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Der Hund von Baskerville

Der Hund von Baskerville

Titel: Der Hund von Baskerville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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zwei, und beinahe hätten wir es zum zweitenmal verzagt aufgegeben, als wir plötzlich in unseren Sesseln hochfuhren und aufrecht dasaßen. Mit einem Schlag war alle unsere Müdigkeit verflogen. Draußen auf dem Gang hörten wir das Knarren der Dielen, das nur von Schritten herrühren konnte.
    Sehr vorsichtig gingen sie vorbei und entfernten sich. Da öffnete der Baronet leise seine Tür, und wir nahmen die Verfolgung auf. Unser Mann war schon um die Galerie herumgegangen. Der Korridor lag in völliger Dunkelheit. Leise schlichen wir hinterher und gelangten über die Galerie in den anderen Flügel. Wir kamen gerade noch zur Zeit, um einen Blick auf die hohe, schwarzbärtige Gestalt zu erhäschen, die mit gebeugten Schultern auf Zehenspitzen den Gang entlangschlich. Dann verschwand sie durch dieselbe Tür wie schon vorher. Das Licht der Kerze rahmte die Tür ein, und ein einzelner gelber Lichtstrahl fiel auf den düsteren Flur hinaus.
    Vorsichtig tasteten wir uns näher heran. Jede Diele probierten wir aus, bevor wir es wagten, unser volles Gewicht daraufzusetzen. Vorsichtshalber hatten wir unsere Stiefel ausgezogen, aber auch so knackten und quietschten die alten Dielen. Manchmal schien es uns unmöglich, daß er uns nicht hören sollte. Zum Glück ist der Mann ziemlich taub und war außerdem ganz von dem in Anspruch genommen, was er dort vorhatte. Schließlich hatten wir die Tür erreicht und blickten verstohlen hinein. Wir sahen ihn vor dem Fenster auf dem Boden hocken, die Kerze in der Hand, das blasse, aufmerksame Gesicht gegen die Scheibe gepreßt — genau in derselben Haltung wie vor zwei Nächten.
    Wir hatten nicht vorausgeplant, wie wir vorgehen wollten, aber der Baronet ist ein Mann, dem stets der direkte Weg der liebste ist. Er ging in das Zimmer hinein. Barrymore sprang vom Fenster auf, rang hörbar nach Luft und stand bleich und zitternd vor uns. Seine dunklen Augen, die aus der weißen Maske seines Gesichts hervorleuchteten, waren voll Schrecken und Staunen, als er von Sir Henry zu mir blickte.
    »Was machen Sie hier, Barrymore?«
    »Gar nichts, Sir.«
    Seine Aufregung war so groß, daß er kaum sprechen konnte. Schatten von der Kerze sprangen auf und nieder, so sehr zitterte seine Hand.
    »Es sind die Fenster, Sir. Ich gehe jede Nacht herum und prüfe, ob sie fest verschlossen sind.«
    »Auch im zweiten Stock?«
    »Ja, Sir, alle Fenster.«
    »Hören Sie mal«, sagte Sir Henry streng, »wir sind entschlossen, von Ihnen jetzt die Wahrheit zu erfahren. Sie ersparen sich Unannehmlichkeiten, wenn Sie gleich damit herauskommen. Also heraus mit der Wahrheit! Keine Lügen! Was haben Sie da an dem Fenster gemacht?«
    Der Mann sah uns hilflos an und rang die Hände wie jemand, der in äußerster Not und Verzweiflung ist.
    »Ich habe nichts Schlimmes getan, Sir. Ich habe lediglich eine Kerze ans Fenster gehalten.«
    »Und warum haben Sie eine Kerze ans Fenster gehalten?«
    »Fragen Sie mich nicht, Sir Henry — bitte, fragen Sie mich nicht! Ich gebe Ihnen mein Wort, Sir, daß ich es Ihnen nicht sagen kann, denn es ist nicht mein Geheimnis. Wenn es nur mich beträfe, würde ich es Ihnen nicht vorenthalten.«
    Einer plötzlichen Eingebung folgend, nahm ich dem Butler die Kerze aus den zitternden Händen.
    »Er muß sie als Signal ans Fenster gehalten haben«, sagte ich. »Wir wollen doch mal sehen, ob es eine Antwort darauf gibt.«
    Ich hielt die Kerze nun, wie er sie gehalten hatte und starrte in die Dunkelheit hinaus. Nur undeutlich konnte ich die schwarze Masse der Bäume von der helleren Fläche des Moores unterscheiden, denn der Mond stand hinter den Wolken. Und dann stieß ich einen Triumphschrei aus, denn ein feines gelbes Lichtpünktchen hatte plötzlich den schwarzen Schleier der Nacht durchbrochen und glühte beständig in der Mitte des dunklen Fenstervierecks.
    »Dort ist es!« rief ich.
    »Nein, nein, da ist gar nichts!« fiel mir der Butler ins Wort. »Ich versichere Ihnen, Sir...«
    »Bewegen Sie Ihr Licht am Fenster entlang, Watson!« rief der Baronet. »Sehen Sie, das andere bewegt sich ebenfalls! Nun, Sie Lump, behaupten Sie immer noch, daß dies kein Signal ist? Also reden Sie schon! Wer ist Ihr Verbündeter dort draußen, und was für eine Verschwörung geht hier vor?«
    Des Mannes Gesicht drückte offene Rebellion aus.
    »Dies ist meine Angelegenheit, Sir, und nicht Ihre. Ich werde nichts sagen!«
    »Dann sind Sie auf der Stelle aus meinem Dienst entlassen!«
    »Sehr wohl, Sir. Wenn es sein

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