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Der Hochwald

Der Hochwald

Titel: Der Hochwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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da es Niemanden einfallen werde, weiter nach Mädchen zu fragen, wenn der Gebieter der Burg in ihren Händen sei. Felix, trotz der Bitten der Schwestern und des Vaters, konnte nicht bewogen werden, sich von letzterem zu trennen. Was die beweglichen Güter, Geld und Geldeswerth, anlangte, eröffnete ihnen der Freiherr, daß er dasselbe dem Schooße der Erde anvertraut habe, und daß, wenn man von dem Muttergottesbilde an der großen Buche im Wittinghauser Forste abwärts stiege, und den Stein der neunten Stufe aufhöbe, dort in einer blechernen Kapsel sich Auskunft darüber vorfände. Er eröffnete ihnen dieses, falls Gott etwas Menschliches über ihn verhänge. - Mitwisser seien übrigens nur noch Felix und der Ritter.
    Und somit, schloß er, mögen sie ihn durch unmäßige Trauer nicht betrüben: ihr größter Schutz sei ihre Einsamkeit. Er lasse ihnen drei Knechte zurück, welchen sie jede Art Aufträge hinsichtlich des Herbeischaffens von Lebensmitteln ertheilen könnten, Gregor's zweiter Enkel werde von Zeit zu Zeit Botschaften zwischen hier und Wittinghausen tragen, und nebst Andern unter der Leitung Gregor's stehen, daß, sobald sich etwas Verdächtiges an der Waldgränze ereigne, es demselben sogleich angezeigt werde; denn er besitze Mittel in seiner Kenntniß der Wälder, sie immerhin zeitweise an Orte zu führen, wo sie vor einer vorübergehenden Gefahr sicher wären. Zu ihrer noch größeren Beruhigung lege er ihnen außer der gänzlichen Abgeschiedenheit noch die feste Lage ihres Hauses vor Augen: rückwärts ist die unzugängliche Seewand, links des Hauses stürzt der Blockenstein mit einem vorspringenden Pfeiler senkrecht in das Wasser, @und rechts, wo der See umgangen werden könne, ist der Paß durch eine künstliche Seebucht abgegraben, und noch durch einen Verhau der größten Tannen geschützt, so daß der Zugang nur über den See möglich ist. Selbst für den Fall, daß sich ein Haufe bis in diese Einöden verschlüge, wisse Gregor einige Stunden von hier in den höchsten Klippen, nur ihm zugänglich, eine Höhle, wo er sie verbergen könnte, bis die Gefahr vorüber. Zwei Flöße, ein größerer und kleinerer, auf jedem ein kugeldichtes Häuschen, stehen zu ihrer Verfügung, aber nie soll einer am jenseitigen Ufer selbst nicht für Augenblicke liegen bleiben, auch sollen sie die Spaziergänge nie über ihren Rasenplatz zwischen See und Felsenwand ausdehnen, ohne daß sie Gregor davon in Kenntniß setzen, oder er sie begleitet. Sei auch alle diese Vorsicht übertrieben, so diene sie zu seiner Beruhigung, daß er sich nicht sagen dürfe, er habe etwas vergessen, was vielleicht Noth thäte. Gegen wilde Thiere brauchten sie ohne Furcht zu sein; das sei das Merkwürdige dieser Wälder, daß man nie in ihnen einen Wolf getroffen; Luchse seien höchst selten, und nur in den dichtesten Beständen - und wenn ja ein Bär sie ansichtig würde, so sei er ein zu gut geartet Thier, als daß er nicht vor ihnen auf das Eiligste davonliefe, dieß habe er selbst in seinem langen Leben wohl ein Dutzendmal gesehen - zudem sei ihnen Gregor's Büchse immer zur Hand. So, denke er, seien sie hinlänglich geschützt, wenn nicht ein Wunder geschieht, und dieses stehe in Gottes Hand, die uns hier und überall erreichen kann. Dann trug er ihnen noch auf, vorsichtig mit dem Lichte umzugehen, da alles von Holz sei; deßwegen habe er auch die Küche abseit des Hauses in das steinerne Häuschen verlegt, damit von dieser Seite keine Gefahr entstehe. In der Kiste, die noch im Speisezimmer stehe, finden sie Stoffe von Seide, Wolle und Linnen; sie mögen zerschneiden und verarbeiten, wie viel sie wollen; Nadeln und Nähzeug liege auch im Vorrathe dabei, nebstdem Bänder und Schleifen, auch Bücher, Papiere, Farben und bunte Dinte - in der dreieckigen Kiste ist die Harfe. Er hoffe, daß sie keinen Schaden gelitten haben werde, als man sie mit Stricken über Felsen herablassen mußte - zurück wolle er sie über das Hirschenthal bringen lassen - der Ritter lasse auch sein Fernrohr da, daß sie zuweilen auf den Blockenstein steigen, und damit gegen Wittinghausen sehen, ob es noch auf seinem Waldrande schwebe, und vom Vater herübergrüße.
    Bei diesen Worten traten ihm fast die Thränen in die Augen, er küßte und segnete sie - Felix mit krampfhaftem Zucken seines Gesichtes, umarmte und drückte sie ans Herz - seitwärts stand der räthselhafte Begleiter ihrer Reise, der Ritter, der Clarissa düster anstarrte. Diese aber wand sich aus

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