Der Hundeflüsterer - Thriller (German Edition)
wieder zurück in der grauen Schattenwelt, in der jeder jeden belog, in der nur Falschheit und Intrigen existierten? Eine Welt der fahlen Farben, in der David nur von Rache vorwärtsgetrieben wurde? Denn er hatte nur ein Ziel im Kopf: den Aufenthaltsort von Amir Karsai als Lohn für die erfolgreich durchgeführte Operation „Hundeflüsterer“ zu erfahren.
Jane war mit so schmerzhafter Wucht in seine Gedanken zurückgekehrt, dass es ihm schien, als wäre sie erst gestern gestorben. Mit dieser Operation war er einen geheimen und unsichtbaren Pakt mit der „Abteilung“ eingegangen, eine stille Kapitulation vor den schwarzen Schatten der Vergangenheit, die ihn nie zur Ruhe kommen lassen würden und die vergangenen beiden Jahre seines Lebens einfach mit dem grauen Nebel der Geheimdienste auslöschten.
Dieses neuerliche, kompromisslose Eintauchen in die Welt der „Abteilung“ zeigte sich auch daran, dass er bei seinen sporadischen Telefonaten mit Sonja jedes Mal sekundenlang überlegen musste, um sich ihr Gesicht wieder ins Gedächtnis zu rufen. Zerstreut erzählte er von seinem fiktiven Fotojob in Berlin, der neuen Kamera und dem Studio mit Blick auf das Brandenburger Tor. Dann war es plötzlich still und nur das Rauschen unsichtbarer Ätherwellen verband ihn noch mit Sonja.
„Sancho liegt in seinem Käfig apathisch in der Ecke und fletscht die Zähne, wenn ich versuche, ihn zu streicheln“, sagte Sonja bekümmert auf Davids Frage nach dem Zustand des Potencos.
„Bleib weg von dem Hund!“, fauchte David. „Du erzeugst nur Stress bei ihm und dann verschlechtert sich sein Gesundheitszustand noch weiter. Frisst er wenigstens das Spezialfutter, das du ihm zweimal täglich gibst?“
„Das schon. Das heißt, ich denke doch, denn der Napf ist immer zur Hälfte leer, wenn ich ihn holen komme.“ Sonja machte eine Pause und David spürte, wie sie versuchte, die nächste Frage leicht und luftig zu formulieren, doch er kam ihr zuvor.
„Singst du ihm auch jeden Tag etwas vor?“
„Muss das wirklich sein? Ich dachte, das war nur das eine Mal?“ Sonja holte tief Luft. „Damals, bevor du abgereist bist!“
„Sancho soll sich an deine Stimme gewöhnen, Hunde sind Gewohnheitstiere, schätzen das Ritual. Das gibt ihnen Sicherheit“, dozierte David und ignorierte Sonjas Vorwurf.
„Kann ich verstehen. Mir gaben unsere wöchentlichen Ausflüge an den Strand auch ein Gefühl der Sicherheit.“ Wieder holte sie tief Luft und pfiff plötzlich die Anfangstakte eines Songs in das Handy, um dann übertrieben fröhlich weiterzureden.
„Ach übrigens, wann kommst du eigentlich zurück? Ich habe mich hier schon häuslich eingerichtet. Du fehlst mir übrigens kein bisschen!“ David lächelte und betrachtete versonnen den weißen Saluki auf einem Foto. Es war ein ähnlicher Hund, wie ihn Gurbanguly erworben hatte und David wollte sich über die Eigenschaften des Tieres informieren. Sonja war Lichtjahre entfernt von seinem derzeitigen Leben, wenn man seine augenblickliche, nur auf ein Ziel fixierte Existenz überhaupt noch Leben nennen konnte.
„Wie heißt übrigens das Model, das du in Berlin so intensiv fotografierst?“, wechselte Sonja plötzlich das Thema.
„Was? Wovon redest du, Sonja?“, schreckte David aus seinen Gedanken.
„Das junge, schöne Model, das dich so lange in Berlin festhält!“, zischte Sonja in den Lautsprecher.
„Verdammt, Sonja, es gibt kein Model!“ Davids Stimme legte an Schärfe zu. „Es sind viele Models, verstehst du. Es ist ein Katalogshooting mit vielen gut aussehenden Männern und schönen Frauen! Das sind Katalogmodels! Ich verdiene damit eine Menge Geld!“
„Hör bloß auf, mich anzuschreien!“, antwortete Sonja mit vor Wut zitternder Stimme. „Ich vertrage dein Geschrei nicht! Ich habe das nicht nötig! Verstehst du, David Stein! Wenn du mich noch einmal anschreist, bin ich weg ... oder ich lasse den Hund verhungern!“
„Bist du verrückt, Sonja!“ David schnappte nach Luft und war nahe daran, das Handy gegen die Wand zu schleudern. „Wenn du den Hund auch nur anrührst ... Ich, ich weiß nicht, was ich dann mache!“ Er atmete hektisch ein und aus, versuchte sich zu beruhigen. „Warum tust du das? Sancho ist unschuldig, was kann der arme Hund dafür? Er kann nichts für deine Stimmungen!“
„David, entschuldige bitte! Entschuldige! Es tut mir leid, ja ehrlich. Es tut mir so leid.“ Sonja redete schnell und hektisch, verschluckte einzelne Worte. „Ich, ich weiß
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