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Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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ihm hätte zusammen sein sollen, daß aber ihr Taktgefühl sie von diesen Fragen zurückhielt. In kurzen Zügen befriedigte er ihre Neugier hinsichtlich der Hochzeit. Nun fingen sie an, ihr Erstaunen zu äußern und »ach!« und »oh!« zu rufen, so daß er sich genötigt sah, auch fast alles übrige zu erzählen, natürlich mit Beschränkung auf die Hauptpunkte. Endlich kam das Konsilium der weisen, aufgeregten Damen zu dem Schluß, der Fürst müsse unter allen Umständen und vor allen Dingen sich den Zutritt zu Rogoschin erzwingen und sich von ihm über alles positive Auskunft geben lassen. Wenn Rogoschin nicht zu Hause sei (was zuverlässig festgestellt werden müsse) oder nichts sagen wolle, so müsse der Fürst nach der Semjonowskaja-Straße fahren, zu einer deutschen Dame, einer Bekannten von Nastasja Filippowna, die dort mit ihrer Mutter wohne; vielleicht habe Nastasja Filippowna in ihrer Aufregung und in dem Wunsch, sich verborgen zu halten, bei denen übernachtet. Der Fürst erhob sich in sehr bedrückter Stimmung; die Damen erzählten später, er sei »furchtbar blaß« geworden; tatsächlich konnte er sich kaum auf den Beinen halten. Endlich hörte er aus einem schrecklichen Durcheinanderreden heraus, daß sie sich verabredeten, ihm behilflich zu sein, und ihn nach seiner Adresse in der Stadt fragten. Eine Adresse, unter der er zu erreichen gewesen wäre, hatte er gar nicht, und so rieten sie ihm denn, in einem Gasthaus Quartier zu nehmen. Der Fürst überlegte ein Weilchen und gab ihnen dann die Adresse seines früheren Gasthauses an, desselben, wo er vor fünf Wochen den Anfall gehabt hatte. Dann begab er sich wieder zu Rogoschin. Dieses Mal wurde nicht nur bei Rogoschin nicht geöffnet, sondern auch die Tür zur Wohnung der alten Mutter blieb geschlossen. Der Fürst begab sich zum Hausknecht und fand ihn mit Mühe auf dem Hof; der Hausknecht war irgendwie beschäftigt und antwortete kaum, sah den Fürsten sogar kaum an; aber er erklärte doch mit Bestimmtheit, Parfen Semjonowitsch sei ganz früh weggegangen; er sei nach Pawlowsk gefahren und werde heute nicht mehr nach Hause kommen.
    »Ich werde warten; vielleicht kommt er am Abend?«
    »Vielleicht bleibt er auch eine Woche weg; wer kann das wissen?«
    »Also hat er doch heute hier übernachtet?«
    »Übernachtet hat er hier schon ...«
    All dies war verdächtig und unglaubwürdig. Gut möglich, daß der Hausknecht in der Zwischenzeit neue Instruktionen erhalten hatte; vor kurzem war er geradezu redselig gewesen, und jetzt wandte er sich einfach vom Fürsten ab. Aber der Fürst beschloß, nach zwei Stunden noch einmal heranzukommen und, wenn es nötig sein sollte, sogar bei dem Haus Wache zu halten; jetzt aber blieb noch die Hoffnung auf die Deutsche, und er fuhr eiligst nach der Semjonowskaja-Straße.
    Aber bei der Deutschen fand er überhaupt kein Verständnis für seine Wünsche. Aus einigen flüchtigen Andeutungen konnte er sogar entnehmen, daß die schöne Deutsche sich vor ungefähr vierzehn Tagen mit Nastasja Filippowna überworfen hatte, so daß sie all diese Tage her von ihr nichts gehört hatte und jetzt ausdrücklich zu verstehen gab, es interessiere sie gar nicht, wieder von ihr zu hören, »und wenn sie alle Fürsten der Welt heirate«. Der Fürst beeilte sich wegzugehen. Es kam ihm unter anderm der Gedanke, sie sei vielleicht wie damals nach Moskau gefahren und Rogoschin selbstverständlich hinter ihr her, vielleicht aber auch mit ihr zusammen. »Wenn man wenigstens irgendwelche Spuren finden könnte!« dachte er. Er erinnerte sich jedoch, daß er in dem Gasthaus Quartier nehmen müsse, und eilte nach der Litejnaja-Straße; dort wies man ihm sogleich ein Zimmer an. Der Kellner fragte ihn, ob er etwas essen wolle; er antwortete in seiner Zerstreutheit: »Ja!« und war, als er dann seine Gedanken gesammelt hatte, sehr ärgerlich auf sich selbst, weil das Essen ihn unnötigerweise eine halbe Stunde aufhielt; erst nachher fiel ihm ein, daß ihn ja nichts gehindert hätte, das bestellte Essen im Stich zu lassen. Eine sonderbare Empfindung bemächtigte sich seiner in diesem halbdunklen, heißen Korridor, eine Empfindung, die qualvoll danach strebte, sich in einen Gedanken zu verwandeln; aber er konnte absolut nicht erraten, worin dieser neue, sich aufdrängende Gedanke eigentlich bestand. Als er endlich das Gasthaus verließ, war er kaum bei Sinnen; der Kopf war ihm schwindelig; aber wohin sollte er fahren? Er eilte wieder zu

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