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Der Hund von Baskerville

Der Hund von Baskerville

Titel: Der Hund von Baskerville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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fort. Die ärgerlichen Gesten des Naturforschers zeigten, daß sein Mißvergnügen auch der Dame galt. Der Baronet stand einen Augenblick da und sah ihnen nach, dann wandte er sich langsam um und wanderte den Weg zurück, den er gekommen war. Den Kopf ließ er hängen — ein Bild tiefster Niedergeschlagenheit.
    Was das alles bedeuten sollte, war mir unklar, aber ich schämte mich zutiefst, eine so intime Szene ohne Wissen meines Freundes beobachtet zu haben. Ich stieg darum von meinem Beobachtungsposten herunter und traf den Baronet am Fuß des Hügels. Sein Gesicht war rot vor Ärger und seine Brauen zusammengezogen wie die eines Mannes, der mit seinem Latein am Ende ist.
    »Hallo, Watson! Wo kommen Sie denn plötzlich her?« rief er. »Das soll doch wohl nicht etwa heißen, daß Sie mir trotz allem gefolgt sind?«
    Ich erklärte ihm, daß ich unmöglich hätte zurückbleiben können und ihm darum gefolgt sei. So sei ich Zeuge all dessen geworden, was sich ereignet hatte. Einen Augenblick blitzten seine Augen mich an, aber meine Ehrlichkeit hatte seinen Ärger entwaffnet, und so brach er schließlich in ein trauriges Lachen aus.»Man sollte doch annehmen, daß man mitten im Moor ungestört einmal etwas Privates unternehmen kann«, sagte er. »Aber zum Donnerwetter, die ganze Nachbarschaft scheint ja zugesehen zu haben, wie ich um die Dame geworben habe — was dazu noch mit einer Blamage endete! Wo hatten Sie Platz genommen?«
    »Ich war da oben auf dem Hügel.«
    »Ziemlich in der hintersten Reihe, was? Aber ihr Bruder war ganz schön weit vorne. Haben Sie ihn auf uns losstürmen gesehen?«
    »Ja, das habe ich gesehen.«
    »Haben Sie je den Eindruck gehabt, daß er verrückt sein könnte?«
    »Nein, verrückt ist er mir niemals vorgekommen.«
    »Mir wohl auch nicht. Bis heute hielt ich ihn jedenfalls für ziemlich normal. Aber glauben Sie mir, entweder gehört er in eine Zwangsjacke oder ich. Was ist denn mit mir los? Sie haben ein paar Wochen mit mir zusammengelebt, Watson. Sagen Sie mir geradeheraus: Ist da irgend etwas an mir verkehrt, was mich hindern könnte, der Frau, die ich liebe, ein guter Ehemann zu sein?«
    »Ganz gewiß nicht.«
    »Gegen meine gesellschaftliche Stellung kann er doch nichts einwenden, also muß ihm wohl meine Person nicht recht sein. Was hat er gegen mich? Soweit ich weiß, bin ich kein Sadist, und ich habe noch nie in meinem Leben einem Mann oder einer Frau etwas zuleide getan. Und doch wollte er nicht zulassen, daß ich auch nur ihre Fingerspitzen berühre.«
    »Das hat er Ihnen gesagt?«
    »Das und noch vieles andere. Watson, ich kenne die Frau erst ein paar Wochen, aber vom ersten Augenblick an wußte ich, sie paßt gut zu mir und ist gleichsam wie geschaffen für mich. Und auch sie war glücklich, wenn sie mit mir zusammen war, darauf kann ich schwören. Ein gewisses Leuchten in den Augen einer Frau spricht deutlicher als Worte. Aber er hat aufgepaßt wie ein Schießhund und uns nie auch nur einen Augenblick allein gelassen. Heute sah ich zum erstenmal die Chance, ein paar Worte mit ihr allein zu reden. Sie freute sich, mich zu treffen, aber von Liebe wollte sie nichts hören. Statt dessen kam sie immer wieder darauf zurück, daß mir an diesem Ort Gefahr drohe und sie nicht eher glücklich sein könne, als bis ich diese Gegend verlassen hätte. Ich sagte ihr, seit ich sie gesehen, hätte ich mit dem Fortgehen gar keine Eile. Wenn ihr so viel daran läge, mich hier fortzubekommen, wäre das einzige Mittel, daß sie mit mir ginge. Damit machte ich ihr einen Heiratsantrag, aber bevor sie noch antworten konnte, kam ihr Bruder auf uns zugestürzt und machte ein Gesicht wie ein Verrückter. Kreideweiß war er vor Wut, und seine Augen blitzten. Was ich da mit der Dame täte? Wie ich dazu käme, ihr den Hof zu machen, obwohl ihr das zuwider sei? Ob ich wohl glaubte, ich könnte machen, was ich wollte, bloß weil ich der Baronet sei? Wäre er nicht ihr Bruder gewesen, hätte ich ihm schon gebührend zu antworten gewußt. So aber begnügte ich mich damit, ihm zu sagen, meiner Gefühle für seine Schwester brauchte ich mich nicht zu schämen, und daß ich hoffte, sie werde mir die Ehre erweisen, meine Frau zu werden. Das machte die Sache aber nicht besser. Und da ist auch mir der Kragen geplatzt. Ich wurde bei meiner Antwort vermutlich etwas hitziger und lauter, als ich es eigentlich hätte dürfen, da sie daneben stand. Ja, so endete es damit, daß er mit ihr davongegangen ist, wie Sie

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