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Der Hexer - NR45 - Der abtrünnige Engel

Der Hexer - NR45 - Der abtrünnige Engel

Titel: Der Hexer - NR45 - Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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wissen, wohin. Ihre Schritte hallten hohl von den Wänden wider. Das Echo klang beinahe geisterhaft in ihren Ohren, wie ein Laut aus einer fremden, unheimlichen Welt.
    Es dauerte mehrere Sekunden, bis Jennifer Corland erkannte, daß sie nicht nur den Widerhall ihrer eigenen Schritte vernahm.
    Jemand folgte ihr.
    Der Gedanke riß sie in die Wirklichkeit zurück. Plötzlich nahm sie ihre Umgebung wieder bewußt wahr; den Donner, den heulenden Wind, die Kälte und den allmählich einsetzenden Regen. Es war noch weit bis nach Hause. Die Gegend hier war heruntergekommen, aber noch geradezu vornehm im Vergleich mit den Straßenzügen Sohos, wo sie wohnte. Es gab nur wenige Laternen, die in großen Abständen standen. Ihr Licht reichte kaum aus, mehr als vage Schemen wahrzunehmen. Dazwischen waren große, unregelmäßig geformte Bereiche absoluter Dunkelheit – wie lichtlose Abgründe.
    Jennifer wandte den Kopf, doch in dem schummrigen Dämmerlicht konnte sie nicht viel erkennen. Sie hatte den Eindruck, als wäre die Straße leer. Aber das mußte eine Täuschung sein, denn noch immer hörte sie die Schritte.
    Es waren die schweren Tritte eines Mannes; unregelmäßig, taumelnd, als wäre der Mann betrunken. Ein häßliches, gerade noch wahrnehmbares Schaben und Schleifen begleitete die Schritte. Jennifer sah sich mit neu aufkeimender Angst um. Erst jetzt begann sie wirklich zu ahnen, worauf sie sich eingelassen hatte; welche Gefahren einer jungen und zudem noch hübschen Frau wie ihr in einer Gegend wie dieser drohten – nachts und allein. Sie hatte Gerüchte über einen Mörder gehört, der in London umging, diese aber nicht sonderlich ernst genommen. Es wurde viel getratscht, und so etwas waren Dinge, die höchstens immer anderen Menschen passieren konnten.
    Jetzt aber befand sie sich selbst in Gefahr. Sie war mit ihrem Verfolger allein. Wenn wenigstens irgendwo eine Tür wäre, an die sie klopfen konnte, ein Fenster, hinter dem Licht brannte. Aber die Straße war dunkel und verlassen wie eine Schlucht.
    Sie lief schneller. Die Schritte und das Schaben folgten ihr, und mit ihm kroch etwas in ihre Seele, etwas Finsteres, Unaussprechliches, das von Sekunde zu Sekunde stärker wurde und sie mit namenloser Angst erfüllte.
    Immer wieder wandte sie sich um, ohne jemanden zu sehen. Da war ein Schatten, ein verschwommener Umriß, von dem sie nicht einmal sicher war, ob er wirklich existierte oder ob ihr Furcht und Phantasie nur etwas vorgaukelten; ein Schemen, der sich stets am Rande des gerade noch Sichtbaren aufhielt und immer wieder verschwand, wenn sie genauer hinzusehen versuchte.
    Vergessen war Jeoffrey Windham. Jetzt ging es nur noch darum, ihre kleine Dachkammer zu erreichen. Es war der einzige Ort, der ihr Schutz bieten konnte. Sie rannte, so schnell sie nur konnte. Lange würde sie dieses Tempo nicht mehr durchhalten können. Ihr Atem ging keuchend; ihr Herz jagte, und ein stechender Schmerz breitete sich in ihrer Hüfte aus. Ihre Muskeln begannen bereits, sich zu verkrampfen.
    Jennifer tauchte in eine schmale Gasse ein. Sie preßte sich eng an eine Wand. Verputz und Kalk lösten sich unter der Berührung von der Fassade. Irgendwo kollerte ein Stein; eine Katze schrie, ein unheimlicher, angstmachender Laut, der Jennifer einen eisigen Schauer über den Rücken jagte. Gleichzeitig berührte etwas ihr Bein.
    Nur mit Mühe konnte die junge Frau einen Schrei unterdrücken. Was sie berührt hatte, war nur ein herumwirbelndes Zeitungsblatt gewesen; nichts als ein böses Spiel des Windes. Mit aller Kraft zwang sie sich zur Ruhe. Kalter, klebriger Schweiß bedeckte ihre Stirn. Fast eine Minute lang starrte sie angestrengt in die Richtung, aus der sie gekommen war. Von ihrem Verfolger war weder etwas zu sehen noch zu hören. Für einen Moment versuchte sich Jennifer mit aller Macht einzureden, sich getäuscht zu haben. Aber dann trug der Wind ein leises, widerwärtiges Lachen an ihr Ohr. Wie eine Stichflamme loderte die Angst erneut in ihr hoch.
    Sie sah die kleine, gedrungene Gestalt am Ende der Gasse auftauchen. Suchend blickte er sich um, dann trat er in die schmale Lücke zwischen den Häusern.
    Halb wahnsinnig vor Angst rannte Jennifer weiter. Sie wußte nicht, wer der Mann hinter ihr war, was er von ihr wollte und warum. Sie wußte nur, daß etwas Schreckliches geschehen würde, wenn er sie einholte. Das Wissen war einfach da, ein Gefühl, das keine wie auch immer geartete Begründung nötig hatte. Der Mann mußte ein

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