Der Idiot
Gelderwerb aus, das gebe ich zu, das sage ich ihm alle Tage gerade ins Gesicht; aber trotzdem war er zur Hälfte in seinem Recht: die Öffentlichkeit ist das gesetzliche Recht eines jeden, folglich auch Burdowskis. Seine Abgeschmacktheiten aber mag er selbst verantworten. Was aber das anbetrifft, daß ich vorhin in unser aller Namen gegen die Anwesenheit Ihrer Freunde Protest einlegte, so erachte ich es für nötig, Ihnen, meine Herrschaften, zu bemerken, daß dieser Protest lediglich bezweckte, unser Recht zu wahren, daß uns aber im Grunde die Anwesenheit von Zeugen sogar erwünscht ist, und daß wir vorhin, noch ehe wir hereinkamen, alle vier damit einverstanden waren. Mögen diese Zeugen sein, wer sie wollen, sogar Ihre Freunde; aber da sie nicht umhin können werden, Burdowskis Recht anzuerkennen (denn es ist so sicher wie ein mathematischer Lehrsatz), so ist es sogar am besten, wenn diese Zeugen Ihre Freunde sind; um so deutlicher wird die Wahrheit ans Licht treten.«
»Das ist richtig; wir sind damit einverstanden gewesen«, bestätigte Lebedjews Neffe. »Warum machten Sie denn dann vorhin gleich bei den ersten Worten ein solches Geschrei und einen solchen Lärm, wenn Ihnen das selbst erwünscht war?« fragte der Fürst erstaunt.
»Was diesen Artikel betrifft, Fürst«, griff nun der Boxer in die Debatte ein, der den dringenden Wunsch hatte, zu Worte zu kommen, und sich in einer angenehmen Erregung befand (man konnte vermuten, daß die Anwesenheit der Damen stark auf ihn wirkte), »was diesen Artikel betrifft, so bekenne ich, daß ich tatsächlich der Verfasser bin, wiewohl mein kränklicher Freund, dem ich in Anbetracht seines Schwächezustandes vieles zugute zu halten pflege, ihn soeben scharf kritisiert hat. Aber ich habe ihn verfaßt und ihn in dem Journal eines guten Freundes in Gestalt eines Beitrages drucken lassen. Nur die Verse sind nicht von mir, sondern stammen tatsächlich aus der Feder eines bekannten Humoristen. Meinem Freund Burdowski habe ich den Artikel nur vorgelesen, und zwar nicht vollständig, und habe sogleich von ihm seine Einwilligung zum Druck erhalten; indes werden Sie selbst zugeben müssen, daß ich ihn auch ohne seine Einwilligung hätte drucken lassen können. Die Öffentlichkeit ist ein allgemeines, edles, wohltätiges Recht. Ich hoffe, daß Sie selbst, Fürst, fortschrittlich genug denken, um dies nicht in Abrede zu stellen ...«
»Ich werde das nicht in Abrede stellen; aber Sie müssen selbst sagen, daß in Ihrem Artikel ...«
»Sie wollen sagen: er ist etwas scharf gehalten? Aber es handelt sich hier, wie Sie werden zugeben müssen, sozusagen um das Gemeinwohl; und kann man denn schließlich eine so ausgezeichnete Gelegenheit unbenutzt lassen? Schlimm für die Schuldigen; aber das Gemeinwohl geht über alles. Was einige Ungenauigkeiten, sozusagen Hyperbeln anlangt, so werden Sie auch dies zugeben müssen, daß das Wichtigste der leitende Gedanke ist, der Zweck und die Absicht. Wichtig ist, daß ein Einzelfall als wohltätig wirkendes Beispiel benutzt wird; um Privatinteressen können wir uns erst in zweiter Linie kümmern. Und schließlich handelt es sich hier um den Stil; es ist dies sozusagen eine Aufgabe für humoristische Darstellung. Und schließlich ... schreiben doch alle so, wie Sie selbst werden zugeben müssen! Haha!«
»Aber ich muß sagen: Sie haben da doch einen ganz wahrheitswidrigen Weg eingeschlagen, meine Herren!« rief der Fürst. »Sie haben den Artikel in der Voraussetzung drucken lassen, ich würde mich um keinen Preis bereitfinden lassen, Herrn Burdowski zufriedenzustellen, und Sie müßten mir darum einen Schreck einjagen und an mir Ihr Mütchen kühlen. Aber woher wußten Sie denn das? Ich habe mich vielleicht dafür entschieden, Herrn Burdowski zufriedenzustellen. Ich sage Ihnen jetzt geradeheraus und vor all diesen Zeugen, daß ich ihn zufriedenstellen werde ...«
»Nun, das ist endlich einmal ein verständiges, edles Wort eines verständigen, edlen Menschen!« erklärte der Boxer.
»O Gott!« rief Lisaweta Prokofjewna unwillkürlich.
»Das ist nicht mehr zu ertragen«, murmelte der General.
»Erlauben Sie, meine Herren, erlauben Sie, ich werde Ihnen die Sache auseinandersetzen«, bat der Fürst. »Vor fünf Wochen erschien bei mir in S. ein Herr Tschebarow, Ihr Bevollmächtigter und Vertreter, Herr Burdowski. Sie haben in Ihrem Artikel eine sehr schmeichelhafte Schilderung von ihm gegeben, Herr Keller«, wandte sich der Fürst, auf einmal
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