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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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Ausdruck bringen.
    Sie gingen in das Arbeitszimmer. In diesem Zimmer war, seitdem der
Fürst darin gewesen war, eine gewisse Veränderung vorgenommen worden:
quer durch das ganze Zimmer war ein grünseidner Vorhang gezogen, mit
zwei Eingängen, je einem an jedem Ende; er teilte von dem Zimmer einen
Alkoven ab, in dem Rogoschins Bett stand. Der schwere Vorhang war
heruntergelassen und die Eingänge geschlossen. Aber im Zimmer war es
sehr dunkel; die hellen Petersburger Sommernächte begannen schon
dunkler zu werden, und wäre nicht Vollmond gewesen, so hätte man in
Rogoschins Wohnung mit den heruntergelassenen Rouleaus schwer etwas
erkennen können. Allerdings konnte man noch die Gesichter
unterscheiden, wiewohl nicht gerade deutlich. Rogoschins Gesicht war
blaß wie gewöhnlich; die Augen blickten den Fürsten fest an, mit
starkem Glanz, aber regungslos. »Willst du nicht Licht anzünden?«
fragte der Fürst.
    »Nein, das ist nicht nötig«, antwortete Rogoschin, faßte den Fürsten
bei der Hand und zog ihn auf einen Stuhl nieder; er selbst setzte sich
ihm gegenüber, indem er seinen Stuhl so heranzog, daß seine Knie fast
gegen die des Fürsten stießen. Zwischen ihnen stand, etwas seitwärts,
ein kleines rundes Tischchen. »Setz dich! Wir wollen ein Weilchen
sitzen«, sagte er zuredend. Etwa eine Minute lang schwiegen sie. »Ich
wußte, daß du dich in diesem selben Gasthaus einquartieren würdest«,
begann er, wie manchmal die Leute zu Beginn eines bedeutsamen Gesprächs
mit unwichtigen Details anfangen, die in keinem direkten Bezug zur
Sache stehen. »Als ich auf den Korridor kam, da dachte ich: ›Vielleicht
sitzt auch er jetzt da und wartet auf mich, wie ich auf ihn, in diesem
selben Augenblicke.‹ Bist du bei der Lehrerwitwe gewesen?«
    »Ja, ich war dort«, versetzte der Fürst; er konnte vor starkem Herzklopfen kaum reden.
    »Ich habe auch daran gedacht. ›Es wird noch ein Gerede geben‹,
dachte ich ... und dann dachte ich noch: ›Ich werde ihn zum Übernachten
hierher bringen, damit wir diese Nacht zusammen ...‹«
    »Rogoschin, wo ist Nastasja Filippowna?« flüsterte der Fürst und stand, an allen Gliedern zitternd, auf.
    Auch Rogoschin erhob sich.
    »Dort«, flüsterte er und wies mit einer Kopfbewegung nach dem Vorhang.
    »Schläft sie?« flüsterte der Fürst.
    Rogoschin blickte ihn wieder starr an wie vorher.
    »Wollen wir nun hingehen ...? Aber du ... Na, gehen wir hin!«
    Er hob die Portiere in die Höhe, blieb stehen und wandte sich wieder zum Fürsten:
    »Geh hinein!« sagte er, mit dem Kopf auf die Portiere deutend und ihn zum Vorangehen einladend.
    Der Fürst ging hindurch.
    »Es ist hier dunkel«, sagte er.
    »Man kann schon sehen!« murmelte Rogoschin.
    »Ich sehe kaum ... das Bett.«
    »Tritt nur näher heran!« forderte ihn Rogoschin leise auf.
    Der Fürst ging noch näher, einen Schritt, einen zweiten, und blieb
dann stehen. Er stand da und blickte eine oder zwei Minuten lang hin;
beide schwiegen während der ganzen Zeit, wo sie am Bett standen; dem
Fürsten klopfte das Herz so, daß er meinte, es müßte im Zimmer bei der
herrschenden Totenstille zu hören sein. Aber seine Augen hatten sich
schon an die Dunkelheit gewöhnt, so daß er das ganze Bett erkennen
konnte; auf ihm schlief jemand, ganz ohne sich zu rühren; man hörte
nicht das leiseste Rascheln, nicht das leiseste Atemholen. Der
Schlafende war bis über den Kopf mit einem weißen Leinentuch zugedeckt;
aber die Glieder hoben sich nur undeutlich ab; man sah nur an der
Erhöhung, daß da ein ausgestreckter Mensch lag. Ringsherum war, auf dem
Fußende des Bettes, auf den beim Bett stehenden Sesseln, sogar auf dem
Fußboden, die abgelegte Kleidung unordentlich hingeworfen: ein reiches
weißseidenes Kleid, Blumen, Bänder. Auf einem kleinen Tischchen am
Kopfende blitzten die abgenommenen, hingeworfenen Brillanten. Am
Fußende waren Spitzen zu einem Klumpen zusammengedrückt, und auf den
weißen Spitzen wurde, unter dem Leinentuch hervorschauend, eine nackte
Fußspitze sichtbar; sie sah aus wie aus Marmor gemeißelt und war von
einer erschreckenden Regungslosigkeit. Der Fürst blickte hin und
fühlte, daß, je länger er hinblickte, die Totenstille im Zimmer immer
drückender wurde. Auf einmal fing eine erwachte Fliege zu summen an,
flog über das Bett hinüber und verstummte am Kopfende. Der Fürst fuhr
zusammen.
    »Wir wollen hinausgehen!« sagte Rogoschin, indem er seine Hand berührte.
    Sie gingen hinaus und setzten sich

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