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Der Hexer - GK579 - Das Haus am Ende der Zeit

Der Hexer - GK579 - Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Der Hexer - GK579 - Das Haus am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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immer stärker werdenden Angst, drehte ich mich herum. Ich wußte nicht, was ich erwartete – vielleicht das Ungeheuer aus meiner Vision, vielleicht einen Boldwinn, der auf bizarre Weise wieder zum Leben erwacht war ... Es war nichts von allem, nichts von dem formlosen Schrecken, mit dem meine Phantasie die Leere hinter mir füllte. Der Anblick war beinahe banal. Und doch ließ er ein ungläubiges Stöhnen über meine Lippen kommen.
    Unser Eßgeschirr stand noch so da, wie wir es nach der überhastet abgebrochenen Mahlzeit zurückgelassen hatten. Aber es begann sich auf unheimliche Weise zu verändern!
    Die Reste der Speisen auf den Tellern vermoderten. Weißlicher Schimmelpilz bildete sich, wuchs zu wäßrigen, krebsartig verquollenen Gebilden heran und zerfiel, so schnell, daß es aussah, als lebe die wabbelige Masse; auf dem Silber der Schalen und Schüsseln erschienen Flecken, das Porzellan wurde grau und unansehnlich und begann zu reißen. Das Tischtuch zerfiel zu grauem Staub. Es war, als liefe die Zeit vor unseren Augen hunderttausendmal schneller ab als normal ...
    Und die Veränderung beschränkte sich nicht nur auf den Tisch. Wie Kreise, die ein ins Wasser geworfener Stein zieht, breitete sie sich im Raum aus. Der Teppich vermoderte unter unseren Füßen. Die Bücherregale begannen zu knirschen, die Bände zitterten, zerfielen in Sekundenschnelle zu grauem Staub und kleinen, rissigen Fetzen. Mit einem hörbaren Knirschen zerbrach die Kette des Kronleuchters. Howard riß mich im letzten Moment zurück, als das zentnerschwere Gebilde aus Glas und geschliffenem Kristall auf den Tisch herabfiel und ihn zerschmetterte.
    »Mein Gott, Howard – was ist das?« keuchte ich.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Howard. »Und es interessiert mich auch nicht. Wir müssen raus hier – schnell!«
    Das letzte Wort hatte er geschrieen. Eines der Bücherregale an der Südwand brach krachend und polternd zusammen. Das Holz zerbrach unter seinem eigenen Gewicht, bog sich durch, zersplitterte und ließ in einer bizarren Kettenreaktion auch die darunterliegenden Bretter zerbrechen. Wie Dominosteine, die einmal angestoßen worden waren, begannen sich auch die beiden Regale rechts und links davon zu neigen und knirschende, beinahe wie ein schmerzhaftes Stöhnen klingende Laute von sich zu geben. Eine gewaltige Staubwolke quoll hoch und nahm mir die Sicht. Ich hustete, zog angstvoll den Kopf zwischen die Schultern und taumelte blind hinter Howard und Rowlf her. Die Bibliothek verwandelte sich von einem Moment auf den anderen in ein Chaos zersplitternden Holzes, bröckelnder Steine und Lärm und Staub und zitternder Bewegung.
    Auch an der Tür war die furchtbare Veränderung nicht vorübergegangen. Das Holz war grau und rissig geworden, und wo das Schloß gesessen hatte, befand sich nur noch ein formloses Etwas aus braunrotem Rost. Rowlf sprengte es mit einem entschlossenen Fußtritt vollends heraus, warf sich mit der Schulter gegen die Tür und fiel beinahe auf die Knie, als das drei Meter hohe Türblatt schlichtweg aus den Angeln brach und mit einer fast gemächlichen Bewegung nach draußen kippte.
    Nebeneinander hetzten wir durch die Halle. Das Haus veränderte sich weiter, alterte in Sekunden um Jahrhunderte, aber ich achtete nicht mehr darauf, sondern taumelte blind vor Furcht und immer stärker werdender Panik weiter. Kalk und Steine lösten sich von der Decke und schlugen wie kleine tödliche Geschosse rings um uns auf, und etwas traf mich an der Schulter und ließ mich aufschreien. Als wir die Tür erreichten, brach die Treppe ins Obergeschoß mit einem gewaltigen Donnern und Bersten zusammen.
    Howard schrie irgend etwas. Ich verstand ihn nicht, blieb stehen und hustete. Meine Schulter schmerzte höllisch. Rowlf versetzte mir einen Stoß, der mich aus dem Haus und auf die Treppe hinaustorkeln ließ.
    Und im gleichen Moment hörte es auf.
    Das Haus erbebte unter einem letzten, gewaltigen Zucken. Etwas Gigantisches, Körperloses schien für einen Moment hinter uns zu wogen, eine Bewegung wie das wütende Zupacken einer Faust, der das sicher geglaubte Opfer im letzten Moment noch entkommen war. Dann kam das gepeinigte Gebäude zur Ruhe.
    Howard, Rowlf und ich liefen noch ein paar Meter weiter, ehe wir, allesamt schwer atmend und am Ende unserer Kräfte, stehenblieben und mit einer Mischung aus Furcht und Erleichterung zurückblickten. Es hatte aufgehört. Ich brauchte ein paar Sekunden, um mich an den Gedanken zu gewöhnen,

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