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Der Hexer - NR45 - Der abtrünnige Engel

Der Hexer - NR45 - Der abtrünnige Engel

Titel: Der Hexer - NR45 - Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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Wahnsinniger sein.
    Das Gewitter war näher gekommen. Blitze schienen den Himmel zu spalten und tauchten die Umgebung in regelmäßigen Abständen für Bruchteile von Sekunden in kaltes, bläuliches Licht. Der Donner grollte mit solcher Urgewalt, als stünde der Weltuntergang bevor, aber darauf achtete Jennifer kaum. Ständig wechselte sie die Richtung, tauchte in Gassen ein, hastete über schmutzige Höfe und zwängte sich durch schmale Lücken zwischen Mauerwerk und Lattenzäunen.
    Aber sie konnte ihren Verfolger nicht abschütteln! Im Gegenteil, er holte immer mehr auf. Immer, wenn sie sich umwandte, entdeckte sie ihn schon nach wenigen Sekunden. Wie ein gesichtsloser schwarzer Schatten hatte er sich an ihre Fährte gehängt und folgte ihr mit der Unerbittlichkeit eines Bluthundes.
    Sie war nahe daran, einfach aufzugeben. Ihre Lunge brannte, als atmete sie glühende Lava. Die Seitenstiche waren schmerzhaft wie Dolchstöße. Sie bekam keine Luft mehr.
    Laternen gab es in dieser Gegend nicht mehr, und die Dunkelheit war fast vollkommen. Knotige schwarze Wolkenfäuste hatten die Sterne verschlungen, und auch das höhnische Grinsen des Mondes war erloschen. Nur die immer rascher aufeinanderfolgenden Blitze zeigten Jennifer, wie weit der Fremde noch von ihr entfernt war. Ihr Vorsprung war erschreckend klein. Immer stärker gewann sie den Eindruck, daß der Unheimliche ein grausames Spiel mit ihr trieb. Er hatte bewiesen, daß er sie mit Leichtigkeit einholen konnte. Daß er es noch nicht getan hatte, zeigte, daß er sich an ihrer Angst weidete. Sie fühlte sich wie die Maus, mit der die Katze spielte, ehe sie sie auffraß.
    Mit letzter Kraft torkelte sie weiter, quer über einen kleinen, freien Platz, und, blickte immer wieder wie ein gehetztes Tier über die Schulter zurück.
    Sie lief, bis sie eine eisige Hand spürte, die sie an der Schulter packte und zurückriß. Jennifer wollte schreien, aber unsichtbare Finger schienen ihre Kehle zusammenzupressen. Sie stürzte zu Boden.
    Im gleichen Moment zerriß ein Blitz die Finsternis, und erstmals sah Jennifer das Gesicht ihres Verfolgers. Als sie erkannte, was sich über sie beugte, löste sich endlich der Bann, der sie bislang gelähmt hatte.
    Sie begann gellend zu schreien.

    * * *

    Vor Sekunden war die Nische zwischen den beiden heruntergekommenen Häusern noch leer gewesen, sah man von Schmutz und Unrat und dem schattenhaften Huschen einiger Ratten ab.
    Jetzt stand dort ein Mann.
    Einige Sekunden blieb er völlig reglos stehen, dann bewegte er die Arme; ruckartig und ungelenk, fast, als müsse er sich erst an den Körper gewöhnen und lernen, die Bewegungen zu koordinieren. Zögernd machte er die ersten Schritte und trat aus der Nische heraus.
    Er blickte an sich herab und strich wie prüfend über seine abgewetzte Seemannskleidung, bevor ein zufriedenes Lächeln über sein Gesicht glitt.
    »Bill«, murmelte er ein paarmal, als müsse er sich den Namen erst einprägen.
    Dann eilte er mit anfangs noch mechanisch wirkenden, jedoch von Sekunde zu Sekunde geschmeidigeren Schritten die Gasse entlang. Immer wieder blickte er über die Schulter zurück, als fürchte er, verfolgt zu werden.
    Doch hinter ihm blieb alles ruhig.
    Als er das Ende der Gasse erreichte, konzentrierte er sich kurz. Mit lautlosen geistigen Fühlern tastete er seine Umgebung ab. Sein Gesicht verzerrte sich vor Anstrengung, und für einen Sekundenbruchteil schien seine Gestalt zu schattenhaftem Nebel zu verschwimmen und durchsichtig zu werden.
    Der Körper nahm weichere, fließendere Formen an. Das Haar war mit einemmal fast hüftlang. Dann entspannte sich sein Gesicht wieder, und er wandte sich nach links. Einige Dutzend Schritte weit folgte er der Straße, bevor er erneut eine Abzweigung nahm.
    Bill entdeckte die beiden Gestalten, die sich in eine dunkle Ecke kauerten, bereits von weitem, während sie ihn nicht beachteten. Ohne Hast trat er auf sie zu.
    Die beiden schienen erst auf ihn aufmerksam zu werden, als er dicht vor ihnen stehenblieb. Dann aber strafte ihre rasche Reaktion ihre scheinbare Gleichgültigkeit Lügen und bewies, daß sie ihn schon vorher mindestens so aufmerksam beobachtet hatten wie er sie.
    Ohne Vorwarnung griff der erste an. Gedankenschnell sprang er vor. Seine Faust zuckte hoch.
    Doch er war trotzdem zu langsam.
    Mit einer spielerisch anmutenden Bewegung wich Bill dem Schlag aus, packte seinen Arm und hebelte ihn herum. Sofort ließ er den Mann wieder los.
    Der Unbekannte

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