Der Himmel über Garmisch (German Edition)
Abends tatsächlich auf seiner Studentenbude gelandet, wo dann passierte, was in solchen Situationen eben zu passieren pflegt.
Aber das musste ihre Mutter nicht unbedingt erfahren.
Sie hatten ein schönes Wochenende verlebt, hatten sich lustig gemacht über die sturen Köpfe in ihren Familien, die nicht in der Lage waren, mal über ihren Schatten zu springen. Ein Wochenende, mehr nicht. Er war einfach zu klein, dachte Magdalena. Oder sie war zu groß mit ihren einsachtundsiebzig. Aber sie hatten immer Respekt füreinander gehabt, auch später. Sie telefonierten noch miteinander, dann und wann. Als Magdalena vorletztes Jahr ihr Hotel eröffnet hatte, war Vinz zur Einweihungsparty gekommen, vorsichtshalber erst spät, als Maiche und Reserl schon gegangen waren. Ein paar Mal hatte sie sogar Gleitschirmunterricht für Hotelgäste bei ihm gebucht.
Sie sah auf die Uhr. Es wurde Zeit. Sie trank ihren Becher leer und stand auf.
»Ich muss los, Mutter.« Sie küsste sie aufs Haar und ging zur Tür.
»Dass d’ dir den Tag ned schwer werdn lasst«, sagte ihre Mutter und lächelte auf ihre traurige Art.
»Wird schon«, antwortete Magdalena, zog ihre Windjacke über und winkte noch mal, bevor sie aus der Stube trat.
Draußen blinzelte sie in die Frühlingssonne.
Hias trug gerade den Eimer mit dem Hühnerfutter aus der Scheune. Er grüßte sie mit einem respektvollen Nicken. Sie ging zu ihm und wurde dabei von etlichen Hühnern überholt, die sich auf ihre Mahlzeit freuten.
Wie alt ist er eigentlich jetzt?, dachte Magdalena. Auf die siebzig musste er zugehen. Aber seine Konstitution war erstaunlich. Er war mit sechsundzwanzig als Knecht auf den Hof gekommen. Über vierzig Jahre sind das, dachte Magdalena. Natürlich hatte der Großvater nicht mehr so viele Kühe wie vor fünfzehn Jahren, als sie noch den Stall ausgebaut hatten, aber für zwei alte Männer gab es immer noch mehr als genug zu tun. Vor allem wenn einer der beiden sich ständig im Wald rumtrieb.
»Wie geht es dem Großvater?«, fragte Magdalena.
»Nimmt mi nimmer mit auf d’ Jogd«, sagte Hias. »Sogd, i schnauf z’ laut. Dawei triffd der nur nimmer, mit der neien Bruilln.« Hias verzog den Mund zu seinem typischen schiefen Grinsen. »Mochd nix. Ko i länga schlafa.«
»Was war denn das mit dem Schedlbauer Berni?«, fragte Magdalena.
Hias zuckte die Achseln. »Wos treibt der se da rum da drobn? Is Meixner-Woid. Des woaß der a.«
»Hat der Maiche ihn wirklich mit der Flinte bedroht?«
»So hod er’s gsogt.«
Magdalena nickte ihm zum Abschied zu. »Pfüati«, sagte sie und ging zu ihrem Minivan.
So verliefen die Unterhaltungen mit Hias. Er sprach halt nicht gern. Schon gar nicht, wenn er es für unnötig hielt.
Als sie gerade einsteigen wollte, rollte Maiches alter Lada auf den Hof. Magdalena sah auf die Uhr; es wurde Zeit für sie, sie musste um acht im Hotel sein. Aber natürlich wollte sie ihren Großvater begrüßen, bevor sie in den Ort fuhr.
Als Maiche aus seinem Wagen stieg, war Magdalena sofort klar, dass etwas passiert war.
Sie ließ die Tür ihres Wagens wieder zufallen und ging zu ihm hinüber. Ihr Großvater öffnete die Heckklappe, und Sento sprang heraus. Maiche nahm seine Jagdflinte und seinen alten Rucksack aus dem Kofferraum.
»Was schaust du so bös?«, fragte Magdalena. Sento, der sonst immer freudig auf Magdalena zugesprungen kam, schien von der düsteren Stimmung seines Herrn angesteckt. Die Rute zwischen den Hinterläufen schlich er sich außer Sicht.
Maiche sah Magdalena nicht an. »Wilderer«, knurrte er nur und stapfte auf Hias zu.
Magdalena lief neben ihm her. »Wilderer? Und?«, fragte sie.
Er zuckte die Schultern. »Naufbrennt hab i eam eine.«
»Was?« Magdalena blieb fassungslos stehen. »Du hast auf einen Menschen geschossen?«
»A Wuildara«, wandte Hias ein. Für ihn schien das ein Unterschied zu sein.
»In meim Wald«, fügte ihr Großvater noch hinzu. »Und der hod zerscht gschossn. Koane zwoa Meter neben mir hat’s eigschlagn.«
»Notwehr«, sagte Hias.
Maiche brummte nur verächtlich. »I lass ned auf mi schiaßn, scho gar ned in meim Wald.«
»Hast du ihn denn getroffen?«, fragte Magdalena.
»Glaub scho«, sagte Maiche. »Wissn kann i’s fei ned. Is den Hang nunter, zur Klamm. Glebt hat er scho no, glaub i.«
Magdalena ließ entgeistert die Schultern sinken. » Glaubst du?«, sagte sie kopfschüttelnd.
»Der is nunter glaufa . Und dann hod er si hinter am Fels versteckt.«
»Und
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