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Der Hexer von Quin

Der Hexer von Quin

Titel: Der Hexer von Quin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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großen Felsspalt.
    Als Casson zufrieden durch die Dunkelheit zum Lager zurückstolperte, hörte er hinter sich Fauchen und Zischen, Poltern und Krachen, als ob dort unten dämonische Mächte gegeneinander kämpfen würden. Die ersten Sterne begannen zu verblassen. Varamis erwartete ihn neben dem Feuer, das heruntergebrannt war.
    Casson berichtete dem Magier, was er erlebt hatte, trug ihm den Rest der Nachtwache auf und zog wieder die klammen Decken über seine Schultern. Als er aufwachte, befanden sich die Reiter schon wieder im Aufbruch.

5.
    Durch Wälder kleiner Nadelgewächse, mitten durch ein Stück blasenwerfenden Morast, in Schlangenlinien über die Flanken kahler Hügel, zwischen den triefenden Wänden einer engen Schlucht und dann hinaus auf eine freie Fläche führte die steinerne Straße. In jedem Abschnitt war sie gut erhalten, wenn sie auch immer wieder in schwierigen Geländeteilen schmaler und halsbrecherischer wurde. Die Gegend, die sich jetzt vor den Reitern ausbreitete, stellte wahrscheinlich den höchsten Teil der Insel Quin dar. Hoono hob den Arm und rief: »Haltet an! Ihr seht vor euch das hohe Tal, in dem sich Kukuars Reich verbirgt.«
    Die Orhaken formierten sich zu einem lockeren Halbkreis. Die Reiter blickten von ihrem Platz auf ein nebelverhangenes Tal. Nur wenige Einzelheiten waren zu sehen – Berge, deren Hänge von Dschungel bedeckt waren, umstanden als hohe Barriere einen kleineren Tafelberg in ihrer Mitte. Zwischen der steinernen Straße und den Hängen dieses Berges entstanden ständig neue Nebelwände, die aufwärts schwebten und sich dort auflösten. Das Sonnenlicht lag auf den teilweise kahlen Gipfeln der hohen Berge und durchflutete den Nebel im Hochtal und davor, vermochte aber nicht, den Nebel zu durchdringen.
    »Wie lange brauchen wir noch?« fragte Hrobon und stieß mit dem Ellbogen den Jäger an.
    »Vier, fünf Stunden bis zum Tor der Riesensteine.«
    »Und der Nebel?« rief Casson. Yzinda saß teilnahmslos vor ihm im Sattel.
    »Es ist immer Nebel. So schützt sich Kukuar vor den fremden Mächten.«
    »Wir sind keine fremde Macht«, brummte der Heymal ärgerlich, »und er weiß das.«
    Hoono zog die Schultern hoch und winkte Casson. Der Shallad zog am Zügel Minnesangs und setzte sich an die Spitze der Karawane. Die Straße führte fast gerade in den Nebel hinein. Eine Stunde lang trabten die Orhaken über die Steine in stetig dichter werdende Schwaden, zerteilten den Nebel, der sich hinter ihnen wieder schloß. Zunächst ließ noch der heile Sonnenschein die Umgebung erkennen, aber zusehends wurde alles unsichtbar: zuerst verschwanden die Berge, dann die Geländeformationen und die Felder abseits des Weges, schließlich sahen die Reiter nur noch ihren Vordermann und die Platten im Gras unter den Klauen der Orhaken. Casson ließ anhalten.
    »Der Nebel wird dichter!« erscholl seine Stimme. »Nehmt Seile oder Lederschnüre! Bindet jedes Orhako an den Sattel des Vorderen. Jetzt gleich, sonst verirren wir uns!«
    »Denkt an den Nebel der Nacht«, schrie Varamis, verborgen hinter den driftenden und brodelnden grauen Schleier. »Kukuar wird uns abermals prüfen.«
    Schnell trieben die Reiter ihre Orhaken aufeinander zu und knoteten die Seile fest. Zwei Tiere, durch die kochenden Nebelfetzen scheu geworden, rissen sich los und trabten an Casson vorbei, rammten ihn zweimal und schleuderten ihn fast aus dem Sattel. Minnesang hackte mit dem Schnabel wütend ins Leere. Vor Casson und Yzinda verdichtete sich der Nebel, bildete einen Durchlaß, der von zwei Giganten gebildet wurde, deren Köpfe und Schultern sich verformten, und zwischen ihren wuchtigen Körpern sah Casson wenige Augenblicke lang die beiden Orhaken davonstürmen. Er packte das Ende eines Seiles und schlang es um die Schnalle des Sattelgurts.
    »Weiter? Seid ihr fertig?« schrie er.
    Aus dem undurchdringlich gewordenen Nebel kamen undeutliche Stimmen. Langsam bewegte sich das Orhako, das Seil straffte sich, und Casson hörte als einzige Geräusche das Tappen der Klauen und das Fluchen der Reiter. Die Gestalten, aus Nebel geformt, verschwanden und machten anderen Fabelwesen Platz.
    Wieder warnte der kleine Magier.
    »Ich führe euch«, schrie er. Er befand sich auf dem Orhako, das hinter Kußwind ging. »Habt keine Angst! Die Gestalten sollen uns nur erschrecken!«
    Eine andere, barsche Stimme, die Casson nicht erkannte, schrie durch die vielfältigen Geräusche:
    »Aber wir erschrecken nicht.«
    Die Orhaken liefen, ohne

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