Der Hexer - GK567 - Als der Meister starb
worden waren.
Und im gleichen Moment stürzte sich Yog-Shoggot mit aller Macht auf das Schiff. Ich fiel, fing den Sturz im letzten Augenblick mit den Händen ab und starrte durch einen Nebel von Blut und Übelkeit zum Achterdeck hinab.
Andara wankte. Der unsichtbare Schild, der ihn bisher vor den Angriffen des Monsters geschützt hatte, war erloschen. Er taumelte, fiel gegen die Reling und versuchte noch einmal auf die Beine zu kommen.
Er vollendete die Bewegung nie. Ein grüner Krakenarm senkte sich auf ihn herab, umschlang seine Brust und riß ihn in die Höhe. Yog-Shoggot brüllte triumphierend. Seine Arme hämmerten auf das Schiff ein, zerbrachen Holz und Metall, zerrten mit Urgewalt an den Masten und rissen die gewaltigen Segel in Fetzen. Die LADY OF THE MIST bewegte sich noch immer, aber jetzt war es die Wut des Dämons, die sie auf die Riffe zujagen ließ. Ihr Rumpf zersplitterte. Ein gewaltiger Riß durchzog mit einem Male das Deck. Die Masten brachen wie Zündhölzer. Meerwasser spülte über die geborstene Reling und riß Männer und Trümmerstücke ins Meer.
Ich wußte nicht, wie lange es dauerte. Sekunden, Minuten, Stunden – mein Zeitgefühl erlosch, und alles, was ich noch spürte, war Furcht. Die LADY OF THE MIST sank in einem Strudel aus Chaos und gestaltgewordener schuppiger Furcht. Yog-Shoggots Tentakel zermalmten das Schiff wie eine Nußschale, zerbrachen Masten, rissen gewaltige Stücke aus dem Rumpf und vernichteten das, was dem Meer und den Riffen entkommen war.
Schließlich ergriff mich eine Welle, riß mich von den Füßen und spülte mich von Bord des sinkenden Schiffes. Ich wurde unter Wasser gedrückt, prallte mit dem Hinterkopf gegen einen Fels und verlor das Bewußtsein.
** *
Kälte. Das war das erste, was ich fühlte, als ich das Bewußtsein wiedererlangte und mich durch einen Sumpf aus Schwäche und Visionen wieder ins Wachsein zurückkämpfte. Ich lag auf einer weichen, nassen Unterlage. Sonnenlicht fiel wärmend auf mein Gesicht, aber die Strahlen vermochten die Kälte, die sich tief in meinen Körper gekrallt hatte, nicht zu verjagen. Ich zitterte. Meine Beine lagen bis über die Knie im Wasser, und mein ganzer Körper fühlte sich zerschunden und zerschlagen an. Ich öffnete die Augen.
Über mir spannte sich ein wolkenloser, blauer Himmel. Der Sturm hatte sich gelegt, und selbst das
Wispern des Windes war verklungen. Alles, was ich hörte, war das leise Geräusch der Brandung.
Ich stemmte mich auf die Ellbogen hoch, sah mich um und schüttelte verwirrt den Kopf. Im ersten Moment hatte ich Mühe, mich darauf zu besinnen, wo ich war und wie ich hierhergekommen war. Das Meer hatte mich auf einen flachen, mit weißem Muschelkalk übersäten Sandstrand gespült, eine winzige, kaum zwanzig Schritt messende Einbuchtung in der lotrecht aus dem Wasser steigenden Steilküste, vor der die LADY zerschellt war. Trümmerstücke und Fetzen von Segeltuch bedeckten den Strand, aber von dem stolzen Viermastsegler war keine Spur mehr zu sehen.
Der Gedanke an die LADY OF THE MIST ließ meine Erinnerungen mit beinahe schmerzhafter Wucht erwachen. Plötzlich erinnerte ich mich an alles – an den Sturm, Yog-Shoggot, sterbende Männer, und an Leichen, die wieder von ihrem Totenbett auferstanden waren ...
Das Knirschen von Sand und Kies unter harten Stiefelsohlen drang in meine Gedanken. Ich sah hoch, blinzelte gegen das grelle Sonnenlicht und erkannte Bannermann. Er trug noch immer die schwarze Öljacke, aber sein linker Arm hing jetzt in einer selbstgebastelten Schlinge, und sein Gesicht war gerötet und angeschwollen,
»Craven!« entfuhr es ihm. »Sie leben!« Er eilte auf mich zu, streckte mir den gesunden Arm entgegen und half mir, auf die Füße zu kommen.
»So ganz sicher bin ich mir da gar nicht«, erwiderte ich verwirrt. Die rasche Bewegung ließ erneut ein starkes Schwindelgefühl in mir aufsteigen. »Wo sind wir?«
Bannermann deutete mit einer Kopfbewegung auf das Meer hinaus. »Eine Meile von der Stelle entfernt, an der die LADY gesunken ist«, sagte er. »Mein Gott, ich dachte, wir wären die einzigen Überlebenden.«
»Wir?« Ein schwacher Schimmer von Hoffnung glomm in meinen Gedanken auf. »Es gibt noch mehr Überlebende?«
Bannermann nickte. »Vier«, sagte er. »Fünf, mit Ihnen. Das ist alles, was von meiner Besatzung übrig geblieben ist. Die Strömung hat uns hierher getrieben. Es ist ein reiner Zufall, daß wir noch am Leben sind.«
»Zufall?« Ich schüttelte den
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