Der höchste Preis (German Edition)
Frau Hausers Schoß. „Das schwarze Büchlein da sieht aus wie ein Terminkalender. Dürften wir da mal einen Blick hineinwerfen?“
Frau Hauser zögerte kurz, griff dann in den Beutel, holte den Kalender heraus und übergab ihn Bischoff. Gruber schaute ihr über die Schulter zu.
„Er hatte heute Abend um zwanzig Uhr einen Termin, in der Hochfelln-Klause. Mit einem gewissen Klaus Eckstein“, erklärte Bischoff, nachdemsie die aktuellen Einträge im Kalender durchgesehen hatte.
Gruber straffte sich und lief ein paar Schritte auf und ab. Seine Müdigkeit war plötzlich wie weggeblasen. Endlich ein konkreter Hinweis. Was diese Drohbriefe betraf, hielt er es insgeheim mit Hauser. Ein Mord wurde höchst selten angekündigt. Aber wenn eine Figur wie dieser Eckstein ins Spiel kam, war alles drin. Vielleicht sogar die Chance, den Mann endlich dranzukriegen.
„Schau an, schau an ... “, murmelte er vor sich hin.
„Kennen Sie den Mann?“, fragte Bischoff.
„Ja. Ein ziemlich übler Bursche. Betreibt in Rosenheim eine Discothek und ein paar Spielhallen. Wir haben ein paar Mal ermittelt gegen ihn. Drogendelikte und Verdacht auf Menschenhandel.“
„Und?“
„Nichts. Alles im Sand verlaufen ...“
Gruber wandte sich an Frau Hauser. „Hat er Ihnen von diesem Termin erzählt?“
„Nein. Ich habe Ihnen doch gesagt ...“
„Ja, ja, schon gut.“
Grubers Handy klingelte. Es war Schubert, der ihm mit hörbarer Erleichterung in der Stimme erleichtert mitteilte, dass man die Durchsuchungvon Hausers Anwesen gerade abgeschlossen habe. Leider ergebnislos, weit und breit keine Spur vom Täter. Wäre auch zu schön gewesen, dachte Gruber. Zugleich wollte Schubert wissen, wie lange sie die Fahndungsmaßnahmen noch aufrecht erhalten sollten. Wo doch der Täter inzwischen längst über alle Berge sein müsste. Gruber hatte Mühe, seinen Ärger zu unterdrücken. Er verstand natürlich, dass kein Kollege scharf darauf war, bei Nacht und Nebel jemanden zu jagen, von dem keiner wusste, wie er aussah. Und der vermutlich ohne zu zögern von seiner Waffe Gebrauch machen würde. Andererseits war dies nun mal ihr Job, ihr Berufsrisiko. Er sagte: „Dieser Mensch, wer immer es sein mag, war so blöd, dass er aus nächster Nähe vier Mal danebengeschossen hat. Also ist er vielleicht auch so blöd und hängt noch irgendwo rum und wartet nur darauf, dass wir ihn kassieren.“
„Schon gut“, erwiderte Schubert. „War ja nur eine Frage.“
Gruber steckte sein Handy ein und wandte sich Frau Hauser zu. „Kommen Sie allein zurecht? Ich werde auf jeden Fall veranlassen, dass die Nacht über ein Streifenwagen bei Ihnen am Hof postiert wird ...“
Die Frau nickte nur.
„Okay, fahren wir“, sagte Gruber.
„Nach Rosenheim?“, fragte Bischoff. „Sie haben’s erfasst.“
5
Gruber stellte seinen Peugeot auf dem Parkplatz der Polizeidirektion ab, nahm schnell noch eine CD aus dem Handschuhfach und zwängte sich dann zu Bischoff in den Roadster. Nicht gerade ein Wagen nach seinem Geschmack, zu eng, zu niedrig, zu laut, aber immer noch besser, als selber die Augen offen halten zu müssen. Er schob ohne zu fragen die CD ein, „The Best of Wojciech Kilar“, und versuchte, erst einmal an gar nichts zu denken. Gab sich ganz der schwermütigen Klaviermusik hin, die seine Stimmung unterstrich und ihm dennoch gut tat. Nicht so Bischoff, die ihm ständig nervöse Blicke zuwarf.
„Ist was?“, fragte er schließlich.
„Sie waren heute doch in Memmingen, oder?“
Mit einem Seufzer kam Gruber aus seinem Sitz hoch, drehte den Ton leiser und rieb sich die Augen. Sie befanden sich bereits kurz vor Siegsdorf, wenige Meter vor der Zufahrt zur Autobahn. Er wartete, bis Bischoff sich in den Verkehr eingefädelt hatte, und berichtete dann mit knappen Worten von seinem Besuch in Memmingen. Von der Spur, die sich wieder einmal als Sackgasse erwiesen hatte.
„Ich habe die Sache bis vor kurzem nur aus derFerne verfolgt“, sagte Bischoff daraufhin, „aber ich kann einfach nicht glauben, dass es in allen drei Fällen absolut keine Hinweise auf den Täter gibt.“
„Ist aber so“, erwiderte Gruber mürrisch. „Beim ersten Fall, bei dieser Martina Kaiser aus Mühldorf, dachten wir noch, dass der Kerl einfach eine Ausnahme ist, und leider kein so Idiot wie die meisten, die ihre Leichen irgendwo im Gebüsch abladen und sich dabei auch noch zuschauen lassen.“
„Das war im August fünfundneunzig, oder?“
„Richtig. Wir haben über
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