Der Himmel über Garmisch (German Edition)
Schedlbauer Max eine kaputte Dreschmaschine verkauft und sich geweigert hatte, sie zurückzunehmen.
Magdalenas Vater jedenfalls hatte es geschafft, die Fehde in eine Art Waffenstillstand zu verwandeln, indem er den verblüfften Schedlbauers das Wegerecht für die Zufahrt zu einer ihrer Skischulen zugestand – gegen den heftigen Widerstand seines Vaters Maiche. Die Schedlbauers bekamen eine direkte Zufahrt zu ihrer neuen Geldquelle, und im Gegenzug sagte Konrad Schedlbauer Magdalenas Vater zu, den Streit zu begraben – gegen den Protest seiner Gattin Mirl Schedlbauer, die Maiche Meixner in puncto Sturheit in nichts nachstand.
Das war jetzt neun Jahre her, und die Friedensstifter von damals waren leider beide mittlerweile verstorben.
Magdalena nahm noch einen Schluck Kaffee. Die Schedlbauers waren aber auch ein wirklich unangenehmer Haufen geblieben. Außer Vinzenz, dachte sie.
»De Schedlbauers san aber a wirklich furchtbare Leut«, sagte Reserl und schnitt eine Scheibe von dem gekümmelten Brot ab. »Außer dem junga, dem Vinz, vielleicht.«
»Ja. Aber wenn Großvater in Zukunft jede furchtbare Person mit der Flinte bedroht, kriegen wir eine Menge Spaß«, sagte Magdalena. Sie nahm die Brotscheibe, strich dick Butter darauf und säbelte ein Stück vom Speck ab.
»Der wird aber a immer noch sturer«, sagte Reserl. »Des hab i ma ned vorstelln kenna, dass des geht. Und beinah jeden Tag in sein Wald. Sakra, der is fünfundachzge … Wenigstens hat er den Hund dabei. Aber der Sento werd ja a ned jünger.«
Magdalena lachte leise und biss in ihr Speckbrot. Natürlich war Großvater über die Jahre langsamer geworden und die Brille dicker, aber körperlich war er noch sehr gut beieinander. Von seinem Wald würde er jedenfalls nicht lassen, solange sein alter russischer Geländewagen ihn hintrug.
»I woaß a gar ned, was der Berni da zum Sucha ghabt hätt«, sagte Reserl. Sie hatte das Geschirr weggeräumt und nahm nun den Korb Kartoffeln heraus, um sie für das Mittagessen vorzubereiten.
»Vielleicht will er noch eine Skischule aufmachen und sucht nach einer günstigen Zufahrt«, sagte Magdalena. Sie schloss die Augen und nahm einen Schluck aus ihrem Becher.
»Da is der beim Maiche aber grad an den Rechten gratn. Bis heut woaß i ned, wia dei Vater des angstellt hat, dass der Oide den Schedlbauers des Wegrecht geben hat. Muass mi ja a schon zsammreißn, wenn mia de Mirl untn im Ort übern Weg laft. I grüaß immer artig, aber mei Freundin werd die nimmer. Und die Nanni, die Tochter …« Reserl brach ab. Mit einem Kopfschütteln nahm sie die erste Kartoffel aus dem Korb und begann, sie auf ihre ruhige, sorgfältige Art zu schälen.
Magdalena sagte nichts. Nanni war wirklich eine grauenhafte Person. Snobistisch, arrogant und dumm. Und geldgierig. Sie achtete sehr darauf, dass man im Ort genau über sie informiert blieb. Seit einigen Monaten war ihre Verlobung mit Ludwig Allensteiner das eingehend diskutierte Thema. Ludwig war der Sohn von Leopold Allensteiner, dem Besitzer der Kunststofffabrik in Kaltenbrunn, und eigentlich hatte jeder Mitleid mit dem armen Viggerl. Nicht nur, dass er mit seinen neunundvierzig Jahren mehr als zwanzig Jahre älter war als seine Verlobte, er litt auch an einer fast krankhaften Schüchternheit und würde seiner zukünftigen Gattin wohl hilflos ausgeliefert sein. Niemand, der die beiden kannte, zweifelte daran, dass sie ihn nur wegen seines Geldes nahm.
»Du hast ja verzählt, der Vinz sei a ganz a Netter«, sagte Reserl. »Obwohl man sich des kaum vorstelln kann. Wo sei Bruder, der Berni, so a Fieser ist. Den hams ja sogar mal verhaftet.«
»Großvater auch«, sagte Magdalena.
»Ach, was redst denn da! Des is so lang her!«
Magdalena griff nach der Thermoskanne und schenkte sich Kaffee nach. Maiche hatte einen der Schedlbauers derart vermöbelt, dass die Polizei eingeschritten war. Es war wirklich lange her, aber es war passiert. Zwei Generationen später war jetzt Berni Schedlbauer der Mann mit dem schlechten Ruf.
Sein jüngerer Bruder Vinzenz war von ganz anderem Charakter. Magdalena war in der Schule zwei Klassen unter ihm gewesen und hatte ihn still angehimmelt, immer mit schlechtem Gewissen ihrer Familie gegenüber. Aber er hatte so schöne Augen. Später hatte sich ihre Mädchenverliebtheit zwar gelegt, aber als sie sich ein paar Jahre später in einer Kneipe über den Weg liefen, in Tübingen, wo Magdalena ihre Freundin Daggi besucht hatte, da waren sie am Ende des
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