Der höchste Preis (German Edition)
zusehen, dass ich mit den Leuten vom Regionalfernsehen klarkomme. Die waren schon in aller Frühe am Tatort und wollten unbedingt eine Stellungnahme vor Ort. War übrigens mein erster Auftritt im Fern sehen.“
„Ich bin sicher, Sie haben sich gut geschlagen“, erwiderte Gruber, froh darüber, dass ihm zumindest diese Aufgabe erspart geblieben war.
„Na ja, Sie können es ja gleich überprüfen. Soll in wenigen Minuten laufen ...“
„Okay, dann übernehmen Sie bitte auch die Pressekonferenz und wir treffen uns im Krankenhaus.“
Er legte auf, ohne eine Antwort abzuwarten. Er duschte kurz, verzichtete aufs Rasieren, putzte sich nur ausgiebig die Zähne. Zurück im Wohnzimmer, schaltete er den Fernseher ein und setzte noch schnell die Kaffeemaschine in Gang, ehe er wieder nach oben lief und sich anzog. Wobei er ausnahmsweise ein weißes Hemd und dazu eine Krawatte wählte. Verdammte Presse! Wenn er Pech hatte, waren die Typen bereits bei Hauser im Krankenhaus gewesen. Oder würden ihm dort zumindest über den Weg laufen. Verdammt und zugenäht, das würde wieder ein gefundenes Fressen für die sein. Jetzt auch noch ein Mordanschlag, und sie hatten nichts, was sie als Erfolg verkaufen könnten. Keinen Verdächtigen, keine heiße Spur, nichts. Genau wie im Fall der kleinen Alexandra Huber, von den beiden anderen Mädchen ganz zu schweigen. Also würde es erneut Fragen und Vorwürfe hageln.
Er setzte sich mit einer Tasse Kaffee und einer Schale mit Müsli vor den Fernseher, gerade noch rechtzeitig, um die Überleitung vom Studio zum Tatort mitzukriegen. Nach einem kurzen Kameraschwenk über den Hof von Hausers Anwesen stand die blonde Moderatorin nun an der Ecke der Garage, von der aus die Schüsse vermutlich abgefeuert worden waren. Mit betont ernstem Gesichtsausdruck blickte sie in die Kamera.
„Genau hier an dieser Stelle hat gestern Abend gegen zwanzig Uhr dreißig ein bislang unbekannter Schütze vier Schüsse aus einem großkalibrigen Revolver auf den Traunsteiner Finanzmakler Gerhard Hauser abgefeuert“, sagte sie mit leicht erregter Stimme ins Mikrophon. „Hauser, der noch in seinem Wagen saß, wurde dabei an Kopf und Schulter getroffen und schwer verletzt. Er befindet sich inzwischen aber außer Lebensgefahr. Eine Großfahndung nach dem Täter verlief bis jetzt ergebnislos. Aber vielleicht kann uns Frau Oberkommissarin Bischoff von der Kripo Traunstein schon mehr dazu sagen ...“
Ein weiterer Schwenk, und Bischoff kam ins Bild. Bekleidet mit einem schnittigen Hosenanzug und die Ruhe selbst. Sie sagte mit Blick zu der Moderatorin: „Da wir davon ausgehen, dass sich der Täter bereits einige Zeit vorher in der Umgebungdes Tatorts aufgehalten hat, möchte ich zunächst einmal die Nachbarn von Herrn Hauser bitten, uns entsprechende Beobachtungen zu melden. Genauer gesagt ...“, nun mit Blick in die Kamera, „wem ist eine Person in der Nähe des Tatorts aufgefallen, oder vielleicht auch ein Wagen. Oder sonst irgendetwas Ungewöhnliches.“
„Mit anderen Worten: Sie haben bis jetzt keine Spur von dem Täter?“
„Nicht direkt“, erwiderte Bischoff, wieder zur Moderatorin gewandt. „Aber wir haben Hin weise, dass der Anschlag möglicherweise mit Hausers beruflichen Aktivitäten zu tun hat und ermitteln derzeit auch schon intensiv in dieser Richtung ...“
„Aber Sie haben noch keine heiße Spur oder gar einen Verdächtigen im Visier?“ insistierte die Moderatorin.
„Für solche Spekulationen ist es noch zu früh.“
„Sie und Ihre Kollegen haben zur Zeit noch ein paar andere ungeklärte Fälle zu bearbeiten, sind Sie da personell überhaupt in der Lage, jetzt auch noch diesen Mordanschlag zu bearbeiten?“
Jetzt kommt es, dachte Gruber.
Bischoff lächelte dünn. „Genau aus diesem Grund bin ich vor vier Wochen von München hierher versetzt worden. Und Sie dürfen sicher sein,dass wir alles Menschenmögliche unternehmen werden, diesen und auch die von Ihnen an gesprochenen Fälle zu lösen.“
„Ich denke, daran besteht kein Zweifel, aber gibt es denn überhaupt keine Fortschritte, was die Ermittlungen im Fall der kleinen Alexandra Huber betrifft?“ Die Moderatorin rammte Bischoff das Mikrophon fast unters Kinn.
„Leider nein. Aber wie gesagt: Wir werden nicht aufgeben ...“
„Vielen Dank.“
Bischoff verschwand aus dem Bild, dafür kam erneut der Hof in Sicht, jetzt mit ein paar Schaulustigen im Hintergrund.
Gruber schaltete ab, trank seinen Kaffee aus und wollte gerade los,
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