Der Himmel über Garmisch (German Edition)
mitkommen? Ein bisschen Bewegung?«
Zettel nahm einen großen Schluck Bier und wischte sich den Mund ab. »Ich weiß nicht. Wirklich nicht. Wann wollen Sie denn los?«
»Ach, Sie kennen doch meinen Mann. Nicht vor dem Aufstehen, würde er sagen.«
»Ja. Das würde er sagen …« Zettel lachte, und Burgl fiel auf, was für eine attraktive Frau sie war, wenn sich ihre Züge entspannten.
»Ich glaube kaum, dass ich ihn vor elf aus dem Haus kriege«, sagte Burgl. »Soll ich Sie anrufen?«
»Ja … ja, rufen Sie mich doch an.« Sie hob ihr Glas und sah es skeptisch an. »Mal schaun, wie viele ich davon heute weglassen kann.«
»Vielleicht fangen Sie damit an, den Schnaps wegzulassen«, sagte Burgl.
Karin Zettel nickte und trank von ihrem Bier. »Versuchen kann man’s ja mal«, sagte sie.
***
Vils war die letzte Abfahrt vor dem Grenztunnel nach Füssen. Hardy hielt auf dem Parkplatz eines Ladens namens Motor-Treff. Die Sonne war noch nicht untergegangen, aber hier im Schatten der Berge war es schon dämmrig.
Stavros meldete sich sofort. »Ich wollte dich gerade anrufen«, sagte er. »Vor ein paar Minuten hat er sich bewegt, aber nicht sehr weit. Musau heißt das Kaff. Die Adresse ist Saba 125.«
»Wie bitte?«
»Saba. Wie die Königin.«
»Alles klar.«
»Brauchst du mich noch?«
»Weiß ich noch nicht.«
»Eyh, Hardy, bitte, ich kann nicht schon wieder den ganzen Abend hier rumhängen.«
»Setz es auf die Rechnung, verdammt noch mal. Haben wir jemals was geschenkt haben wollen?«
»Ja, aber wann krieg ich das Geld? Wenn ich Gunther damit komme, wird er wissen wollen, für wen ich das gemacht hab. Und er ist jedes Mal sauer, wenn er für euch bezahlen soll.«
»Gunther ist sauer?«
»Ja, als ob ich da was für könnte.«
»Ich spreche mit ihm.« Hardy steckte das Gerät ein und tippte die Adresse ins Navi.
»Wieso ist Gunther sauer?«, fragte Ula.
»Weil er unsere Rechnungen bezahlen soll. Sagt Stavros. Wir wollen das nicht überbewerten.« Er startete den Motor und fuhr los. Das Navi schätzte die Fahrtzeit auf fünf Minuten und lag richtig. Neben der Landstraße lag eine Ansiedlung. Ihr Ziel fanden sie dahinter, versteckt hinter ein paar Bäumen. Ein kleines, allein gelegenes Haus, das ziemlich romantisch gewesen wäre, hätte nicht am Hang darüber die Fernpassautobahn gerauscht. Reagans 3er stand in der Einfahrt neben einer voluminösen Ducati. Weiter hinten auf dem Grundstück stand ein weiterer Wagen unter einer Plane. Der Rasen war lange nicht gemäht worden.
»Vielleicht ist es besser, du bleibst erst mal im Auto«, sagte Ula, als er den Motor abgestellt hatte.
Er sah sie an, leicht amüsiert über ihren entschiedenen Ton.
»Kommt nicht in Frage«, sagte er.
»Ich dachte, ich soll mit ihm reden?«
»Das sollst du auch. Aber wir haben keine Ahnung, was da drinnen vorgeht und wer dir die Tür aufmacht. Da bin ich lieber in der Nähe.«
»Okay«, sagte sie und stieg aus. Ohne zu zögern, ging sie auf das Haus zu.
Hardy griff unter das Armaturenbrett und zog die 22er Taurus aus ihrer Halterung, bevor er ihr folgte.
Die Vorhänge waren zugezogen, aber man konnte Licht schimmern sehen. Dumpfe Rockmusik dröhnte.
»Was singen die da?«, fragte Hardy.
»Irgendwas mit ›Held für ewig‹ und ›Stalingradkämpfer‹ hab ich grad verstanden«, sagte Ula.
Die Haustür war an der Seite unter einem Vorbau. Ein namenloser Klingelknopf aus verwittertem Plastik wirkte wenig vertrauenerweckend.
»Warte mal«, sagte Hardy, bevor Ula draufdrücken konnte.
Er sah sich um und entdeckte eine kleine Überwachungskamera an einem der Balken, die den Vorbau trugen. Sie filmte in Richtung Straße. Er stellte sich hinter der Kamera auf und bedeutete Ula zu klingeln. Als sie auf den Knopf drückte, war drinnen weder ein Klingeln noch eine Reaktion zu hören. Die Musik dröhnte weiter. »Stalingradkämpfer in eisiger Schlacht, das Ritterkreuz ist für dich gemacht, dein Stolz und dein Herz für Deutschlands Macht …«
Ula versuchte es erneut – mit dem gleichen Resultat. Schließlich hämmerte sie mit ihrem Schlüsselbund lange gegen die Butzenscheiben. Die Musik verstummte. Schritte kamen auf die Tür zu.
»Wer ist da?«, fragte eine Männerstimme.
»Ich bin die Schwester von Reagan. Ich muss mit ihm sprechen.«
»Wie kommst drauf, dass der hier ist?«, fragte die Stimme.
»Sein Auto steht vor der Tür.«
Es entstand eine Pause. »Keine Ahnung, ob der mit dir reden will.«
»Frag ihn
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