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Der Hexer - NR09 - Das Mädchen aus dem Zwischenreich

Der Hexer - NR09 - Das Mädchen aus dem Zwischenreich

Titel: Der Hexer - NR09 - Das Mädchen aus dem Zwischenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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Gewehr über die linke Schulter.
    Nebeneinander gingen die beiden Männer zwischen den verwilderten Grabreihen des kleinen Friedhofes hindurch auf den windschiefen Schuppen zu, der verborgen hinter einer Hecke am jenseitigen Ende des Geländes stand.
    Rowland zog einen übergroßen, rostigen Schlüssel aus der Tasche, sperrte die Tür auf und riß ein Streichholz an, mit dem er die Kerze direkt neben dem Eingang entzündete.
    Der flackernde Lichtschein enthüllte ein Durcheinander von Eimern, Blumentöpfen, Schubkarren, halbfertigen Grabsteinen und verwitterten Platten, unordentlich übereinandergeworfenen Werkzeugen und grauen Leinensäcken. Rowland runzelte die Stirn. Das tat er immer, wenn er den Schuppen betrat.
    Irgendwann, dachte er, würde er diesen Raum, der ihnen gleichzeitig als Umkleideraum wie Werkzeugkammer diente, aufräumen. Aber das nahm er sich schon seit Jahren vor.
    Die beiden Männer zogen sich schweigend um, verstauten ihre Werkzeuge und verließen den Schuppen wieder. Die Dämmerung begann sich wie ein graues Leichentuch über das Land zu senken, als sie das Friedhofstor durchschritten und sich auf der Landstraße nach Osten wandten, dem wenige hundert Schritt entfernten Ortseingang von St. Aimes zu.
    Plötzlich blieb Rowland stehen, klopfte suchend mit der Hand auf die Tasche seiner groben schwarzen Jacke und zog eine Grimasse.
    »Was ist los?« fragte Penwick.
    »Mein Tabaksbeutel«, knurrte Rowland. »Ich muß ihn im Schuppen gelassen haben.« Sein Stirnrunzeln vertiefte sich und wurde ärgerlich. »Ich gehe zurück und hole ihn.«
    »Soll ich mitkommen?« erbot sich Penwick.
    Rowland wehrte mit einer Handbewegung ab. »Nicht nötig. Warum gehst du nicht vor in den Pub und trinkst ein Glas für mich mit? Ich komme nach.«
    Plötzlich verzogen sich seine Lippen zu einem spöttischen Lächeln. »Du brauchst keine Angst um mich zu haben, John«, sagte er. »Die, die da auf dem Friedhof liegen, sind äußerst ruhige Mieter, weißt du? Außerdem kenne ich die meisten.«
    Sein Spott rief einen Ausdruck plötzlicher Sorge auf dem Gesicht Penwicks wach. »Versündige dich nicht«, sagte er ernst. »Niemand sollte die Toten verspotten. Und gib auf die Ratten acht.«
    Rowland lachte gutmütig, wandte sich um und ging mit schnellen Schritten den Weg zurück, den er gerade erst gekommen war.
    Es wurde schnell dunkel, jetzt, als die Sonne untergegangen war und der Seewind die Wolken rascher vor sich her über das Land trieb. Der Kies knirschte sonderbar unter seinen Schuhen, und die Schatten zwischen den regelmäßig dastehenden Grabsteinen schienen an diesem Abend ein wenig tiefer als sonst.
    Rowland ging unwillkürlich schneller, und für einem Moment war es ihm, als höre er noch einmal Penwicks Worte, die ihm zuflüsterten, mehr Respekt vor den Toten zu haben und sich besonders vor den Ratten in acht zu nehmen.
    Rowland vertrieb den Gedanken, zog fröstelnd die Schultern zusammen und lief mit gesenktem Kopf die letzten zwanzig, dreißig Schritte zu dem kleinen Werkzeugschuppen. Er hatte Schwierigkeiten, im Dunkeln das Schloß zu öffnen, und die drei Streichhölzer, mit denen er die Kerze anzünden wollte, brachen nacheinander ab, so daß er es schließlich aufgab und fluchend im Dunkeln herumtastete, bis er seine Arbeitsjacke und den Tabaksbeutel darin gefunden hatte.
    Als er sich aufrichten wollte, verspürte er einen scharfen, reißenden Schmerz in der rechten Hand. Mit einem Fluch fuhr er auf, steckte instinktiv den Finger in den Mund und schmeckte frisches, salziges Blut.
    Einen Moment lang überkam Rowland die bedrückende Vorstellung, daß da irgend etwas vor ihm in der Dunkelheit hockte und nach seiner Hand geschnappt hatte, aber dann siegte sein logisches Denken. Es gab hier drinnen nichts, was ihn beißen konnte. Nicht einmal Penwicks Ratten; fügte er spöttisch in Gedanken hinzu. Der Schuppen war zwar alt und heruntergekommen, aber ringsum abgedichtet, und er achtete streng darauf, daß kein Ungeziefer und Kroppzeug den Weg in sein Inneres fand. Nein – er hatte sich an irgendeinem Werkzeug verletzt, das herumlag. Irgendwann würde er hier drinnen doch einmal für Ordnung sorgen müssen.
    Den blutenden Finger noch immer im Mund, wandte sich Rowland um, verließ den Schuppen und schloß die Tür sorgfältig wieder hinter sich ab.
    Als er sich herumdrehte, sah er das Licht.
    Im ersten Moment glaubte er, einen Schein vom Ort her zu sehen, aber dann wurde ihm klar, daß die Quelle des Scheins

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