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Der Hexer - GK579 - Das Haus am Ende der Zeit

Der Hexer - GK579 - Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Der Hexer - GK579 - Das Haus am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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auf sechs Beinen auf seinen ausgestreckten Fingern und tastete mit den beiden anderen nach ihrem Gesicht.
    Jennys Verstand drohte endgültig zu zerbrechen, als die haarigen Beine ihre Wange berührten. Es war ein sanftes, kaum spürbares Tasten, eine Berührung fast wie ein zärtliches Streicheln, und trotzdem hatte sie das Gefühl, von einer weißglühenden Flamme ergriffen und berührt zu werden.
    Sie schrie. Ihre Finger glitten ziellos über den Boden, ertasteten etwas Hartes, Großes und schlossen sich darum. Sie handelte, ohne zu denken. Mit einer blitzschnellen, mit der Kraft der Verzweiflung geführten Bewegung riß sie den Stein hoch und schleuderte ihn mit aller Macht.
    Charles versuchte, dem Wurfgeschoß auszuweichen, aber seine Reaktion kam zu spät. Der Stein traf seine Stirn.
    Charles taumelte. Seine Arme fuhren ziellos durch die Luft. Weitere Spinnen fielen aus seiner Kleidung, und für einen Moment konnte Jenny in seinem Gesicht Schmerz lesen, Schmerz und eine tiefe Verzweiflung.
    Dann erlosch der Funke von freiem Willen wieder. Die geistige Fessel nahm wieder Besitz von seinem Bewußtsein, aber er versuchte nicht noch einmal, sich Jenny zu nähern.
    »Warum wehrst du dich?« fragte er leise. »Du fügst dir nur selbst Schmerzen und Angst zu.« Seine Hand wies auf das gewaltige Monstrum, das noch immer reglos an seinem Platz hockte und die Szene aus seinem einzigen, lodernden Auge verfolgte.
    »Er braucht dich«, murmelte er.
    Jennys Schreie wurden zu einem keuchenden, stoßhaften Würgen und Schluchzen. Sie wimmerte, wand sich wie unter Krämpfen auf dem Boden und kroch rückwärts weiter vor Charles und dem Ungeheuer davon, bis sie gegen die Wand stieß.
    »Er braucht deine Lebenskraft«, fuhr Charles fort. »Aber du mußt sie ihm freiwillig geben. Sprich die heiligen Worte!«
    Jenny wimmerte. Sie wünschte sich, zu sterben oder wenigstens das Bewußtsein zu verlieren, endlich aus diesem grauenhaften Alptraum erlöst zu werden, aber sie konnte weder das eine noch das andere.
    »Sprich mir nach!« donnerte Charles. Plötzlich war seine Stimme ein machtvolles; ungeheuer starkes Dröhnen, ein Befehl, der mit solcher Wucht in ihr Denken hämmerte, daß sie erneut aufschrie.
    »Sprich!« donnerte Charles. »Sprich mir nach:
    Shcyyylo! Hgnat ghobm-morrog luh-huuth!«
    Jenny wußte nicht, was die Worte bedeuteten, ob es überhaupt Worte waren in der menschlichen oder irgendeiner anderen Sprache. Sie spürte, wie die Laute auf geheimnisvolle Weise von ihr Besitz ergriffen, wie ein schleichendes Gift in ihren Willen sickerten und ihr Bewußtsein durchtränkten ...
    Und wieder war da etwas in ihr, das Widerstand leistete. Sie wußte nicht, woher sie die Kraft nahm oder ob es überhaupt ihre Kraft war – aber irgend etwas brach den tödlichen Bann, wehrte sich gegen die Worte, ihren unheimlichen, unseligen Klang ...
    Charles erstarrte. Von einer Sekunde zur anderen erlosch der Druck auf ihr Bewußtsein.
    »Gut«, sagte er. »Wie du willst. Es geht auch anders.«
    Sekundenlang geschah nichts. Dann, ganz langsam, begannen sich Spinnen aus seinen Kleidern zu lösen. Erst eine, dann mehr und mehr der schwarzen haarigen Tiere krochen auf Jenny zu, aber keine berührte sie oder kam ihr auch nur nahe. Die Tiere bildeten einen weiten, an einer Seite offenen Halbkreis um sie herum, krochen in ihrem Rücken an der Wand hinauf, hefteten sich mit ihren zahlreichen, mit Widerhaken besetzten Beinen selbst an die Decke.
    Dann begann aus dem Hinterleib des ersten Tieres ein einzelner, glitzernder Spinnfaden zu quellen.
    Aber es war nur der erste von zahllosen ...
    ** *
    Irgendwo, sehr weit entfernt und fast an der Grenze des überhaupt noch Sichtbaren, kreiste eine Anzahl dunkler Punkte. Über dem grünen, von unsicherem grauen Licht beleuchteten Wald schienen sie die meiste Zeit still zu stehen, und die wenigen Male, die sie sich bewegten, hatten ihre Bewegungen etwas seltsam Ruckhaftes. Unter normalen Umständen hätte ich sie für Vögel gehalten, aber jetzt war ich nicht mehr sicher. Seit wir dieses Haus betreten hatten, war nichts mehr so, wie es sein sollte. Und ich wollte auch gar nicht wissen, was die ›Vögel‹ in Wirklichkeit waren.
    Mit einem Ruck löste ich meinen Blick von dem Schwarm dunkler Punkte und wandte mich wieder an Howard. Er war einen Schritt weiter gegangen und abermals stehengeblieben. Sein Atem ging schnell und hörbar schwer. Er war bleich geworden, nicht nur blaß, sondern schneeweiß. Seine

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