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Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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mehr anbieten, selbst wenn ich ihn außerordentlich lieb hätte; ich kann es schon aus Taktgefühl nicht, da ich ihm eben eine Schuld zurückzahle und ihm nicht etwa ein Almosen zuwende. Ich weiß nicht, meine Herren, wie Ihnen das unverständlich sein kann! Aber ich wollte das nachher alles durch meine Freundschaft und durch meine tätige Teilnahme an dem Ergehen des unglücklichen Herrn Burdowski ausgleichen, der ohne Zweifel betrogen worden ist, da er sonst unmöglich einer solchen Gemeinheit zugestimmt hätte, wie sie Herrn Kellers heutige Äußerungen über seine Mutter in diesem Artikel darstellen ... Aber warum kommen Sie denn wieder außer sich, meine Herren? Auf die Art werden wir einander schließlich überhaupt nicht mehr verstehen! Was ich gedacht hatte, hat sich ja doch als zutreffend herausgestellt! Ich habe mich jetzt mit eigenen Augen überzeugt, daß meine Vermutung richtig war«, sagte der Fürst, der ganz in Eifer gekommen war, in bittendem Ton; er wünschte, die Erregung zu besänftigen, und merkte nicht, daß er sie nur steigerte.
    »Was? Wovon haben Sie sich überzeugt?« schrien die Gegner wütend auf ihn los.
    »Aber ich bitte Sie, erstens habe ich selbst Gelegenheit gehabt, Herrn Burdowski genau kennenzulernen, und sehe jetzt selbst, wes Geistes Kind er ist ... Er ist ein unschuldiger Mensch, der von allen betrogen wird! Und er ist ein schutzloser Mensch, und darum ist es meine Pflicht, schonend mit ihm zu verfahren. Und zweitens hat Gawrila Ardalionowitsch, in dessen Hände ich diese Sache gelegt hatte, und von dem mir lange keine Nachricht zugegangen war, da er sich unterwegs befand und dann drei Tage lang in Petersburg krank lag, der hat plötzlich jetzt, erst vor einer Stunde, bei unserem ersten Wiedersehen, mir mitgeteilt, er habe Tschebarows Absichten sämtlich durchschaut und besitze die erforderlichen Beweise; Tschebarow sei genau der Mensch, für den ich ihn gehalten hätte. Ich weiß ja, meine Herren, daß mich viele für einen Idioten halten, und da ich in dem Ruf stand, leicht Geld hinzugeben, so hielt es Tschebarow für eine sehr leichte Aufgabe, mich zu betrügen, und rechnete dabei besonders auf meine dankbaren Empfindungen Pawlischtschew gegenüber. Aber die Hauptsache ist – merken Sie auf, meine Herren, merken Sie auf! –, die Hauptsache ist, daß sich jetzt herausstellt, daß Herr Burdowski gar nicht Pawlischtschews Sohn ist! Soeben hat mir Gawrila Ardalionowitsch dies mitgeteilt, und er versichert, er habe positive Beweise dafür erlangt. Nun, was meinen Sie jetzt? Das ist ja nach allem, was Sie schon angerichtet haben, gar nicht zu glauben! Und wohl zu merken: positive Beweise! Ich glaube es noch nicht, ich selbst glaube es noch nicht, versichere ich Ihnen; ich zweifle noch, da Gawrila Ardalionowitsch noch keine Zeit dazu gefunden hat, mir alle Einzelheiten mitzuteilen; aber daß Tschebarow eine Kanaille ist, daran kann jetzt kein Zweifel mehr bestehen! Er hat den unglücklichen Herrn Burdowski und Sie alle, meine Herren, die Sie Ihren Freund edelmütig unterstützen wollten (denn er bedarf augenscheinlich eines Beistandes; ich habe ja dafür Verständnis!), er hat Sie alle hinters Licht geführt und Sie alle in eine gaunerhafte Affäre verwickelt; denn die ganze Sache ist in Wirklichkeit nichts anderes als Betrug und Gaunerei!«
    »Wieso Gaunerei? ... Wieso soll er nicht Pawlischtschews Sohn sein? Wie ist das möglich ...?« riefen mehrere durcheinander.
    Burdowskis ganzes Gefolge befand sich in unsagbarer Verwirrung und Aufregung.
    »Ja, gewiß, Gaunerei! Wenn sich jetzt herausstellt, daß Herr Burdowski nicht Pawlischtschews Sohn ist, so erweist sich ja damit Herrn Burdowskis Forderung geradezu als Gaunerei, das heißt selbstverständlich, wenn er die Wahrheit wüßte; aber das ist es ja eben, daß er getäuscht worden ist, und darum bemühe ich mich so energisch, ihn zu verteidigen; darum sage ich auch, daß er wegen seiner Naivität bemitleidet zu werden verdient; sonst erscheint er in dieser Sache selbst als ein Gauner. Aber ich für meine Person bin bereits überzeugt, daß er nichts davon weiß. Ich selbst habe mich vor meiner Abreise nach der Schweiz in derselben Lage befunden, habe ebenfalls unzusammenhängende Worte gestammelt ... man will sich ausdrücken und ist nicht dazu imstande ... Ich habe dafür Verständnis; ich kann es ihm sehr nachempfinden, weil ich selbst fast ein ebensolcher Mensch war; ich darf darüber reden! Und endlich will ich dennoch,

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