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Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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droht.«
    Er schwieg. Auf der Fahrt hierher war diese Idee wieder wie ein Schatten aus dem Dunkel herangeweht. Zuvor war es der Augenblick gewesen, als Stefan Pascal Lombards Fotos gesehen hatte, in erster Linie die, die den Hubschrauber zeigten.
    Doch was änderte es, wenn die beiden Obergangster sich in die Haare gerieten? Zu viel war geschehen, zu viel Blut war geflossen. Es durfte kein neues Blutvergießen geben.
    Da sprach Maria es aus. »Was ändert es?« sagte sie. »Ich bin mir ziemlich sicher, daß Thomas das gleiche beabsichtigt wie die Korsen.«
    »Und warum bist du dir sicher?«
    »Warum?« Ihre Unterlippe zitterte. »Warum, warum? Weil ich das schon von ihm gehört habe. Weil er mir selbst schon gedroht hat. Und nicht nur einmal …«
    »Was hat er gedroht?«
    »Nicht nur mir – allen.« Sie versuchte, ihre Stimme unter Kontrolle zu bringen. »›In meiner Umgebung gibt es keinen Verrat‹, so hieß ein solcher Spruch. Oder: ›Einer, dem ich vertraue und der mich verrät, ist schon tot.‹«
    »Bist du deshalb bei ihm geblieben?«
    Sie schlug beide Hände vor das Gesicht, ihr Kopf sackte nach vorn, die Schultern krümmten sich. »Frag das nicht. Was weiß ich? Frag es mich nicht, Stefan, frag es mich nie wieder …«
    Er brauchte keine Antwort.
    Er ließ den Motor an, legte den Gang ein und fuhr wieder auf die Straße nach Saint-Michel …
    Er wußte, was er tun würde.
    Sie hatten die Gabelung erreicht. Rechts ging es zur Corniche und zum Strand, links nach Saint-Michel. Bergmann zog den Wagen nach links. In den letzten Minuten hatte Maria schweigend und in sich versunken neben ihm gesessen – jetzt stemmte sie beide Hände gegen die Polsterung, die um das Armaturenbrett lief.
    »Wieso … wieso Saint-Michel?«
    Sie fuhren an den ersten Häusern vorbei. »Weil ich hier etwas zu erledigen habe. Und weil du dann in einem Café auf mich warten kannst.«
    »Hier?« Ihr Kopf fuhr herum, sie starrte Stefan an, die Augen heiß vor Furcht und Zorn: »Ich will nicht.«
    »Ruhe, Ruhe – es dauert nicht länger als eine halbe Stunde. Nein, sagen wir, vierzig Minuten. Ich fahre hoch zur Villa Wilkinson, und du gehst in ein Café oder eine Apotheke, kaufst dir irgendwas, das dich beruhigt, und wartest.«
    Er sagte das ganz ruhig, vor allem brachte er es sehr lässig und auch überzeugend. Der Arztton. Dabei fühlte er sich ähnlich wie Maria. Er empfand eine Spannung, die ihn zu zerreißen drohte. Nur hatte er keine Angst.
    Sie blickte wieder geradeaus. »Fahr raus aus dem Kaff. Hier bleibe ich nicht, auf keinen Fall …«
    Es war das alte Saint-Michel, das sie durchfuhren. Kopfsteinpflaster, die Kirche, der Marktplatz, die Boule-Bahn. Männer mit Baskenmützen auf den Bänken, Hausfrauen, die an den Ecken der Gassen miteinander plauderten, kleine Hotels, Platanenbäume und Zypressen. Aber wie sollte man das romantisch finden, wenn die Angst den Hals würgte!
    Sie kamen in die Hafengegend. Maria rutschte tiefer in ihren Sitz. Sicher empfand sie es als Beruhigung, daß das Cabriodach geschlossen war. Vor ihnen, am Ende der Straße, sah man das Meer. Gleich rechts gab es eine Fischerkneipe, Le Pêcheur , gemütlich, wenn auch ziemlich vergammelt. Doch wie konnte er Maria dort absetzen, wenn sie hinter jeder Tür, hinter jedem Baumstamm einen Mafia-Mörder vermutete?
    Stefan fuhr den Quai entlang bis zum Ende. Hier gab es einen Taxistand. Drei Wagen parkten davor. Er hielt an.
    Die Sonne hatte den Vormittagsdunst verscheucht, hart und scharf umgrenzt stand sie am Himmel und schickte eine breite Lichtbahn durch das niedrige Wagenfenster. Sie teilte Marias Gesicht in eine dunkle und eine helle Fläche. Ihre langen Wimpern waren halb gesenkt. Nie hatten die Augen so dramatisch auf Stefan gewirkt wie jetzt, als sie sagte: »Das tust du nicht. Du gehst nicht zu ihm. Du mußt verrückt sein …«
    »Vielleicht«, sagte er.
    »Bitte, tu es nicht!«
    Auch dazu war es zu spät.
    Er wußte es – sie nicht, noch nicht …
    Trotzdem schaffte er es, zu lächeln. »Es dauert wirklich nicht lange. Und wenn du hier nicht bleiben willst, gut, vielleicht weißt du etwas Besseres. Mach einen Vorschlag … Am Strand? Ich glaube, es ist warm am Meer.«
    Ihre Stirn neigte sich nach vorn, eine lange Strähne schwarzen Haares löste sich und verbarg Marias Gesicht. Sie hatte etwas Ergebenes an sich in diesem Augenblick, sie wußte, daß nichts zu machen war. Vor allem eines wußte sie: daß Männer verrückt sind. Alle – ohne

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