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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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den Füßen an, als wollte sie ihn wegen dieser Bewegung zur Rechenschaft ziehen, und wandte sich sogleich zum Fürsten.
    »Ich danke Ihnen, Fürst, Sie exzentrischer Freund unseres Hauses, für den angenehmen Abend, den Sie uns allen bereitet haben. Gewiß sind Sie jetzt im Herzen froh darüber, daß es Ihnen gelungen ist, auch uns in Ihre Dummheiten zu verwickeln... Machen wir Schluß, lieber Freund unseres Hauses; ich danke Ihnen, daß Sie uns Gelegenheit gegeben haben, wenigstens Sie genau kennenzulernen!...«
    Mit allen Zeichen des Unwillens brachte sie ihre Mantille in Ordnung und wartete darauf, daß »jene da« aufbrächen. Für »jene da« fuhr in diesem Augenblick eine Droschke vor, die Doktorenko schon vor einer Viertelstunde durch Lebedews Sohn, den Gymnasiasten, hatte holen lassen. Der General fügte dem, was seine Gattin gesagt hatte, sofort auch seinerseits ein Wort hinzu.
    »In der Tat, Fürst, ich hätte nicht erwartet... nach allem... nach all den freundschaftlichen Beziehungen... und schließlich hat Lisaweta Prokofjewna...«
    »Aber wie ist es nur möglich, wie ist es nur möglich!« rief Adelaida, indem sie schnell an den Fürsten herantrat und ihm die Hand reichte.
    Der Fürst lächelte sie mit verwirrter Miene an. Plötzlich drang ein erregtes, hastiges Flüstern an sein Ohr.
    »Wenn Sie nicht augenblicklich den Verkehr mit diesen garstigen Menschen abbrechen, werde ich Sie mein Leben lang, mein ganzes Leben lang hassen«, flüsterte Aglaja. Sie war ganz außer sich vor Empörung; aber sie wandte sich ab, ehe der Fürst Zeit fand, sie anzusehen. Übrigens hatte er zu einem Abbruch des Verkehrs keine Möglichkeit mehr: der kranke Ippolit war mittlerweile, so gut es ging, in die Droschke gepackt worden, und diese fuhr gerade ab.
    »Nun, wird das noch lange dauern, Iwan Fjodorowitsch? Wie denken Sie darüber? Werde ich noch lange von diesen bösen Buben zu leiden haben?«
    »Ja, liebe Frau, ich... ich bin natürlich bereit, und... der Fürst...«
    Iwan Fjodorowitsch streckte dennoch dem Fürsten die Hand hin, lief aber, ohne daß es zu einem Händedruck gekommen wäre, hinter Lisaweta Prokofjewna her, die geräuschvoll und zornig die Stufen vor der Veranda hinunterstieg. Adelaida, ihr Bräutigam und Alexandra verabschiedeten sich freundlich und herzlich vom Fürsten. Jewgenij Pawlowitsch machte es ebenso; er war der einzige, der sich in heiterer Stimmung befand.
    »Es ist so gegangen, wie ich es mir gedacht hatte! Nur schade, daß auch Sie Armer dabei zu leiden gehabt haben!« flüsterte er mit dem liebenswürdigsten Lächeln.
    Aglaja ging weg, ohne sich zu verabschieden.
    Aber die Ereignisse dieses Abends waren damit noch nicht zu ihrem Ende gelangt; Lisaweta Prokofjewna sollte noch eine höchst unerwartete Begegnung erleben.
    Sie war noch nicht ganz die Stufen nach dem Weg, der sich um den Park herumzog, hinuntergestiegen, als eine elegante Equipage, eine mit zwei Schimmeln bespannte Kalesche, am Landhaus des Fürsten vorbeirollte. In dem Wagen saßen zwei schöngekleidete Damen. Aber als der Wagen kaum zehn Schritte vorbeigefahren war, hielt er plötzlich an; eine der Damen wendete sich schnell um, als ob sie plötzlich einen Bekannten erblickt hätte, mit dem sie notwendig sprechen müßte.
    »Jewgenij Pawlytsch! Bist du es?« rief eine wohl tönende, helle Stimme, bei deren Klang der Fürst und vielleicht sonst noch jemand zusammenfuhr. »Wie freue ich mich, daß ich dich endlich gefunden habe! Ich hatte einen expressen Boten an dich nach der Stadt geschickt und dann einen zweiten! Den ganzen Tag haben sie dich gesucht!«
    Jewgenij Pawlowitsch stand auf den Treppenstufen wie vom Donner gerührt. Lisaweta Prokofjewna war ebenfalls stehengeblieben, aber nicht in starrem Schreck wie Jewgenij Pawlowitsch; sie schaute die dreiste Dame ebenso stolz und mit derselben kalten Verachtung an wie fünf Minuten vorher die » Jammermenschen« und wandte dann ihren forschenden Blick sofort nach Jewgenij Pawlowitsch.
    »Eine Neuigkeit!« fuhr die helle Stimme fort. »Wegen der Kupferschen Wechsel kannst du unbesorgt sein; Rogoshin hat sie für dreißigtausend Rubel aufgekauft; ich habe ihn dazu überredet. Wenigstens für drei Monate kannst du beruhigt sein. Und mit Biskup und dieser ganzen Bande werden wir uns gewiß einigen, auf Grund unserer alten Bekanntschaft! Nun, du siehst also, es steht alles gut. Freue dich! Bis morgen!«
    Die Equipage setzte sich wieder in Bewegung und verschwand schnell.
    »Das

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