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Der Hexer - NR12 - Im Land der GROSSEN ALTEN

Der Hexer - NR12 - Im Land der GROSSEN ALTEN

Titel: Der Hexer - NR12 - Im Land der GROSSEN ALTEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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faustgroße Knauf aus Kristall war unübersehbar. Voller Unbehagen dachte ich daran, wie sehr die Waffe der Dagons ähnelte. Wenn er die falschen Schlüsse zog...
    Sserith streckte die Hand nach mir aus, zerrte mir den Degen aus dem Gürtel und versetzte mir dabei – rein versehentlich, wie mir sein häßliches Grinsen sagte – einen Knuff mit dem Ellbogen, der mir die Luft aus den Lungen trieb. Während ich keuchend um Atem rang, drehte Dagon den Stock zwei-, dreimal unschlüssig in den Händen, warf ihn schließlich mit einem Achselzucken hinter sich und sagte abfällig: »Spielzeug.«
    Wieder machte er eine befehlende Geste, und Sserith packte mich am Kragen und zerrte mich vollends auf die Scheibe. Dann sprang er zu mir hinauf und bugsierte mich unsanft an ihren gegenüberliegenden Rand. Schließlich stieg auch Dagon auf die Scheibe.
    Lautlos hob sich das bizarre Gefährt bis auf Mannshöhe in die Luft, drehte sich einmal um seine Achse und begann, leicht schaukelnd wie ein Boot auf bewegtem Wasser, von der Felswand fortzugleiten.
    »Shadow!« keuchte ich. »Was ist mit Shadow? Ihr könnt sie doch nicht einfach hierlassen!«
    »Sie stirbt ohnehin«, sagte Dagon kalt. »Du übrigens auch, Robert Craven, aber dein Leben kann uns noch von Wert sein. Sie mitzunehmen, würde nicht lohnen.« Er lachte, und es war dieses Lachen, das mich vollends davon überzeugte, es nicht mit einem Menschen zu tun zu haben. Ich hatte niemals in meinem Leben ein so kaltes, unmenschliches Lachen gehört.
    »Wir lassen sie liegen«, sagte er. »Als Futter für die Würmer.«
    »Ihr dürft sie nicht einfach so liegenlassen!« stöhnte ich. »Sie ist ein Mensch, Dagon!«
    »Eben«, sagte er lächelnd.

    * * *

    Die rasende Fahrt dauerte bis lange nach Sonnenuntergang. Weder Sserith noch sein sonderbarer Herr wechselten während der ganzen Zeit ein Wort miteinander oder gar mit mir, und mein einziger Versuch, mich zu erheben und Dagon anzusprechen, wurde von Sserith mit einem rabiaten Fußtritt ziemlich unsanft im Keim erstickt.
    Ich war mir nicht mehr ganz sicher, ob es wirklich klug gewesen war, ihn in seine Schranken zu verweisen. Bittere Erfahrung hatte mich gelehrt, daß es das Beste war, die Rolle des Schwachen zu spielen, solange man in Gefangenschaft war. Ein Wächter, der seinen Gefangenen fürchtet, ist weitaus schlimmer als einer, der ihn verachtet.
    Aber es war ein bißchen zu spät für solcherlei Überlegungen.
    Nach meinem mißglückten Versuch, Dagon noch einmal in den Eisblock zu reden, den er da hatte, wo bei einem menschlichen Wesen das Gewissen war, verbrachte ich den Rest der bizarren Reise mit den beiden einzigen Dingen, die mir zu tun blieben: dem Betrachten meiner Umgebung und Grübeln.
    Weder das eine noch das andere brachte mich indes sehr viel weiter.
    Der Krater bot einen ebenso öden Anblick wie die Ebene hinter seinem Wall. Sein Boden lag ein gutes Stück tiefer als diese, und wo draußen steinhart verbranntes Erdreich gewesen war, lugte hier der blanke Fels durch die Staubschicht, die der Wind herangetragen hatte. Die Steine, die ich sah, wirkten allesamt unnatürlich rund und glatt; wie mit Glas überzogen, was mich auf die sicherlich richtige Annahme brachte, daß der Riesenkrater beim Einschlag eines Meteors entstanden sein mußte.
    Wahrscheinlich hatte der Stein hier gekocht wie dünnflüssiges Wasser, als der himmlische Bote wie eine Götterfaust in die Erde schlug, und wahrscheinlich war die tote Ebene ringsum ebenfalls auf die gewaltige Explosion zurückzuführen. Ich versuchte mir vorzustellen, welche Gewalten nötig waren, einen Krater von mehr als einhundert Meilen Durchmesser zu erschaffen, aber meine Phantasie kapitulierte vor dieser Aufgabe. Wahrscheinlich grenzte es schon an ein Wunder, daß nicht der ganze Planet auseinandergebrochen war.
    Ganz flüchtig erinnerte ich mich an die Theorie eines gewissen Darwin, der gemeint hatte, die großen Echsen der Frühzeit könnten durchaus Opfer einer gewaltigen Naturkatastrophe geworden sein. Vielleicht hatte ich hier den Beweis, nach dem er sein Leben lang gesucht hatte.
    Nicht, daß ich besonders froh über diese Entdeckung gewesen wäre.
    Während die Sonne langsam hinter dem Kraterrand versank und rings um uns das Tageslicht zu verblassen begann, raste die Kristallscheibe weiter dem Zentrum des Kraters zu. Obgleich sie sich mit der Geschwindigkeit eines schnell dahingaloppierenden Pferdes bewegte, flog sie vollkommen erschütterungsfrei und lautlos.

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