benjamin lag weinend in ihren Armen, hielt sich mit beiden Händen die Ohren zu und kniff die Augen zusammen. Franziska dachte an Magdalena und betete, dass ihre Tochter so lang im Wald bleiben würde, bis die Soldaten abgezogen waren.
Lautlos liefen ihr Tränen über die heißen Wangen. Der Schmerz im Hals glich einem Brennen, und sie konnte weder sprechen noch schlucken. Sie zog ihren wimmernden Sohn auf ihren Schoß und presste sein Gesicht gegen ihre Brust. Innerlich verfluchte sie ihren Mann, weil sie seinetwegen losgezogen waren, und gleichzeitig wollte sie ihm das Blut aus dem Gesicht wischen. Sie hatte das Gefühl, einen Alptraum zu erleben, denn Stimmen und Geräusche drangen verzerrt an ihr Ohr. Sie fuhr sich mit der Hand über die feuchte Stirn, auf der sich Fieberschweiß mit Angstschweiß vermischte, als sie aus dem Augenwinkel sah, wie ein weiterer Soldat den Stall betrat. Langsam drehte sie den Kopf und blickte ihm entgegen. Er hatte eng zusammenstehende, stechend blaue Augen, einen Kopf voller schwarzer Locken und eine Narbe, die über seine rechte Wange verlief.
Sein Blick wanderte über ihre Gestalt und blieb an Benjamin hängen, wobei er sich die Lippen leckte. »Jetzt komme ich doch noch zu meinem Vergnügen!«, lachte er, doch seine Augen blieben kalt. Wolllüstig fasste er sich in den Schritt und trat ans Fuhrwerk heran. Er griff Benjamin brutal am Schopf, sodass der Junge aufschrie, und zog ihn dicht an sich heran. »Erst nehme ich mir die Alte vor, und dann kann der Knabe mir zu Diensten sein«, feixte er und stieß den Jungen zur Seite.
Franziska hob abwehrend
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