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Der Hexer - NR32 - Der Koloss von New York

Der Hexer - NR32 - Der Koloss von New York

Titel: Der Hexer - NR32 - Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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weniger Augenblicke raste das ganze Leben der sterbenden Frau an mir vorüber, nicht in chronologischer Reihenfolge, sondern als irrer Veitstanz auf unbeschreibliche Weise gleichzeitig auf mich einstürmender Eindrücke. Es war das Entsetzlichste, was ich bis zu diesem Moment erlebt hatte – ich nahm am Sterben eines Menschen teil.
    Mit aller Gewalt versuchte ich Furcht und Angst und den immer machtvoller werdenden Griff des großen kalten Bruders des Schlafes aus meinem Geist zu verdrängen und konzentrierte mich auf die letzten Augenblicke, die in diesem erlöschenden Gedächtnis verzeichnet waren. Zuerst spürte ich nur Schmerz, eine unbestimmte Spanne nicht enden wollenden Leides, in dem sie hier gelegen und auf das Ende gewartet hatte. Der Angriff mußte erfolgt sein, kurz nachdem ich das Hotel verlassen hatte, dachte ich schaudernd. Vielleicht hatte er gar mir gegolten, und diese arme Frau und der unschuldige Page draußen waren an meiner Stelle gestorben.
    Ich verscheuchte den Gedanken und zwang das immer schwächer werdende Bewußtsein Mrs. Peddigrews noch einmal, sich an das Entsetzliche zu erinnern. Ganz gelang es ihr nicht – es war nur eine Flut von Bildern und scheinbar zusammenhanglosen Eindrücken, gepaart mit einer solchen Angst, daß ich selbst vor Entsetzen aufstöhnte. Sie war an Priscyllas Bett eingeschlafen, kurz nachdem ich die Suite verlassen hatte, und war durch Lärm geweckt worden, der aus dem Nebenzimmer drang. Ein halberstickter Schrei, dann das Krachen zerberstender Möbel, und dann war etwas Gigantisches, Grünes durch die Tür gebrochen, eine Gestalt, die so absurd war, daß Mrs. Peddigrew vor Unglauben schlichtweg gelähmt gewesen war und nicht einmal hatte schreien können.
    Was danach kam, waren nur noch unzusammenhängende Fetzen, aus denen ich mir nur mit Mühe ein Bild machen konnte. Die Alptraumgestalt hatte Mrs. Peddigrew niedergeschlagen, und sie hatte dagelegen und hilflos mit angesehen, wie sie wie in irrsinniger Raserei das Zimmer verwüstet hatte. Schließlich hatte sie Priscylla vom Bett gehoben und war mit ihr verschwunden. Durch die massive Wand hindurch.
    An dieser Stelle ihrer Erinnerung angekommen, löste ich die geistige Verbindung zwischen uns. Mrs. Peddigrew bäumte sich noch einmal auf, gab einen leisen, sonderbar erleichtert anmutenden Seufzer von sich, und erschlaffte in meinen Armen. Plötzlich begriff ich, daß es nur noch der Einfluß meiner geistigen Kräfte gewesen war, der sie am Leben erhalten hatte. Und daß...
    Vermutlich war das, was ich danach tat, ziemlich dumm, logisch betrachtet. Ich hatte die furchtbare Kraft des körperlichen Soges in ihren Gedanken gespürt, und die Gefahr, daß auch ich ihm erlegen würde, war mehr als nur groß. Aber ich dachte in diesem Moment nicht mehr logisch, sondern handelte rein instinktiv. Mit aller Macht stemmte ich mich dem finsteren Etwas in ihr entgegen, mobilisierte jedes bißchen meines magischen Erbes und versuchte, die finstere Woge zurückzudrängen.
    Und es gelang mir.
    Langsam, unendlich langsam, löste sich der Griff der körperlosen schwarzen Klaue aus ihrer Seele. Es war wie ein lautloses Aufatmen, schnell und unhörbar und unendlich erleichtert.
    Aber als ich die Hand von ihrer Stirn nahm, wußte ich, daß sie leben würde. Ich hätte es in diesem Moment nicht ertragen, mit dem Tode eines weiteren unschuldigen Menschen belastet zu werden, der einfach das Pech gehabt hatte, in meiner Nähe zu sein.
    »Nun?« fragte Howard aufgeregt.
    »Sie wird leben«, sagte ich matt. Ich seufzte, ließ mich vollends neben Mrs. Peddigrew zu Boden sinken und untersuchte sie flüchtig, so weit es mir möglich war. Ihr rechter Arm war gebrochen, und ihr Gesicht sah nicht gut aus, vorsichtig ausgedrückt. Aber sie würde es überleben.
    »Jemand kommt«, sagte Rowlf von der Tür aus, ehe ich antworten konnte. »Beeilt euch lieba.«
    Howard nickte. »Halte ihn auf«, sagte er, ohne zu Rowlf hinüberzusehen. »Also, Bob – was ist hier geschehen?« Er machte eine weit ausholende, flatternde Handbewegung. »Wer war das?«
    »Eine... Frau«, antwortete ich stockend. »Aber auch wieder nicht. Es war...« Ich brach ab, suchte nach den richtigen Worten und fand sie, aber meine Zunge weigerte sich, das Unmögliche auszusprechen.
    »Was soll das heißen, Robert?« fauchte Howard. »War es nun eine Frau oder war es keine?«
    »Es war eine Frau«, sagte ich leise. »Aber sie war... aus Eisen.«
    Howard starrte mich an.

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