Der Hexer - NR42 - Die vergessene Welt
hinterher zu rennen und dich auch noch umbringen zu lassen.« Er schüttelte entschieden den Kopf. »Nein. Du bleibst, wo du bist. Mereda wird entscheiden, was mit dir geschieht.«
Damit wandte er sich um und lief mit weit ausgreifenden Schritten zur Spitze der Kolonne, und ich blieb allein zurück, nur in der Gesellschaft der beiden Sree, deren muskulöse Rücken sich vor mir im Gleichtakt bewegten.
Für den Rest der bizarren Reise versank ich in dumpfes Brüten. Stunde um Stunde zogen wir so durch den Dschungel. Unsere Gruppe wuchs allmählich, denn immer wieder stießen kleinere und größere Trupps von Männern und Sree zu uns, bis wir wie eine regelrechte Armee durch die grüne Hölle marschierten.
Nach einer Weile ging es einen steilen Hügel hoch. Die beiden Sree an den Zugseilen keuchten wie Dampflokomotiven und machten langsam schlapp. Doch Madur wagte es nicht, unsere Eskorte zu verkleinern und Leute zum Ziehen abzustellen.
Der Schlitten holperte und rutschte einen schlammigen Pfad hoch, der in zahllosen Windungen auf einen riesigen Baum zuführte. Es war ein Gewächs, wie es wohl nur in einem von Magie so erfüllten Land wie diesem existieren konnte. Der Stamm war mehr als mannsdick, und seine kaum weniger dicken Äste endeten in riesigen Farnwedeln, die aus fleischigen Büscheln hervorwuchsen. Und dazwischen glitzerte etwas, das ich für Kristalle hielt. Für magische Kristalle, denn ich spürte die Macht, die in ihnen ruhte. Schwach zwar im Vergleich zu der, die ich in dem blauen Riesenkristall im Ancen-Heiligtum gefühlt hatte, aber doch deutlich spürbar.
Vor diesem Baum erwartete uns eine hochgewachsene Frau in einem weiten Umhang, dessen Kapuze sie über den Kopf gezogen hatte. In ihrer Hand trug sie ein langes Schwert, dessen Klinge aus einem sonderbar schimmernden Metall bestand, wie ich es noch nie gesehen hatte.
Die Frau trat Madur entgegen und wechselte ein paar Worte mit ihm. Madur antwortete in eindeutig demütigem Ton und deutete ein paarmal auf mich. Obwohl ich kein Wort von der Unterhaltung verstand, glaubte ich doch zu spüren, wie überrascht Madur war, die Frau hier zu erblicken Schließlich hob sie die Hand, scheuchte Madur und die anderen Bewaffneten mit einer befehlenden Geste beiseite und trat an meinen Schlitten, um eine geraume Weile wortlos auf mich herabzublicken. Auch ich nutzte die Gelegenheit, sie meinerseits aufmerksam zu mustern.
Wie Madur und die anderen Krieger war sie sehr groß, dabei aber nicht von deren knochigem Körperbau, sondern schlank und von großer Anmut. Ihr Haar war schwarz und quoll in unbändigen Locken unter der Kapuze ihres Umhanges hervor. An ihren Händen, die zu schmal und zu zart für das gewaltige Schwert darin waren, funkelten Ringe, in denen winzige Splitter jenes blauen Kristallgewächses eingefaßt waren, das hier allgegenwärtig zu sein schien.
Und es war nicht das erste Mal, daß ich diese Frau sah.
Ihr Gesicht war jenes, das ich erblickt hatte, als ich den Kristall berührte...
»Wer bist du?« fragte sie. »Madur sagt, du behauptest, aus einer... anderen Welt zu kommen?«
»Das stimmt«, antwortete ich zögernd. »Mein Name ist Robert Craven.«
»Robert Craven?« Sie wiederholte den Namen auf eine eher sonderbare Art. »Du hast... zwei Namen?«
Ich nickte. Aus irgendeinem Grunde schien sie der Tatsache, daß ich – wie sie es ausdrückte – zwei Namen hatte, große Bedeutung zuzumessen.
»Das ist so üblich dort, wo ich herkomme«, antwortete ich.
»Zwei Namen«, wiederholte sie. »Und du warst nicht allein. Wo ist deine Begleiterin?«
»Die Ancen-Honks haben sie mitgenommen«, antwortete Madur an meiner Stelle. »Er war närrisch genug, fliehen zu wollen, während wir diese Kreaturen vernichteten. Dabei ist er ihnen direkt in die Arme gelaufen. Um ein Haar«, fügte er hinzu, »hätten sie ihn auch mitgenommen. Ich konnte ihn gerade noch retten.«
»Das hast du gut gemacht, Madur«, sagte die Fremde. Sie wandte sich von mir ab und blickte Madur an. »Ihr habt Gefangene gemacht?«
»Vier Männer ans Ancen«, bestätigte er. »Und eine Anzahl Sree. Aber die haben wir getötet.«
»Bringt die Männer in den Turm«, sagte Mereda. »Du wirst sie später verhören. Möglich, daß sie wertvolle Informationen für uns haben. Diesen da –«
Und damit deutete sie auf mich. »– bringt in den Beschwörungsraum. Ich werde mich persönlich um ihn kümmern.«
Madur zögerte.
»Mißfällt dir etwas an meinem Befehl?« fragte
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