Der Himmel über Garmisch (German Edition)
jetzt?«
Maiche winkte ab. »Was scho? Meinst, der geht zur Polizei? Dass sie eam wegn Wilderei drankriegn?«
»Wenn er verletzt ist und zum Arzt geht, muss der das melden mit der Schusswunde.«
»Schaun mer mal.«
Hias trat näher an ihn heran. »Recht hod’s scho«, sagte er leise mit einem Seitenblick zum Haus, als wolle er sichergehen, dass sie nicht von Reserl gehört wurden. »Besser war’s, wannst nachste Zeit wos anders trogst ois a Flintn.«
Der alte Bauer und sein Knecht sahen sich in die Augen, und schließlich wurde Maiches sturer Blick einsichtig.
»Da«, sagte er und hielt Hias das Gewehr hin. »Pack’s aber gscheit ei.«
Hias nahm die Waffe wortlos an sich und ging zur Scheune.
Magdalena ging ihm nach. Er kletterte die Leiter zum Heuboden hinauf.
»Wo tust du es hin?«, fragte sie.
»In d’ Wand an der oidn Heiklappn«, antwortete Hias, ohne zu zögern.
»Gut«, sagte Magdalena nur. Dort hätte sie das Gewehr auch versteckt. Ein Stück hohle Wand, das damals durch den Stallausbau entstanden war.
»Des passt dem Baurn grod goar ned«, hörte sie Hias von oben sagen, wo er außer Sicht an der Klappe herumhantierte.
»Weiß ich auch«, antwortete Magdalena.
Eigentlich hatte sie etwas sagen wollen wie »Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen«, aber sie wusste, dass solche Feinheiten von Hias nicht gewürdigt wurden.
»Achtest du mit drauf, dass er sie da nicht wieder rausholt?«, fragte sie noch und erhielt als Antwort ein Knurren, das sie als Zustimmung erkannte. »Ich muss jetzt wirklich los«, sagte sie dann. »Und sag Mutter besser nichts davon.«
Ihre letzte Bemerkung verdiente sich bei Hias nicht mal mehr ein Knurren, so selbstverständlich war es für ihn, Reserl da rauszuhalten.
Großvater war im Haus verschwunden, und sie verzichtete darauf, sich extra von ihm zu verabschieden. Sie stieg in ihren Subaru und fuhr vom Hof die schmale Straße hinab ins Tal.
* * *
Balthasar Schwemmer unterdrückte ein Kopfschütteln.
»Burgl, müssen wir das un bedingt beim Frühstück besprechen?«, fragte er leidend und begann den Artikel im Sportteil des Tagblatts noch einmal von vorn.
»Wann denn sonst, Hausl?«
»Später am Tag«, brummte Schwemmer in seine Kaffeetasse.
»Hast du schon mal versucht, einen Ersten Kriminalhauptkommissar tagsüber ans Telefon zu kriegen? Oder auf seinen Anruf gewartet?« Burgl lachte.
»In der Mittagspause. Ich versprech’s dir«, seufzte Schwemmer, aber er wusste natürlich, dass seine Frau recht hatte. Es kam immer etwas dazwischen, wenn er Burgl gerade anrufen wollte. Und wenn er dran dachte, war sie nicht da.
Natürlich hätte sie ihn auf seinem Handy anrufen können, aber sie wusste und respektierte, wie sehr er es hasste, vor Kollegen private Gespräche zu führen.
Also musste die Entscheidung über das Abendessen eben beim Frühstück fallen. Bis zum letzten Jahr hatte es dieses Problem nicht gegeben, da hatte Burgl ihre Praxis betrieben und war froh gewesen, dass er so gern kochte. Aber nun hatte sie die Psychotherapie aufgegeben und lebte das abenteuerliche Leben einer Hausfrau, und ihr liebstes Abenteuer war eben das Kochen.
So musste er also jetzt schon beim Frühstück seine festgefügten Vorstellungen von bayerischer und internationaler Küche gegen die frisch erweckte, vorwärtsstürmende kulinarische Entdeckungslust seiner Gattin verteidigen.
»Heute Fisch, Hausl?« Burgl hatte es zwar als Frage formuliert, aber wenn sie ihn Hausl nannte, wusste Balthasar Schwemmer, dass sie ohnehin nicht mit Widerworten rechnete.
Warum auch?, dachte er. Spricht ja nichts gegen Fisch.
»Passt schon«, antwortete er also, ohne den Blick vom Sportteil zu heben.
»Schön. Also Fischpflanzerl. Und was dazu?«
»Fisch… was ?« Jetzt sah er doch auf. »Bin ich ein Hamburger?«
»Hamburger sind aus Fleisch«, antwortete Burgl.
»Nein, Hamburger sind aus Hamburg. Und essen Fischfrikadellen. Ständig.«
Er hatte im Autoradio auf einer Fahrt zur Staatsanwaltschaft nach München mal ein Stück von einer Hamburger Gruppe gehört, und die Stelle »Dann ess ich auf die Schnelle noch ‘ne Fischfrikadelle« war ihm nie mehr aus dem Kopf gegangen. Seitdem stellte er sich vor, dass der Hamburger sich von nichts anderem ernährte. Er hatte allerdings seit seiner Bundeswehrzeit keinen Hamburger mehr kennengelernt.
»Was schönes Gebratenes! Forelle! Wie wär’s mit Forelle?«, schlug er betont munter vor.
»Forelle hatten
Weitere Kostenlose Bücher