Der Hexer - NR42 - Die vergessene Welt
Tarantel gestochen herum, hob den Arm und starrte ungläubig auf die dunklen Gestalten, die förmlich vom Himmel regneten und mit ihren Schwertern auf die Sree und Krieger von Conden eindrangen. Es waren mindestens fünfzig Echsenwesen, die mit häßlichem Kreischen angriffen. Sie wurden von einem guten Dutzend Männer in dunkelgrünen Uniformen angeführt.
Stahl klirrte auf Stahl, Keulen schlugen gegen Panzer und Knochen, und nicht wenige Sree gingen mit bloßen Fäusten aufeinander oder auch auf die jeweils feindlichen Krieger los. Das Keuchen und Stampfen der Sree, das Klirren von Stahl und die gellenden Schreie der Kämpfenden schwollen an zu einem entsetzlichen Chor. Binnen Sekunden war das Ufer mit toten und sterbenden Sree und Menschen übersät. Nie zuvor hatte ich einen Kampf erlebt, der mit solcher Wut geführt wurde.
Ich wich so weit zum Ufer zurück, wie es überhaupt möglich war, duckte mich hinter eine riesige Wurzel und preßte Sill an mich. Wenn mich einer der Echsenkrieger entdeckte, war ich verloren. Ein einziger Hieb dieser gigantischen Kreaturen mußte tödlich sein.
Der Kampf tobte mit erbarmungsloser Härte. Und langsam, zuerst unmerklich, dann immer schneller, wendete sich das Blatt. Hatte es zuerst so ausgesehen, als würden die Ancen-Krieger die Conden-Leute mit Leichtigkeit hinwegfegen, war die Lage jetzt nicht mehr so offensichtlich. Dafür sorgte vor allem Madur, der wie ein Berserker focht und es jeweils mit drei, vier Feinden zugleich aufnahm. Kämpfen konnte er, das mußte ich widerwillig zugeben. Wenn ich schon entscheiden mußte, dann hätte ich ihn lieber auf meiner Seite gesehen.
Madur mähte mühelos zwei Gegner nieder, die ihn von vorne angriffen, tötete mit einer fast beiläufigen Bewegung einen Sree, der sich von hinten auf ihn stürzen wollte.
»Tenser, wo bist du, du Honk?« brüllte er. »Stell dich zum Kampf, wenn du nicht zu feige bist. Ich forderte dich zum Zweikampf, auf die Ehre meines Turmes!«
Seine Worte brachten den Kampf für einen Moment zum Stillstand. Die Blicke aller Krieger und Sree richteten sich zuerst auf Madur, dann suchten sie den Ancen-Mann, dessen Name Madur geschrien hatte.
Und tatsächlich trat der Ancen-Mann mit gemessenen Schritten vor die Linie seiner Leute. Seine grüne Uniform war zerfetzt und an etlichen Stellen angesengt; eine häßliche Wunde zierte seine Stirn. Sein Blick sprühte vor Haß.
»Den Schwur auf die zerfallenen Steine, die ihr in eurem Größenwahn Turm nennt, kannst du vergessen, Conden-Honk. Du wirst sie eh nicht mehr sehen. Wenn ich deiner Oberhexe Mereda noch etwas ausrichten soll, dann sag es mir gleich. Später wirst du keine Zeit mehr dazu haben!« Damit riß er sein Schwert in die Höhe und drang auf Madur ein.
Doch der Conden-Krieger wich dem Hieb aus. Er machte keine Anstalten, sich mit ihm zu schlagen.
»Ich habe nach Tenser gefragt, eurem Sree-Hauptmann, Usem. Oder glaubst du, ich will mit einem Säugling kämpfen?«
Madurs Spott ließ den anderen vor Zorn aufheulen.
»Stirb«, brüllte er und führte einen Hieb, der einen Elefanten in zwei Teile gespalten hätte. Madur ließ seine eigene Klinge hochschnellen. Obwohl sein Schlag weitaus weniger wuchtiger aussah, prellte er Usem das Schwert aus der Hand. Der Ancen-Mann starrte der Waffe nach, die, sich überschlagend, durch die Luft flog und schließlich im See versank. Es war das Letzte, was er in seinem Leben sah, denn Madur zog sein Schwert mit einer beinahe spielerischen Bewegung herum und stieß ihm die Klinge in den Leib.
Noch während Usem zu Boden sank, stürmte Madur auf die entsetzten Ancen-Krieger los und hieb seinen Leuten mit wuchtigen Schlägen Bahn. Innerhalb weniger Minuten hatte sich das Kampfglück völlig gewendet. Was von den Ancen-Männern und Sree noch auf den Beinen stand, kämpfte plötzlich ein verzweifeltes Rückzugsgefecht. Der Tod ihres Hauptmannes schien ihren Kampfeswillen vollkommen gebrochen zu haben.
Und plötzlich begriff ich meine Chance.
Wenn überhaupt, dann war dies die unwiderruflich letzte Gelegenheit für mich, zusammen mit Sill zu verschwinden. Niemand schien im Augenblick Notiz von uns zu nehmen – was ja auch weiter kein Wunder war, da Freund und Feind (Freund?!) mit Feuereifer dabei waren, sich gegenseitig in ihr Äquivalent der Hölle zu schicken. Kein Mensch und noch weniger eine Echse hatte jetzt noch einen Blick für Sill und mich übrig.
Ich stand auf, warf einen raschen, sichernden Blick nach rechts
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