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Der Hexer von Quin

Der Hexer von Quin

Titel: Der Hexer von Quin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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sich um die Zügel zu kümmern. Die Seile zwischen den Tieren strafften sich und rissen an den Sätteln. Eine Unruhe bemächtigte sich auch der Reiter. Sie zogen die Waffen. Einige Herzschläge lang überlegte Casson, ob er seinem Orhako die Augen verhüllen sollte – er entschied sich dagegen. Sie befanden sich dicht vor dem Ziel; es war nicht mehr wichtig. Jeder der raumgreifenden Schritte trug sie näher an den Zauberer heran.
    Vor Casson bewegte sich plötzlich die Coltekin. Sie drehte ihren Körper, riß sich aus Cassons Griff los und versuchte, aus dem Sattel zu springen. Casson hielt sie fest, der Sturz hätte sie schwer verletzt. Der wilde Ritt ging weiter, durch einen unerklärlichen Zufall immer noch auf der Straße. Rechts und links von den Reitern tauchten lautlos dämonische Gestalten auf, schreckliche Figuren, die nach den Kriegern und den Tieren griffen und sich auflösten, als die Schnäbel danach schnappten und die Männer mit ihren Waffen zuschlugen. Casson fühlte wieder einen starken Ruck am Sattel, hörte neben sich Hrobon schauerliche Flüche ausstoßen und hob den Kopf. Über ihnen erfüllte die Sonne mit ihrem Licht den Nebel mit einem blendenden Schein; es war, als reite man durch die Flamme einer Kerze.
    »Wo ist Hoono?« schrie Hrobon. Die Köpfe der Orhaken waren von den Reitern nicht mehr zu sehen. Blind stürmten die Tiere vorwärts.
    »Ich habe ihn nicht gesehen«, donnerte Casson zurück.
    Binnen der nächsten hundert Schritte nahm die Verwirrung zu. Sie erreichten einen neuen Gipfel, als sich einige Orhaken losrissen und davontrabten, irgendwo in den undurchdringlichen grauen Nebel hinein. Die Feuchtigkeit schlug sich im Gefieder der Tiere ebenso nieder wie auf dem Haar und der Haut der Reiter.
    Minnesang brach aus, drehte sich mehrmals im Kreis und prallte gegen etwas Dunkles, Hartes, das sich urplötzlich aus dem Nebel herausschälte. Yzinda sprang auf, packte steinerne Vorsprünge in dieser schwarzen Mauer und kletterte herunter.
    Drei Atemzüge später war sie verschwunden, während noch Casson versuchte, den Vogel zu bändigen.
    Schreiend rannte die Coltekin durch den Nebel davon.
    »Hoono!« schrie ein Reiter. Niemand antwortete. Casson entschloß sich, etwas zu tun – er meinte zu wissen, was hier und jetzt geschah. Er kletterte, während sich das Orhako wie rasend gebärdete, aus dem Sattel und war erleichtert, als er unter seinen Sohlen die Steine spürte. Er tappte vorwärts, berührte mit den Händen die Steine und glitt daran entlang nach rechts. Die Mauer mit ihrem rauhen Gestein hörte auf, und Casson fiel förmlich geradeaus durch das unsichtbare Tor.
    Während er vorwärts stolperte, begriff er, daß Hoono und Yzinda auf rätselhafte Weise verschwunden waren.
    Für sie bedeutete die Nähe von Kukuar etwas Besonderes. Sie wurden von den dämonischen Kräften des Hexers angezogen! Auch Varamis, der Magier, konnte nichts daran ändern: die Magie war für ihn zu stark.
    Nach einer Reihe von zögernden Schritten schien es Casson, daß sich der Nebel lichtete. Tatsächlich! Er sah mehr und mehr der Quadrate und Rechtecke und der Grasstreifen dazwischen. Zischend fuhr sein Schwert aus der Scheide, während er zu rennen begann.
    Zwei unterschiedliche Empfindungen und Gedanken beherrschten den Shallad, als er in die Richtung des helleren Lichts hastete.
    Der Quine und die Coltekin hatten sich losgerissen und waren geflohen. Irgendwo dort vorn rannten sie! Der Nebel hatte die Orhaken und ihre Reiter verwirrt; wenn er wich oder wenn andere Bedingungen herrschten, würden sie alle wieder zusammentreffen. Aber dort, wo die Heimstatt des Zauberers sein mußte, dort gingen zweifellos Dinge von unendlicher Wichtigkeit vor. Yzindas Verhalten brachte ihn dazu, hinter ihr herzurennen – sie war ganz anders gewesen. Sie hatte von sich aus gehandelt, sich befreit und selbständig gehandelt.
    Vor Casson wichen die Nebelschwaden auseinander.
    Er sah, ohne alle Einzelheiten zu erfassen, eine großangelegte Burg mit Mauern, vielen Gebäuden, Treppen, Rampen und Türmen vor sich. Sie bedeckte die Kuppe jenes Hügels, der aus der ebenen Fläche des Hochtals emporwuchs. Die steinerne Straße ging in eine Treppe über, die in die Mitte einer Burg aus riesigen Quadern und Felsbrocken hineinführte. Einen Moment lang mußte Luxon an die Felsenstadt Ash’Caron denken, die ähnlich massiv und großartig wirkte wie diese Anlage. Dann entdeckte er die rennende Gestalt der Coltekin auf dem oberen

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