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Der Hund von Baskerville

Der Hund von Baskerville

Titel: Der Hund von Baskerville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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muß, dann muß es eben sein.«
    »Und Sie gehen in Ungnaden und werden mit Schimpf und Schande davongejagt. Mein Gott, schämen Sie sich denn gar nicht? Ihre Familie hat mit meiner über hundert Jahre unter diesem Dach gelebt, und hier ertappe ich Sie bei einem dunklen, abgründigen Komplott gegen mich!«
    »Nein, nein, Sir, nein, ganz gewiß nicht gegen Sie!« rief da die Stimme einer Frau. Mrs. Barrymore, blasser noch und erschrockener als ihr Mann, stand in der Tür. Ihre ausladende Figur, in Rock und Schal gehüllt, hätte sicherlich komisch gewirkt, wenn nicht die helle Verzweiflung aus ihrem Gesicht gesprochen hätte.
    »Wir sind entlassen, Eliza. Mit uns ist es aus und zu Ende. Du kannst gehen und unsere Sachen packen.«
    »O John, John, wohin habe ich dich gebracht? Es ist alles meine Schuld, Sir Henry, ganz und gar meine. Er hat nichts damit zu tun und hat es nur um meinetwillen getan, weil ich ihn darum bat.«
    »Dann reden Sie doch schon! Was hat das alles zu bedeuten?«
    »Mein unglücklicher Bruder verhungert im Moor. Wir können ihn doch nicht vor unserer eigenen Tür umkommen lassen. Das Licht ist das Signal für ihn, daß Essen bereit ist. Und sein Licht dort draußen zeigt die Stelle an, wohin es zu bringen ist.«
    »Dann ist Ihr Bruder...«
    »Der entlaufene Strafgefangene, Sir — Selden, der Verbrecher. «
    »Das ist die Wahrheit, Sir«, sagte Barrymore. »Ich sagte ja, daß es nicht mein Geheimnis sei und daß ich es nicht weitersagen dürfe. Aber nun haben Sie es gehört und werden einsehen: Wenn es ein Komplott gab, so war es nicht gegen Sie gerichtet.«
    Dies war also die Erklärung für die nächtlichen Unternehmungen und die Kerze im Fenster. Sir Henry und ich starrten die Frau in fassungslosem Staunen an. War es möglich, daß diese phlegmatische, respektable Frau von gleichem Blute war wie der schlimmste Gewohnheitsverbrecher im ganzen Land?
    »Ja, Sir, mein Mädchenname ist Selden, und er ist mein jüngster Bruder. Wir haben ihn zu sehr verwöhnt, als er ein kleiner Junge war. Wir haben ihm zu sehr seinen eigenen Willen gelassen. So glaubte er, daß die Welt nur zu seinem Vergnügen gemacht sei und er tun und lassen könne, was er wolle. Als er dann älter wurde, geriet er in schlechte Gesellschaft. Der Teufel nahm immer mehr Besitz von ihm, bis er unseren Namen in den Schmutz getreten hatte und die Schande meiner Mutter das Herz brach. Von Verbrechen zu Verbrechen sank er tiefer, so daß ihn nur noch die Gnade Gottes vor dem Galgen bewahrt hat. Aber für mich, Sir, ist er immer noch der kleine Junge mit dem Lockenkopf, den ich aufzog und mit dem ich gespielt habe, wie eine ältere Schwester es eben tut. Das war der Grund, warum er aus dem Gefängnis ausgebrochen ist, Sir. Er wußte, daß ich hier war und daß wir uns nicht weigern würden, ihm zu helfen. Als er sich eines Nachts hierher geschleppt hatte, erschöpft und ausgehungert, während seine Verfolger ihm hart auf den Fersen waren — was sollten wir da tun? Wir holten ihn herein, gaben ihm zu essen und versorgten ihn. Dann trafen Sie hier ein, Sir, und mein Bruder dachte, daß er im Moor sicherer sei als anderswo, bis sich das Geschrei um ihn beruhigt hätte. So schlug er sein Versteck im Moor auf. Aber jede zweite Nacht vergewissern wir uns, ob er noch da ist, indem wir ein Licht in das Fenster stellen, und wenn seine Antwort kommt, bringt mein Mann ihm Brot und Fleisch hinaus. Jeden Tag hofften wir, daß er gegangen ist, aber solange er da ist, können wir ihn nicht im Stich lassen. Das ist die ganze Wahrheit, so wahr ich eine ehrliche Christin bin. Wenn also irgend jemand zu tadeln ist, dann bin ich es und nicht mein Mann. Meinetwegen hat er alles getan.«
    Die Frau sprach mit einem solchen Ernst, daß ihre Worte uns völlig glaubwürdig erschienen.
    »Ist das wahr, Barrymore?«
    »Ja, Sir Henry, jedes Wort ist wahr.«
    »Gut! Ich kann Sie nicht dafür tadeln, daß Sie Ihrer Frau beigestanden haben. Vergessen Sie, was ich gesagt habe. Gehen Sie jetzt beide, wir wollen morgen weiter über die Sache reden.«
    Als sie gegangen waren, schauten wir noch einmal aus dem Fenster. Sir Henry hatte es aufgestoßen, und der kalte Nachtwind blies uns ins Gesicht. Weit weg in der Ferne glühte immer noch der kleine Punkt gelben Lichtes.
    »Ich wundere mich, daß er das wagt«, sagte Sir Henry.
    »Es kann ja so gestellt sein, daß es nur von hier aus sichtbar ist.«
    »Das ist gut möglich. Was meinen Sie, wie weit ist es weg?«
    »Das muß

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