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Der Hund von Baskerville

Der Hund von Baskerville

Titel: Der Hund von Baskerville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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lachen, aber hier draußen in der Dunkelheit auf dem Moor zu stehen und solches Geheul zu hören ist ein ander Ding. Und mein Onkel! Es waren doch Abdrücke von Hundepfoten neben der Stelle, wo er lag. Es paßt alles zusammen. Ich glaube nicht, daß ich ein Feigling bin, Watson, aber dieses Geheul hat mir das Blut in den Adern gefrieren lassen. Fühlen Sie meine Hand!« Sie war kalt wie ein Eisblock.
    »Morgen wird es Ihnen wieder bessergehen.«
    »Ich glaube nicht, daß mir dieses Geheul jemals aus dem Kopf gehen wird. Was sollen wir jetzt tun? Was schlagen Sie vor?«
    »Sollen wir umkehren?«
    »Nein, zum Donnerwetter! Wir sind ausgezogen, den Mann zu fangen, und wir werden ihn auch kriegen. Wir sind hinter einem Zuchthäusler her, und ein Höllenhund ist vielleicht hinter uns her. Kommen Sie, wir wollen die Sache zu Ende führen, und wenn auf dem Moor die ganze Hölle losgelassen wäre.«
    Wir stolperten langsam in der Dunkelheit voran. Um uns waren beständig die wildzerklüfteten, schwarzdrohenden Hügel und vor uns das Fünkchen gelben Lichtes. Über nichts kann man sich so täuschen wie über die Entfernung eines Lichtes in einer stockdunklen Nacht. Manchmal schien es weit weg am Horizont zu sein und manchmal zum Greifen nah, nur ein paar Meter vor uns. Aber schließlich konnten wir sehen, woher der Lichtschein kam, und da wußten wir dann auch, daß wir ganz nahe herangekommen waren. Eine Kerze, an der das Wachs heruntertropfte, war in einer Felsspalte so aufgestellt worden, daß sie von beiden Seiten durch die Felsen sowohl vor dem Wind als auch vor Sicht, außer zum Schloß hin, geschützt war. Hinter einem großen Granitblock suchten wir Deckung und krochen näher heran. Wir kauerten uns dahinter und spähten vorsichtig über den Rand des Felsblocks zum Lichtsignal hinüber. Mitten in der Wildnis des nächtlichen Moores diese einsame Kerze leuchten zu sehen war schon ein seltsamer Anblick. Sonst gab es kein Zeichen von Leben ringsum, nur diese aufrechte Flamme und der Widerschein an den Felswänden zu beiden Seiten.
    »Was sollen wir jetzt tun?« flüsterte Sir Henry.
    »Hier warten. Er kann nicht weit von seiner Kerze sein. Woll'n mal sehen, ob wir ihn nicht zu Gesicht bekommen.«
    Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, als wir ihn sahen. Ober dem Felsen, in dessen Spalte die Kerze brannte, zeigte sich ein böses gelbes Gesicht, schrecklich und tierisch, von üblen Leidenschaften durchfurcht und gezeichnet. Schmutzig vom Leben im Sumpf, mit wildem Bart und langen, verfilzten Haaren, hätte dieses Gesicht ebensogut einem der Steinzeitmenschen gehören können, die hier einst in den Höhlen am Hügelabhang hausten. Das unter ihm brennende Kerzenlicht spiegelte sich in seinen kleinen, listigen Augen, die mit wildem Blick links und rechts die Dunkelheit zu durchdringen suchten, wie die Augen eines schlauen Raubtieres, das den Schritt des Jägers gehört hat. Anscheinend hatte irgend etwas seinen Argwohn erregt. Möglicherweise hatte Barrymore noch ein vereinbartes Signal zu geben, das wir nicht kannten und also auch nicht geben konnten. Oder der Bursche hatte sonst einen Grund anzunehmen, daß etwas nicht in Ordnung sei. Jedenfalls konnte ich in seinem bösen Gesicht deutlich die Furcht lesen. Jeden Augenblick konnte er das Licht löschen und in der Dunkelheit verschwinden.
    Ich sprang deshalb aus unserem Versteck hervor, und Sir Henry tat es mir nach. Im gleichen Augenblick stieß der Zuchthäusler einen Fluch aus und schleuderte einen Felsbrocken auf uns, der aber an dem Granitblock zersplitterte, der uns als Deckung gedient hatte. Ein glücklicher Zufall wollte es, daß in diesem Augenblick der Mond durch die Wolken brach. Wir rannten den Hügel hinauf, und dort sahen wir unseren Mann in größter Eile auf der anderen Seite den Hügel hinunterrennen. Ersprang mit der Behendigkeit einer Bergziege über Stock und Stein. Ein glücklicher Schuß aus meinem Revolver hätte ihn treffen können, aber ich hatte die Waffe nur zu meiner Verteidigung mitgenommen, und auf keinen Fall wollte ich auf einen unbewaffneten Mann schießen, der davonlief.
    Wir sind beide schnelle Läufer und ziemlich gut im Training, aber wir sahen bald ein, daß wir keine Chance hatten, ihn einzuholen. Lange Zeit sahen wir ihn im Mondenschein dahinlaufen, bis er nur noch ein kleiner Punkt war, der flink zwischen den Felsblöcken eines entfernten Hügelabhangs hindurchlief. Wir rannten, bis wir völlig außer Atem waren, aber der Abstand

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